Sollte sich ein Fernsehsender entschließen, die Geschichte von Pep Guardiola beim FC Bayern zu verfilmen, wäre das sicher eine schöne Telenovela. Charakteristisch für dieses in Lateinamerika beliebte Genre sind die melodramatisch überzeichneten Beziehungen des Protagonisten zu den Nebendarstellern. Er mag sie ja alle so sehr, doch für wen entscheidet er sich? Es ist zum Dahinschmelzen.
In der letzten Staffel Pep und die Bayern stehen noch ein paar Folgen aus. Und bis zum schicksalsträchtigen Serienfinale im Sommer, bis die Entscheidungen über Titel in Bundesliga und Champions League fallen, werden die Beziehungen zwischen Guardiola und seinen Spielern die Fernsehzuschauer fesseln. Zum Beispiel: Kann er Arjen wieder vertrauen, oder eher Franck? Und: Kommt er doch noch mal mit Mario zusammen?
Guardiola war in der Arena, als Götze gegen Italien traf
Mario Götze, 23, sei "einer der besten Spieler, die ich in meiner Karriere getroffen habe", hat Guardiola am Freitag vor dem Heimspiel des FC Bayern gegen Eintracht Frankfurt gesagt. Allerdings hat er das schon über so ziemlich jeden Fußballer gesagt, unter anderem über die gesamte Mannschaft des FC Ingolstadt. Götze, konterte Guardiola die unter der Woche vom TV-Experten Mehmet Scholl geäußerte Kritik am Trainingseifer des Nationalspielers, mache "alles, um fit zu sein".
Richtig essen, richtig, schlafen, überdies habe er eine "perfekte Familie", sei "sehr professionell", könne "alle Systeme der Welt" spielen und sei "ein guter Mensch". Doch dass er ihn deshalb in den nächsten Wochen regelmäßig einsetzen wird, um die Zukunft des wohl von seinem Ex-Klub Borussia Dortmund umworbenen Götze in München wahrscheinlicher zu machen, bleibt deshalb trotzdem fraglich.
Guardiola war in der Arena, als Götze nach seinem Kopfballtor für Deutschland gegen Italien auf den Knien jubelnd über den Rasen rutschte. Er habe "großen, großen Respekt vor Götzes Karriere und Götzes Zukunft", sagte der Trainer. Aber: "Ich wechsle meine Meinung nicht wegen einem Tor. Ich kenne Mario." Und, in der Telenovela hätten nun dramatische Geigen eingesetzt: "Ich will das Beste für Mario."
Der TV-Experte glaubt, dass der Nationalspieler des FC Bayern viel, viel mehr trainieren müsse. Kann Scholl das überhaupt beurteilen?
Deutschland leidet ja ein wenig mit seinem kleinen Helden, dem WM-Torschützen von Rio. Das zeigte der Rummel nach seinem Treffer gegen Italien. Doch in München droht ihm ungeachtet dessen weiterhin die Auswechselbank. "Ich habe manchmal sieben Stürmer", sagte Guardiola.
Er meinte: Götze braucht er halt nicht so dringend. Nicht im Sturm und nicht dahinter, wo Thomas Müller gesetzt ist, oder Thiago - im Zweifel hat Guardiola vor seinem Landsmann nämlich noch größeren, größeren Respekt als vor Götze. Für die Flügel fehlt Götze der schnelle Antritt von Coman, Costa, Ribéry oder Robben. Obwohl das ja auch fraglich ist: Ob Arjen Robben, 32, bald wieder antritt?
Guardiola bemüht sich um Spannung
"Das ist eine Frage für die Ärzte", sagte Guardiola - Robben ist an den Adduktoren verletzt. Während der Klub sich nicht dazu äußert, wie lange der Holländer ausfallen wird, plauderte Franck Ribery, 32, aus, dass sein Kollege im Halbfinale der Champions League wieder dabei sein könne. Für die Viertelfinalspiele gegen Benfica Lissabon würde er demnach ausfallen. Robbens Haken machen die Bayern noch unberechenbarer, sie fehlten auch vor einem Jahr schon in der entscheidenden Saisonphase, und die Bayern schieden aus der Champions League aus.
Allerdings verweist Guardiola darauf, in diesem Jahr mehr Optionen zu haben. Eben Kingsley Coman, Douglas Costa - und den nach seinem Muskelbündelriss rasch genesenen Ribéry. "Ich bin wahnsinnig überrascht, wie Franck in dieser Woche trainiert hat", sagte Guardiola - als wäre es die beste Trainingsleistung gewesen, die er in seiner Karriere gesehen hat. Ribery demonstriert in diesen Tagen beste Laune, er will ja nicht nur in Guardiolas Gunst steigen, sondern auch seinen bis 2017 gültigen Vertrag noch einmal verlängern. Das wäre dann Stoff für eine Telenovela mit einem anderen Protagonisten.
Bis dahin bemüht sich Guardiola um Spannung in jeder Folge. "Das ist ein Finale", sagte er zum Spiel gegen Frankfurt am Samstag, wie jedes Spiel danach auch. Womöglich ist Verteidiger Javier Martinez erstmals nach seinem Meniskusschaden wieder im Kader. Spielt er gar? "Alle Spieler können spielen", sagte Pep - und grinste. Auflösung in der nächsten Folge.