Fußball: Nationalmannschaft:Der Luxus, Löw zu sein

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Joachim Löw bleibt Bundestrainer - so wie sich das die klare Mehrheit der Deutschen wünscht. Doch die vielen Freiheiten erhöhen auch den Erwartungsdruck auf Trainer und Mannschaft.

Christof Kneer

Mal angenommen, man hätte die Möglichkeit, sich für einen Job zu entscheiden, bei dem man viel Geld verdient. Dieser Job - nur mal so weiter angenommen - würde sich durch günstige Arbeitszeiten auszeichnen, man könnte unter der Woche auch mal abtauchen und am Wochenende auf einer Tribüne in, sagen wir: Stuttgart ein Fußballspiel ansehen.

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Oliver Bierhoff und Joachim Löw sind seit sechs Jahren zusammen für die Nationalelf tätig. Nach der Klinsmann-Ära setzten sie den Aufwärtstrend im deutschen Fußball fort. Im Juli verlängerten sie ihre Verträge bis 2012, jetzt wurde die Nationalelf zur "Mannschaft des Jahres 2010" gewählt.

Ein paar Mal im Jahr, meistens mittwochabends, hätte man einen feierlichen Termin, mit Nationalhymne und allem, und dann würde es etwas später werden, man käme nicht vor Mitternacht aus dem Stadion. Und alle zwei Jahre würde es richtig anstrengend, weil man dann einen kompletten Sommer ohne freien Tag verbringen würde, im südafrikanischen Winter oder demnächst womöglich in Polen oder am Schwarzen Meer.

Mal angenommen, man hätte diese Wahl: Man würde diesen Job nehmen, oder?

Joachim Löw hat den Job genommen, er bleibt Fußball-Bundestrainer. Man kann das gut verstehen, denn wer die Chance hat, in Deutschland Joachim Löw zu sein, der sollte diese Chance auch nutzen - es sei denn, man hätte alternativ die Chance, Günther Jauch, Horst Schlämmer und Lena Meyer-Landrut in einem zu sein. Auf den ersten Blick darf man Löw zu einer Entscheidung beglückwünschen, die die eigenen Nationalspieler sowie 108 Prozent aller Deutschen (abzüglich des Staatsbürgers Torsten Frings) zurecht für richtig und wichtig halten.

Man muss aber nur ein paar Wochen in die Zukunft schauen, um Löw nicht nur zu seiner Entscheidung, sondern auch zu seinem Mut zu gratulieren. In drei Wochen steigt ein Länderspiel, das 108 Prozent aller Spieler und Trainer für komplett überflüssig halten; und danach wird Löw eine Entscheidung verantworten müssen, um die man ihn nicht beneidet. Entweder wird er seiner frisch emanzipierten Elf schonend beibringen müssen, dass sie künftig wieder auf das Kommando des im Team wenig geliebten Michael Ballack zu hören hat; oder er wird Ballack beibringen müssen, dass er - wenn überhaupt - nur noch ein ganz normaler Nationalspieler ist. Es ist eine Entscheidung, die tief ins Innere dieser Mannschaft zielt und deren Folgen schwer abzuschätzen sind.

Löw weiß, dass eine gewisse Fallhöhe in seinem neuen Vertragszyklus steckt, auch die Fanmeilen erwarten ja, dass sein Team bei der EM 2012 mindestens Erster wird. Aber Löws Erfolge haben ihm neue Macht verschafft: Mehr denn je kann er sich eine luxuriöse Struktur leisten, die ihm vieles von dem, was er nicht so mag und nicht so kann, abnimmt. Er hat den Manager Bierhoff durchgesetzt und er besitzt weitere Vertraute, die für ihn zum Beispiel die harten Verhandlungen mit dem Verband führen.

Das ist die Konstruktion, die diese Vertragsverlängerung zu einer wirklich guten Nachricht macht: Löw kann es sich inzwischen leisten, Löw zu sein. Er kann sich auf das konzentrieren, was er herausragend beherrscht. Er darf zurückhaltend moderieren, seine verheißungsvolle Elf weiterentwickeln und mit der von ihm so geliebten Akribie an der größten Schwäche dieser Elf feilen. Diese Schwäche heißt Spanien - und könnte der Maßstab werden für die nächsten zwei Löw-Jahre.

© SZ vom 21.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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