Fußball - Berlin:Stimmungsboykott gegen Leipzig: Unions Kampf gegen Stille

Berlin (dpa) - Eigentlich sollte beim 1. FC Union Berlin vor dem ersten Bundesliga-Spiel der Vereinsgeschichte nichts anderes als grenzenlose Euphorie herrschen. Die Generalprobe im DFB-Pokal wurde 6:0 gegen Fußball-Viertligist Halberstadt gewonnen, das Stadion ist am Sonntag gegen RB Leipzig restlos ausverkauft. Doch der angekündigte Stimmungsboykott der eigenen Fans legt einen Schatten über den historischen Tag.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa) - Eigentlich sollte beim 1. FC Union Berlin vor dem ersten Bundesliga-Spiel der Vereinsgeschichte nichts anderes als grenzenlose Euphorie herrschen. Die Generalprobe im DFB-Pokal wurde 6:0 gegen Fußball-Viertligist Halberstadt gewonnen, das Stadion ist am Sonntag gegen RB Leipzig restlos ausverkauft. Doch der angekündigte Stimmungsboykott der eigenen Fans legt einen Schatten über den historischen Tag.

Selbst die Trainingswoche wird von der Aktion beeinflusst. "Ich glaube schon, dass man das ansprechen muss", sagte Trainer Urs Fischer: "Das ist ein komisches Gefühl. Normalerweise ist das Stadion ein Tollhaus. Aber die Fans sind entschlossen. Gut, dass es nur 15 Minuten sind."

In der Anfangsviertelstunde des Spiels gegen den Champions-League-Teilnehmer wollen die organisierten Fans schweigen. Die Ultragruppierung Wuhlesyndikat hatte bekanntgegeben, man wolle mit der Aktion zeigen, dass man mit der Idee vom Fußball in Leipzig nicht einverstanden sei. Die Mannschaft ist von den Fans informiert worden, dass sich der Protest ausdrücklich nicht gegen sie richte.

Dennoch sind die Spieler alles andere als begeistert. Denn letztlich beeinflusst fehlende Unterstützung in erster Linie die Heim-Mannschaft negativ. "Das ist ein Fan-Ding, aber natürlich sind wir eigentlich dafür, dass die Fans uns anfeuern", sagt Christopher Lenz.

Und der Verteidiger hat auch gleich eine plausible Begründung parat. "Man hat gerade in der letzten Saison in Spielen gegen Hamburg oder Magdeburg gesehen, wenn wir die Fans im Rücken haben, ist es für uns gefühlt einen Tick leichter", betonte Lenz. Union holte aus beiden Spielen Siege, die maßgeblich zum Erreichen des Relegationsplatzes in der 2. Liga und dem späteren Aufstieg beitrugen.

Torhüter Rafal Gikiewicz wandte sich per "Instagramm" zu den Anhängern. "Euer geplanter Boykott in den ersten 15 Minuten ist nicht gut für uns Spieler. Ihr könnt gerne eine Choreo oder sonst etwas machen. Wir Spieler, zusammen mit Euch Fans, müssen unseren Gegnern zeigen, dass das UNSER Platz ist, UNSER Haus! Sie müssen spüren "Wellcome to Hell"", schrieb der 31-Jährige.

Dass die Fans noch einmal einlenken? Unwahrscheinlich! Die Antworten, die Gikiewicz über das soziale Netzwerk erhielt, besaßen eine eindeutige Tendenz. Dass der Mannschaftsrat noch einmal versucht, gegenzusteuern? Ebenfalls Fehlanzeige. "Letztlich müssen wir das respektieren und konzentrieren uns auf die sportlichen Dinge", sagt Kapitän Christopher Trimmel.

Dabei ist der Protest der Union-Anhänger weder besonders kreativ noch besonders neu. Schon in den vorherigen beiden Spielen gegen Leipzig in den Spielzeiten 2014/15 und 2015/16 gab es Aktionen der Anhänger. So hatten sich 2014 etwa 20 000 Fans schwarze Plastiksäcke übergezogen. Negativen Einfluss aufs Ergebnis hatte das nicht, Union gewann 2:1.

In Leipzig nimmt man derartige Proteste gelassen hin und kommentiert sie nicht. RB ist Kummer und vor allem geschmacklosere Aktionen gewohnt. Erst in der Rückrunde der vergangenen Saison war Ex-Trainer Ralf Rangnick beim Spiel in Mönchengladbach durch Spruchbanner massiv beleidigt und verunglimpft worden.

Die Union-Profis werden das eiserne Schweigen also wohl oder übel über sich ergehen lassen müssen. Und sie denken lieber an die positiven Seiten, wie Lenz verriet: "Ich glaube, nach 15 Minuten werden sich alle erst mal die Ohren zuhalten müssen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: