Nico Hülkenberg:Der Formel-1-Realo jubiliert

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Nico Hulkenberg wird am Sonntag sein 200. Rennen fahren. (Foto: Andy Hone/Motorsport Images/Imago)

Am Sonntag wird Nico Hülkenberg sein 200. Formel-1-Rennen fahren. Dabei stand er noch nie auf dem Podest, eine Bestmarke an erfolglosen Versuchen. Deprimiert ist er deswegen nicht - er wird es nochmal ein Jahr lang versuchen.

Von Elmar Brümmer

Am Sonntag wird Nico Hülkenberg Alain Prost überholen. Nicht physisch auf der Rennstrecke, aber mit seinem Start beim Großen Preis von Mexiko wird der derzeit einzige deutsche Formel-1-Fahrer dennoch an dem berühmten Franzosen vorbeiziehen. Prost kommt in der ewigen Wertung des Grand-Prix-Sports auf 199 Einsätze, Hülkenberg steht am Sonntag in seinem Haas zum 200. Mal in der Rennaufstellung. Kleiner Vorteil Prost: Er war in dieser Zeit viermal Weltmeister, Hülkenberg hält die traurige Bestmarke des Fahrers mit den meisten Rennen, der noch nie auf ein Podest gekommen ist. Trotzdem finden sich auf seinem eigens umlackierten Helm viele Bilder von glücklichen Momenten seit 2010, als er einer von sechs deutschen Piloten am Start war.

Der Mann aus Emmerich mit den Wohnsitzen Monte Carlo und Mallorca will die Party zum Jubiläum aber ausfallen lassen: "Es ist keine Zeit, um zu feiern. Es ist Zeit, um zu arbeiten. Denn die anderen werden uns nichts schenken." Sein Haas-Rennstall kämpft dagegen an, auf den zehnten und letzten Platz der Konstrukteurswertung zurückzufallen, nur zwei Punkte ist Alpha Tauri entfernt. Hülkenberg hat es seit dem Sprintrennen in Österreich am ersten Juliwochenende auf nichts Zählbares mehr gebracht. Bislang hat er neun WM-Pünktchen, das sind drei weniger als sein Vorgänger Mick Schumacher.

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Beim amerikanischen Rennstall geht es seit Jahren nicht mehr richtig vorwärts, außer mit der - Netflix geschuldeten - Popularität von Teamchef Günther Steiner. Hülkenberg liegt in Sachen Macho-Sprüchen auf einer Wellenlänge, und er gibt den Ingenieuren auch mehr Sicherheit. Für sich persönlich darf der 36-Jährige sein Comeback durchaus als gelungen werten. Aber das jüngste technische Upgrade des Autos, dessen Teile überwiegend nicht selbst konstruiert, sondern zugekauft werden, ist in Austin gefloppt und hat in der dünnen Höhenluft von Mexiko nun die nächste Bewährungsprobe vor sich.

In der Qualifikation ist gerade Hülkenberg mit dem labilen Rennwagen äußerst stark, im Rennen geht es dann regelmäßig rückwärts, meistens kommt irgendwas zwischen den Plätzen 13 und 18 an Ergebnissen heraus. Selbst die Disqualifikationen nach dem Großen Preis der USA brachten ihm kein Glück, am Ende war er Elfter. Trotzdem wollte er "positive Anzeichen" erkannt haben: "Wir müssen das Paket noch besser erforschen und daraus lernen. Und ich hoffe, es wird noch mehr kommen." Das große Problem des Autos ist der materialmordende Umgang mit den Reifen. Wer das nicht hinbekommt, der wird gegen Ende leichtes Opfer für die Konkurrenz. Einzige Chance laut Hülkenberg, der in jungen Jahren sogar als Nachfolger von Michael Schumacher gehandelt wurde: "Maximieren."

Nico Hülkenberg wird mit einem speziellen Helm fahren. (Foto: Andy Hone/Motorsport Images/Imago)

Die eigene Bilanz fällt, zumindest auf der Gefühlsebene, besser aus: "Ich tue etwas, wofür ich die Leidenschaft besitze. Nach meinem Comeback genieße ich es mehr als je zuvor." Sogar über seinen Negativrekord kann er mittlerweile mit einem Lächeln sprechen: "Ja, ich hatte ein paar Gelegenheiten, bei denen ein Podium möglich gewesen wäre, obwohl ich nicht in einem Top-Auto saß. Aber dann ist immer irgendetwas passiert. Und wenn man nicht in einem Top-Auto sitzt, bieten sich solche Gelegenheiten nicht so oft. Ich schätze also, ich habe es einfach verpasst. So ist das nun mal." Wahrscheinlich ist er auch der größte Realo in der Königsklasse.

Der drittälteste Pilot in der Startaufstellung zieht noch mehr Energie daraus, dass er auf dem Fahrermarkt weiterhin gefragt ist. Haas hat bereits seinen laufenden Ein-Jahres-Kontrakt vorzeitig um eine weitere Saison verlängert. Dazu gab es noch andere Anfragen, zum Beispiel von Audi. Der Ingolstädter Konzern will das Sauber-Team übernehmen und 2026 unter eigenem Logo an den Start gehen. Warum nicht mit einem erfahrenen Piloten Hülkenberg? Offenbar gab es ein konkretes Angebot des künftigen Audi-Teamchefs Andreas Seidl und auch Gespräche, aber nach der Unterschrift Hülkenbergs bei Haas hat sich das erst einmal zerschlagen. Was die weitere Perspektive angehe, stehe alles in den Sternen.

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Noch scheint auch nicht endgültig klar zu sein, wohin das Ingolstädter Projekt steuert. Nach dem Vorstandswechsel von Formel-1-Fan Markus Duesmann hin zum Porsche-Mann Gernot Döllner dringt nicht viel Rennenthusiasmus aus dem Konzern nach außen. Audi soll einen radikalen Sparkurs im Sinn haben, weshalb auch das ehrgeizige und milliardenschwere Engagement in der Königsklasse auf dem Prüfstand steht. Obwohl bereits eine Motorenfabrik in Neuburg an der Donau aus dem Boden gestampft wurde, weiter neues Personal angeworben wird und schon die erste Rate zur Übernahme von Sauber bezahlt wurde, die zweite Tranche soll im Dezember folgen. Fakten sind daher schon geschaffen, aber gegen die sich verdichtenden Gerüchte im Fahrerlager hilft nur ein klares Bekenntnis.

Nach Worten von Jubilar Hülkenberg müsste sich Audi wohlfühlen in der Formel 1, denn der schätzt seinen Arbeitsplatz so ein: "Es ist eine großartige Branche, ein wirklich cooles Umfeld, es macht Spaß, dabei zu sein. Ich amüsiere mich wirklich gut, genieße viel und bin froh weiterzumachen."

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