Formel 1: Hamilton vs. Vettel:Lewis gegen die Übermacht

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Lewis Hamilton ist als einziger ernsthafter Konkurrent von Sebastian Vettel in dieser Formel-1-Saison übrig geblieben. Der Brite kämpft nicht nur darum, zum zweiten Mal Weltmeister zu werden - sondern auch bereits um seine Zukunft.

René Hofmann

Es kommt nicht oft vor, dass Formel-1-Fahrer ein Rennen schon vor dem Start verloren geben. An diesem Wochenende war das so.

Duell an der Flasche: Lewis Hamilton (links) und Sebastian Vettel. (Foto: AP)

Als McLaren-Pilot Lewis Hamilton am Samstag nach der Qualifikation gefragt wurde, ob er den beiden Red-Bull-Fahrern Sebastian Vettel und Mark Webber wohl gefährlich werden könne, die sich mit einem deutlichen Vorsprung die besten zwei Startplätze gesichert hatten, antwortete der Brite: "Na klar. Es gibt hier doch noch die Reste einer alten Strecke. Mit der lassen sich die letzten zwei Kurven abkürzen. Wenn ich das mache, habe ich vielleicht eine Chance." Die technische Überlegenheit der blauen Autos - sie treibt die Gegner in die Ironie.

Auf dem Circuit de Catalunya gibt es eine Stelle, an der besonders gut zu erkennen war, welchen Vorteil es hat, im Moment einen Red Bull zu fahren: in der weit gezogenen Rechtskurve, die auf die Start- und Zielgerade führt.

Seit diesem Winter haben die Fahrer einen Knopf mehr am Lenkrad. Mit ihm lässt sich der Heckflügel flacher stellen. Das verringert den Luftwiderstand und erhöht die Geschwindigkeit. Im Rennen darf der Mechanismus nur an einer Stelle aktiviert werden; wenn es ans Überholen geht. Im Training und in der Qualifikation dürfen die Fahrer überall damit spielen. In den Kurven aber kann das gefährlich werden. In schnellen Biegungen bringt der flach gestellte Flügel die Autos aus der Balance.

Alle. Nur eines nicht: den Red Bull. Die Konkurrenten trauten ihren Augen kaum, wenn sie Vettel oder Webber nahe kamen und in deren Heck auf dem Weg vor die großen Tribünen plötzlich die große Klappe aufschwang. "Keine Chance, wir können das nicht", berichtete Hamilton.

Dass es im Rennen zwischen ihm und Sebastian Vettel dann doch unerwartet eng wurde, hat zwei Gründe. Der eine war tief im Innern von Vettels Auto verschraubt: sein Bremsenergie-Rückgewinnungs-System Kers. Mal funktionierte es, dann wieder nicht. Der Generator, die Batterien und der Elektromotor, mit denen sich beim Bremsen Energie speichern lässt, die dann per Knopfdruck als Zusatz-Schub wieder abgerufen werden kann, verändern nicht nur die Beschleunigungswerte. Ob Kers funktioniert oder nicht, hat auch Einfluss auf das Bremsverhalten.

Im letzten Drittel des Rennens war Vettel deshalb viel damit beschäftigt, an allen möglichen Knöpfen an seinem Lenkrad herumzuspielen, um die Kers-Misere auszugleichen. Für seinen vierten Sieg 2011 musste er aber nicht nur deshalb mehr tun als für die Erfolge in Melbourne, in Sepang und in Istanbul. Der zweite Grund dafür saß im McLaren: Lewis Hamilton.

Der 26-Jährige fuhr ein makelloses Rennen und zeigte die Klasse, mit der er vor drei Jahren zum Titel gekommen war und die er in diesem Jahr schon in Shanghai einmal vorgeführt hatte. Er setzte Vettel am Ende 20 Runden lang massiv unter Druck.

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Das Duell der beiden war eine doppelte Demonstration außergewöhnlicher Fahrkunst, eine Sternstunde der Formel-1-Unterhaltung - und womöglich eine Szene mit Symbolgehalt. Vettel oder Hamilton? Darauf könnte sich die Frage zuspitzen, wer 2011 letztlich triumphiert.

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Fünf Rennen sind gefahren, allmählich nimmt das Klassement Konturen an. Neben Vettels großem Vorsprung (118 Punkte gegenüber Hamiltons 77) fällt dabei vor allem eines auf: In den drei besten Teams gibt es jeweils eine klare Nummer eins. Bei Ferrari ist das Fernando Alonso (51 Punkte), Felipe Massa (24) blieb bisher blass. Bei Red Bull verpasste Mark Webber (67) in Barcelona mit einem schlechten Start die Chance, die ihm die Pole Position geboten hatte: Vettel näher zu kommen.

Bei McLaren geht es am engsten zu. Aber bei vier Gelegenheiten blieb Hamilton eben doch vor Jenson Button (61 Punkte), der in Spanien Dritter wurde. Ungewöhnlich früh in der Saison zeichnet sich so ungewöhnlich deutlich ab, wer welches der Top-Teams anführt.

Hamilton ist dabei sicher einer der profiliertesten. Nachdem er in den vergangenen zwei Jahren nur eine Nebenrolle im Titelrennen spielte, hat er sich vorgenommen, das zu ändern. Mit aller Kraft, so wirkt es, will er sich der technischen Überlegenheit von Red Bull entgegenstemmen.

Dabei geht es nicht nur um die Gegenwart, sondern auch schon um die Zukunft. Nachdem Fernando Alonso bis 2016 bei Ferrari verlängert hat und Sebastian Vettel noch bis 2014 an Red Bull gebunden ist, sind Hamilton einige Wege verbaut. Selbst wenn er McLaren verlassen wollte, in den anderen führenden Teams wird im Moment keine Führungsfigur gesucht.

© SZ vom 24.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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