Die Debatte des Abends war irgendwann nicht mehr einzufangen. Mehmet Scholl hatte vor dem Spiel mit dem ARD-Mikrofon in der Hand zu Mario Götze gesagt: "Warum kann er nicht konstant Leistung bringen? Da liegt für mich die Lösung ganz klar darin: er müsste noch viel, viel mehr trainieren." Und hinterher hat er noch gesagt: "Ich erinnere mich als er ganz jung in Dortmund war. Er war ein Pfeil, er war so schnell, er war so athletisch, davon ist er im Moment so weit entfernt."
Verkürzt wurde das Zitat dann auf: Mehmet Scholl kritisiert Mario Götze. "Muss viel, viel mehr trainieren."
Jetzt ist Mehmet Scholl natürlich per Job-Beschreibung Fernsehexperte und als solcher kriegt er dafür Geld, Einschätzungen abzugeben. Seine Einschätzung zu Mario Gomez, er habe sich "Wund gelegen" war in dem Moment flapsig gemeint, entwickelte aber ein Eigenleben und klebt seitdem an dem Stürmer. In einem Spiegel-Interview bat er um Verzeihung. "Ich habe einem Spieler damit richtig geschadet. Das tut mir leid. Es ist Zeit, mich zu entschuldigen", sagte Scholl.
Natürlich ist Mehmet Scholl auch ehemaliger Bayern-Spieler, ehemaliger Bayern-Trainer und aktueller Bayernspieler-Vater (sein Sohn Luca spielt in der zweiten Mannschaft). Man darf also schon annehmen, dass er ein bisschen was mitbekommt bei diesem Verein. Aber wie er zu dieser Empfehlung zu diesem Zeitpunkt kam, das verwunderte dann doch einige, auch weil Götze vier Monate lang verletzt war und so gar nicht in bester körperlicher Verfassung sein kann.
Direkt nach dem Spiel kam ja der Bundestrainer ins Fernsehstudio, stellte sich direkt neben Scholl und Joachim Löw sagte zu Mario Götze. "Er hat sich das in den letzten Wochen hart erarbeitet, er hat zusätzliche Trainingseinheiten gemacht." Leider blendete die ARD während dieser Aussage Spielszenen ein, so dass man nicht sehen konnte, ob Joachim Löw das in Richtung Scholl sagte. Als die Kamera dann wieder Löw einblendete und Scholl etwas sagte, grinste der Bundestrainer.
Auch andere Spieler ergriffen Partei für Götze. Toni Kroos etwa meinte relativ eindeutig: "Ich glaube, das ist Quatsch." Dadurch dass er aktuell nicht spiele, trainiere er automatisch mehr. Er kenne Mario als Spieler, der viel nebenher mache. "Er müsste mehr spielen, aber mehr trainieren? Vielleicht hat der Mehmet Insider-Informationen, aber wie ich Mario kenne, trainiert er sehr, sehr viel", sagte der Spielmacher von Real Madrid.
Tatsächlich war Götze zum Beispiel in der Sommerpause auf Eigeninitiative zu einer speziellen Leistungsdiagnostik an der Sporthochschule Köln. Er selbst sagte vergangenen Oktober im SZ-Interview. "Ich mache jede Woche mein Zusatzprogramm, ich mache Yoga, achte auf meine Ernährung. Das ist mir schon wichtig, dass die Leute das wissen: Was ich habe, ist nicht einfach von Gott gegeben. Ich tue auch viel dafür!"
Nach dem Spiel reagiert Götze selbst relativ gut gelaunt auf die Kritik. "Ich wusste gar nicht, dass er mein Training beobachtet. Ich wusste auch nicht, dass er immer dabei ist, wenn ich trainiere. Aber ich nehm's mir mal zu Herzen. Ich, meines Erachtens finde, dass ich genug trainiere."