Französischer Nationalspieler:Diarra spielt für seine getötete Cousine

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Lassana Diarra (li.): Will dem Terror nicht nachgeben und seiner Cousine gedenken (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Lassana Diarra stand in Frankfreichs Startelf, als seine Cousine erschossen wurde.
  • Er reist trotzdem zum Länderspiel nach London und will weiterspielen, gegen den Terror.
  • Er sagt: "Lasst uns zusammen die Liebe, den Respekt und den Frieden verteidigen."

Von Claudio Catuogno

Lassana Diarra hätte allen Grund gehabt, am Montag nicht in das Flugzeug nach London zu steigen. Und das, obwohl der französische Fußballer Diarra, 30, in den vergangenen fünf Jahren von solchen Reisen geträumt hatte: mit der Nationalmannschaft zu einem Länderspiel, nach London, ins Wembley-Stadion. Es ist schon eine Weile her, dass Diarra auf solchen Bühnen zu Hause war. Früher spielte er für die besten Adressen des europäischen Fußballs: Chelsea, Arsenal, Real Madrid. Lange her. 2013 wechselte Diarra von Anschi Machatschkala, einem Klub in der russischen Republik Dagestan, zu Lokomotive Moskau - und zerstritt sich dort mit seinem Trainer. So gehen Fußballerkarrieren zu Ende.

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Aber Lassana Diarra hat sich zurückgekämpft, er ist seit diesem Sommer bei Olympique Marseille unter Vertrag, und seit ein paar Wochen ist er auch wieder Nationalspieler. Kaum jemand in Frankreich hatte mit so einem Comeback gerechnet, nach fünf Jahren Abwesenheit. Es ist jetzt aber auch nicht mehr so wichtig.

Am Freitagabend starb Asta Diakité im Kugelhagel an der Rue Bichat. Eine junge Französin, engagiert in einer muslimischen Gemeinde. Es muss gegen 21:25 Uhr gewesen sein, Asta Diakité saß offenbar gar nicht in einem der angegriffenen Cafés, sondern war mit dem Auto zufällig in der Straße unterwegs, um etwas zu Essen zu kaufen. Sie soll sich noch schützend über ihren Neffen geworfen haben, der sie begleitete, und wurde dabei wohl tödlich getroffen. So berichten es jedenfalls Augenzeugen und Freunde. Asta Diakité war die Cousine von Lassana Diarra.

Seine Erklärung rührte viele Franzosen zu Tränen

Die Erklärung, die der Fußballer am Tag danach herausgab, hat viele Franzosen zu Tränen gerührt. Seine Cousine sei ihm stets "ein Vorbild, eine Unterstützerin, eine große Schwester", gewesen, schrieb er. "In diesem Klima des Terrors ist es für uns alle, die wir unser Land und seine Vielfältigkeit repräsentieren, wichtig, das Wort zu ergreifen und vereint zu bleiben gegen einen Horror, der weder Farbe noch Religion hat. Lasst uns zusammen die Liebe, den Respekt und den Frieden verteidigen."

Wie verteidigt man Liebe, Respekt und Frieden? Diarra, geboren 1985 in Paris, die Eltern aus Mali, tut das, indem er weiterspielt. An diesem Dienstag schon, im Freundschaftsspiel gegen England, das der französische Verband FFF schon deshalb nicht abgesagt hat, um nicht den Eindruck zu vermitteln, man kapituliere vor den Angriffen. Einige Nationalspieler haben durchblicken lassen, dass es ihnen schwerfällt, jetzt zum Fußballspielen nach London zu fliegen. Am schwersten fällt es wohl Lassana Diarra. Man habe Diarra "vorgeschlagen, nicht mit uns nach London zu kommen", sagt Noël Le Graët, der Verbandspräsident. Aber Diarra ist bei der Mannschaft geblieben.

Defensives Stellungsspiel, Balleroberung, Spielaufbau, das sind die Stärken des Spielers Lassana Diarra. In diesen Tagen des Terrors aber hat er viel mehr als nur den Ball berührt.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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