Fußball - Berlin:Union während Corona-Krise: Von Formsuche und Verantwortung

Berlin
Trainer Urs Fischer steht auf dem Rasen und gibt Anweisungen. Foto: Soeren Stache/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Im Leben von Urs Fischer ist in diesen Tagen wenig normal. "Die Herausforderung ist, dass wir eine solche Situation nicht kennen", sagt der Trainer des 1. FC Union Berlin. "Auch der Tag X ist nicht definiert, das macht es für uns schwieriger." Die Coronavirus-Pandemie sorgt für ungeahnte Probleme - auch für die Fußballer. Wann kann es in der Bundesliga weitergehen? Wie wird das Training in den nächsten Wochen aussehen können und wie sich vielleicht die gesamte Gesellschaft verändern? "Niemand weiß das. Aus meiner Sicht gilt es, das Beste aus der Situation zu machen."

Und so macht der 54 Jahre alte Schweizer wieder das, was er am liebsten macht. Er steht am Stadion An der Alten Försterei auf dem Trainingsplatz - auch wenn dort alles anders ist. Schon ab 8.00 Uhr morgens wird dort seit diesem Montag in Kleingruppen trainiert, nicht zu viele Spieler sollen sich gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten, die Abstandsregeln eingehalten werden. Deswegen ist den ganzen Tag über Betrieb in Köpenick. Für Fischer besteht gerade "eine gewisse Ungewissheit". Und das gilt längst nicht nur auf dem Platz.

Das Haus verlässt er gerade nur für Spaziergänge mit seiner Frau oder zum Einkaufen, das werde sich auch am Osterwochenende nicht ändern. "Man muss sich jetzt an die Vorgaben halten und diese umsetzen. Man sollte versuchen, zu Hause zu bleiben", sagte Fischer, der das auch von seinen Spielern fordert und alle zur Vernunft aufruft.

In der Existenz sieht Präsident Dirk Zingler Union nicht bedroht. "Wir haben uns in den letzten Jahren eine Stabilität erarbeitet", sagte er in einem am Freitag veröffentlichten Interview auf der Internetseite des Vereins: "Wir haben alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet, alle im Verein verhalten sich unheimlich solidarisch."

Zugleich warnte der 55-Jährige vor einer verfrühten Wiederaufnahme des Spielbetriebs. "Wenn wir uns abkoppeln von der gesellschaftlichen Wahrnehmung, tun wir uns keinen Gefallen", sagte Zingler: "Wir sollten einen Termin finden, der eine gesellschaftliche Akzeptanz hat. Die Kinder sollten erst zur Schule. Und vielleicht sollte auch die kleine Kneipe mit 20 Plätzen erst wieder auf, bevor wir Fußball spielen."

Auch Fischer drängt nicht auf eine schnelle Fortsetzung der Saison, die bis mindestens 30. April unterbrochen bleibt. "Man muss mal ein bisschen aufhören, jede Entscheidung zu hinterfragen", sagte er. Auch mit dem Gedanken an Geisterspiele hat sich der Coach beschäftigt. Womöglich könnte es im Mai ohne Zuschauer weitergehen. "Das würde natürlich fehlen", sagte der Aufstiegsmacher. Schließlich sei die besondere Atmosphäre auch ein Grund, warum die Eisernen als Elfter der Tabelle schon acht Zähler Vorsprung auf die Abstiegsränge haben.

Auch direkt hat die Corona-Krise den Club mittlerweile getroffen. Mittelfeldspieler Yunus Malli befindet sich in häuslicher Quarantäne, nachdem ein Familienmitglied der Wolfsburg-Leihgabe positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Der 28 Jahre alte Malli stehe dem Team derzeit nicht zur Verfügung und soll "voraussichtlich im Laufe der kommenden Woche zur Mannschaft stoßen", hieß es vom Verein.

Fischer beschäftigt sich derweil auch damit, was nach Corona sein wird. "Es könnte sich schon das eine oder andere verändern. Ich glaube schon, dass der Mensch aus dieser Situation lernen wird", sagte er: "Wo das hinführt und was das für Auswirkungen hat - das ist unheimlich schwierig. Ich versuche das positiv zu sehen, ich glaube da an das Positive im Menschen."

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