Das eine baut auf eine Notiz in den Papieren zu einer Uefa-Vorstandssitzung im Herbst 1998. Darin wird, nur gerüchteweise, eine geplante Beratertätigkeit Platinis für die Fifa angerissen, und dass über ein Jahressalär von einer Million Franken gesprochen worden sei. Unklar ist, ob über das Thema dann tatsächlich auch im Uefa-Vorstand geredet wurde - der überdies nicht zuständig gewesen wäre.
Sollte das über Pariser Medien lancierte Last-Minute-Dokument echt sein, dürfte es Platini wenig helfen. Nach SZ-Informationen würde ein Gerücht über Gehaltswünsche nicht die Einschätzung des Ethikergremiums in der Frage verändern, ob ein mündlich gefertigter Millionenvertrag vorliegt.
Die zweite Verteidigungslinie betrifft zeitliche Umstände der Überweisung. Laut Schweizer Handelszeitung hat Platini im Herbst 2010 zweimal mit Fifa-Finanzdirektor Markus Kattner über die ausstehende Zahlung gesprochen; Kattner soll eine Rückstellung für 2010 gebildet haben. Die Fifa äußert sich dazu nicht, nach SZ-Informationen sind die Angaben zutreffend. Nur gilt auch hier als unwahrscheinlich, dass es Platini weiterhilft.
Der Franzose will den Eindruck erwecken, die Millionenzahlung habe nichts mit dem Fifa-Wahlkampf zu tun. Doch schrieb er seine Rechnung erst Anfang 2011 - in der heißen Wahlkampfzeit. Ungeklärt ist auch, warum Platini so viele Jahre verstreichen ließ in Sachen einer Millionenrückforderung gegenüber der milliardenschweren Fifa.
Im Ethikverfahren gelten andere Regeln
Beide Verteidigungslinien werfen zudem die Frage auf, warum sie nicht schon vor Monaten aktiviert wurden. Denn im Ethikverfahren gelten andere Regeln als im Strafrecht. Gemäß Ethikcode musste Platini sein Wissen schon beim ersten Gespräch umfassend angeben: Es besteht strikte Kooperationspflicht. Dass nun ein ihm selbst zufolge wichtiges Uefa-Sitzungspapier so spät auftauchte, weist laut Insidern auf einen Mangel an Kooperationswillen hin. Bei Platini - oder der Uefa. Deren Chef er aber formal noch ist.
So geht es in der Causa "Blattini" wohl nur noch um die Frage des Strafmaßes. Die Ermittler haben den Richtern zwei Vorschläge unterbreitet. Einer zielt auf Korruption; mithin auf lebenslange Sperren. Lässt sich Korruption nicht beweisen, wären sieben bis zehn Jahre Sperre möglich. Zupass käme dem Duo dabei, dass der aktuelle Fifa-Ethikcode erst seit 2012 gilt - er verbietet schon jeden Anschein der Korruption. Doch fällt die beanstandete Zahlung ins Jahr 2011, daher gilt der frühere Code von 2009. Der ist weniger strikt formuliert.