WM-Qualifikation:Die wichtige Botschaft ist eine andere

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Schlusspunkt zum Sieg: Lea Schüller (Mitte) erzielt im WM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei das 3:0. (Foto: Seskim/dpa)

Nach dem 3:0 gegen die Türkei qualifizieren sich die DFB-Frauen für die WM 2023. Ihnen ist die Sommerpause anzumerken - doch das rückt angesichts der Erkrankung von Torhüterin Ann-Katrin Berger in den Hintergrund.

Von Anna Dreher, Bursa/München

Diese Partie, fand Linda Dallmann, sei "wie ein Kaugummi" gewesen. Zäh also und etwas, auf dem die deutschen Fußballerinnen immer wieder herumzukauen hatten. Zumindest die erste Stunde gegen die türkische Auswahl dürfte sich so angefühlt haben, bis Felicitas Rauch den Ruhezustand beendete und etwa Dynamik reinbrachte. Nach einem Handspiel verwandelte sie einen Elfmeter, kurz darauf erhöhte Klara Bühl, bevor Lea Schüller mit dem 3:0 den Schlusspunkt setzte. Damit ist das Nationalteam vor dem abschließenden Qualifikationsspiel am Dienstag gegen Bulgarien als Gruppenerster sicher bei der Weltmeisterschaft im kommenden Sommer in Australien und Neuseeland dabei.

"Wir sind noch nicht wieder im Wettkampfrhythmus. Wir wissen, dass da noch viel Luft nach oben ist", sagte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. "Am Ende steht aber ein Sieg - das zählt." Fünf Wochen ist das Finale der Europameisterschaft gegen England nun her. Trotz verlorenem Titel hatte ihr Team etwas gewonnen, das auch vom 20. Juli bis 20. August 2023 bei der WM helfen soll: einen großen Zusammenhalt, der nach eigenem Bekunden nicht selbstverständlich ist. Die Herausforderung lag nach der Abreise von der Insel darin, diesen Geist sowie die gute Abstimmung zu wahren. Letzteres gelang am Wochenende im türkischen Bursa nicht ganz.

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Die Deutschen bestimmten die Partie zwar von Beginn an, drängten die tiefstehenden Gastgeberinnen in deren Hälfte und kamen zu diversen Chancen. Doch dann holperte es, weil die DFB-Auswahl nicht kreativ und präzise genug auftrat. "Das war ein typischer Arbeitssieg. Wir hätten einige Dinge besser machen können", sagte Klara Bühl. "Aber es war enorm schwierig, Lösungen zu finden." Das Hinspiel hatten sie noch 8:0 gewonnen.

Kapitänin Alexandra Popp lässt ihre Teilnahme an der WM offen

Dieses WM-Qualifikationsspiel war für fast alle Beteiligten die erste Pflichtpartie der neuen Saison. Dabei sei allen anzumerken gewesen, dass man noch nicht über jene Qualität verfüge, "die uns gut zu Gesicht stehen würde in solch einem Spiel", sagte Voss-Tecklenburg. Einzig die Nominierten von Eintracht Frankfurt hatten Mitte August in der Champions-League-Qualifikation bereits im Wettkampf gestanden. Zudem fehlten die Stammkräfte Marina Hegering (Fußverletzung), Giulia Gwinn (Knieprobleme) und Lena Oberdorf (Infekt); Letztgenannte wurde Dritte bei der Wahl zu Europas Fußballerin des Jahres in diesem Sommer.

Bis die Vorbereitung auf die WM so richtig losgeht, dürfte die Bundestrainerin wieder auf sie setzen können, beim Turnier erst recht. Kapitänin Alexandra Popp hingegen ließ ihre Teilnahme offen: "Stand jetzt sage ich, ich möchte die WM spielen. Es kann aber auch sein, dass sich im nächsten halben Jahr bei mir irgendwie etwas tut, bei dem mein Bauch sagt: Das war's jetzt."

Bei der EM das Finale erreicht - und bei der WM? Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg kann mit den ersten Planungen für Australien und Neuseeland beginnen. (Foto: Seskimphoto/Imago)

Nach dem Spiel gegen Bulgarien (18.30 Uhr, ARD One) steht am 7. Oktober noch eine Begegnung mit dem EM-Halbfinalgegner Frankreich in Dresden an; im November ist eine Partie in den USA gegen die Weltmeisterinnen geplant. Bis dahin steht fest, auf wen Deutschland beim nächsten Großereignis trifft. Die WM wird am 22. Oktober in Auckland ausgelost, danach will das Trainerteam die Planungen festzurren: "Final können wir das erst besprechen, wenn wir wissen, wo wir spielen", sagte Voss-Tecklenburg. "Wir werden uns sehr gute Gegner suchen, das ist klar."

Die wichtigere Botschaft an diesem Tag der vollbrachten Qualifikation war ohnehin eine andere. Vor dem Spiel hatte Popp ein blaues Trikot von Ann-Katrin Berger vor sich in die Höhe gehalten, während ihrer Ansprache vor dem Anpfiff lag es in die Mitte, umringt von den Nationalspielerinnen. Auf deren Aufwärmshirts stand: "Wir für dich, Anne!", darunter ein Herz.

Im November 2017 war bei Berger Schilddrüsenkrebs diagnostiziert worden, nach ihrer Genesung ist die 31 Jahre alte Torhüterin vom FC Chelsea nun erneut an Krebs erkrankt. Ende August hatte sie das bekanntgegeben, sie befindet sich in Behandlung. Auch die türkischen Keeperin Selda Akgöz hielt während der Hymnen ein Jersey von Berger in den Händen. "Wir glauben an Anne und denken an sie", sagte Linda Dallmann. "Und beim nächsten Lehrgang ist sie wieder dabei", mit der Weltmeisterschaft im Blick.

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