Fußball-Bundesliga:Herthas wunderschöne Rückkehr

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Neuer Name in der Bundesliga: Herthas John Anthony Brooks trifft gegen Frankfurt. (Foto: AFP)

Das Ergebnis ist kein Scherz: Der Aufsteiger überrennt Eintracht Frankfurt mit 6:1 und ist erster Tabellenführer. Auch Bayer Leverkusen startet stark, Hoffenheim beklagt "ein geklautes Tor" gegen Nürnberg. Hannover schlägt dezimierte Wolfsburger.

Alle Spiele, alle Tore

Manch Hertha-Fan wird von einer erfolgreichen Rückkehr in die Bundesliga geträumt haben. Vielleicht ein Unentschieden, vielleicht ein knapper Sieg. Schließlich kam zum Auftakt mit Eintracht Frankfurt das Überraschungsteam der vergangenen Spielzeit in die Hauptstadt. Und dann das: Sechs Tore! Die Frankfurter aus dem Olympiastadion geschossen. 6:1!

Die Treffer für die munter nach vorne spielende Mannschaft von Trainer Jos Luhukay erzielten Adrian Ramos (17./71.), John Anthony Brooks (32.), Sami Allagui (57./60.) und Ronny (89.). Für die viel zu ängstlich agierenden Frankfurter traf lediglich Alexander Meier (35.) per Foulelfmeter.

"Ein wunderschöner Tag für Berlin und ein Traumstart für uns - ein Sieg, sechs Tore und eine fantastische Atmosphäre", schwärmte Herthas sonst so bedachter Trainer Jos Luhukay in höchsten Tönen. Am 22. März 2009 hatte Hertha letztmals die Erstliga-Tabelle angeführt. "6:1 ist eine krasse Ansage an die Konkurrenz", meinte Änis Ben-Hatira.

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Die Berliner spielten bei der Rückkehr in die Erste Liga so, als wollten sie die vergangenen Monate auf einen Schlag vergessen machen. "So lebt Fußball. Wenn man schon in der ersten Halbzeit dreimal Aluminium trifft und dann sechs Tore erzielt, hat man vieles richtig gemacht, aber nicht alles", bemerkte Luhukay.

Nie hatte ein Aufsteiger am ersten Spieltag höher gewonnen. Den Rekord hielt bisher Hansa Rostock mit einem 4:0 gegen den 1. FC Nürnberg 1991/92. Für Hertha war es zudem der höchste Bundesliga-Heimsieg seit einem 6:0 gegen Borussia Mönchengladbach in der Saison 2004/05. "Davon hätten wir nicht einmal geträumt, das ist ein Sieg für ganz Berlin", sagte Allagui.

Frankfurts Trainer Armin Veh tat sich mit der Analyse schwer: "Es sind so viele Dinge passiert, die sonst nicht passieren. Wir haben in den ersten 15 Minuten dominiert, danach war Hertha aber voll da. Sie haben präzise gespielt, waren dynamisch und effektiv. Wir haben nie richtig den Zugriff gehabt."

Siege für Hannover und Leverkusen

Dank seines überragenden Offensiv-Trios hat Champions-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen einen Start nach Maß erwischt. Beim 3:1 (1:1) des letztjährigen Dritten gegen Europa-League-Teilnehmer SC Freiburg erzielten Torschützenkönig Stefan Kießling (22.) sowie die Flügelstürmer Heung-Min Son (46.) und Sidney Sam (52.) die Tore; Sam und Kießling glänzten zudem mit je einer Vorlage. "Alles in allem bin ich froh, dass wir das erste Spiel gewonnen haben, das gibt uns Selbstvertrauen", analysierte Leverkusens Trainer Sami Hyypiä den ersten Saisonauftritt.

Für die Freiburger, denen der Abgang von fünf Leistungsträgern in der Sommerpause deutlich anzumerken war, traf lediglich Zugang Mike Hanke (34.). Jonathan Schmid scheiterte mit einem Foulelfmeter an Bayer-Keeper Bernd Leno (67.). Freiburgs Coach Christian Streich wusste: "In einem solchen Spiel, zu einem solchen Zeitpunkt, sind wir chancenlos. Leverkusen war uns individuell total überlegen. Dass wir individuell immer wieder ausgespielt werden können, wissen wir. Dann muss taktisch hundertprozenig alles passen. Das ist im Moment unser Problem. Ich hätte eben gerne noch drei oder vier Monate Zeit gehabt."

Hannover 96 hat auch dank Leon Andreasen einen guten Auftakt erwischt. Die Mannschaft von Trainer Mirko Slomka gewann gegen am Ende nur noch neun Spieler des VfL Wolfsburg in einem rassigen Niedersachsen-Derby mit 2:0 (1:0) und unterstrich damit ihre Europacup-Ambitionen. Das wichtige 1:0 erzielte Andreasen (17.), der nach mehreren langwierigen Verletzungen wieder topfit ist. Sein Trainer Mirko Slomka war entsprechend entzückt: "Es freut mich wahnsinnig für Leon Andreasen, dass er nach seiner langen Verletzungspause das wichtige 1:0 für uns erzielt hat."

Wolfsburg spielte lange Zeit in doppelter Unterzahl. Youngster Maximilian Arnold sah wegen groben Foulspiels gegen Karim Haggui (32.) die Rote Karte, Zugang Timm Klose erhielt wegen wiederholten Foulspiels Gelb-Rot (52.). Als der VfL dennoch angriff, lief er noch in einen Konter, den Szabolcs Huszti (84.) abschloss. "Unterm Strich ist es ein verdienter Sieg für 96, sie haben unsere Fehler mit Cleverness ausgenutzt", sagte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking.

Nach dem Spiel gaben die Hannoveraner die Verpflichtung des Brasilianers Marcelo bekannt. Der 26 Jahre alte Innenverteidiger kommt vom niederländischen Vize-Meister PSV Eindhoven und unterschrieb einen Vertrag bis zum 30. Juni 2017. Der frühere brasilianische U20-Nationalspieler absolvierte in den vergangenen drei Spielzeiten wettbewerbsübergreifend 139 Partien (8 Tore) und wurde mit PSV in der Saison 2011/2012 niederländischer Pokalsieger.

Der 1. FC Nürnberg hat dank toller Moral und eines "geklauten" Gegentors erfolgreiche Wiedergutmachung für das blamable Pokal-Aus beim Zweitligisten SV Sandhausen betrieben. Die Franken holten trotz eines 0:2-Rückstands ein 2:2 (0:1) bei 1899 Hoffenheim. Mike Frantz (54.) und Neuzugang Daniel Ginczek (57.) trafen für den Club. David Abraham (35.) und Zugang Anthony Modeste (51.) trafen für die Hoffenheimer, die eigentlich ein Tor mehr erzielt hatten.

Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (Herne) erkannte allerdings einen regulären Treffer von Kevin Volland nicht an (45.+1). Der Offensivspieler überlupfte Club-Torhüter Raphael Schäfer, der Ball landete klar hinter der Linie, sprang aber durch den Effet wieder aus dem Tor. Der fatale Fehler befeuerten die Diskussionen um den Chip im Ball. "Wenn der kommt, würde das zur Fairness beitragen", sagte TSG-Trainer Markus Gisdol.

Selbst die Nürnberger, die von der Fehlentscheidung kurz vor der Halbzeit entscheidend profitierten, sprachen sich klar für eine schnelle Einführung der Technik aus. "Wenn man technische Hilfsmittel eingeführt hätte, hätte man dem Schiedsrichter helfen können. Es geht ja nicht darum, ihn als Deppen oder schlechten Menschen dastehen zu lassen. Er hat nach seinem besten Wissen und Gewissen entschieden", sagte Nürnbergs Torwart Raphael Schäfer.

Kinhöfer tat der Fauxpas leid. "Es ist sehr ärgerlich, dass mir das passiert ist. Aber solange die Technik nicht eingeführt wird und Menschen urteilen, passieren Fehler", entschuldigte sich der Referee. "Mein erster Gedanke im Spiel war, dass der Ball nicht hinter der Torlinie war", schilderte er die Szene.

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