Champions League:Die Probleme beim FC Bayern liegen tiefer

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Arjen Robben im Spiel gegen Athen. (Foto: REUTERS)

Die Münchner siegen wieder, aber vieles wirkt mühsam. Damit die Chefs irgendwann behaupten können, mit ihrem Rundumschlag alles richtig gemacht zu haben, braucht es eine Trendwende.

Kommentar von Claudio Catuogno

Vielleicht hätten sie in der auf Tradition bedachten Bayern-Chefetage, als sie sich letzte Woche unter anderem über Olaf Thon und sein Bonmot vom "Altherren-Fußball" geärgert haben, kurz vergegenwärtigen sollen, wo dieser Begriff eigentlich herkommt. Wer hat's erfunden? Wie so oft, wenn es um deftige Beschimpfungen geht, führen die Bayern selbst das Copyright. "Das ist Uwe-Seeler-Traditionself, das war reiner Altherren-Fußball" - sprach 2001 der Bayern-Präsident Franz Beckenbauer in seiner legendären Bankett-Wutrede nach einem 0:3 in Lyon. Und weiter ging es damals so: "So darf in Zukunft nicht gespielt werden, sonst könnt ihr euch einen anderen Beruf suchen. Wenn einer Nachhilfe braucht, stehe ich zur Verfügung."

Beckenbauer also, jener Mann, der später auch als Guru im Bezahlfernsehen nicht zimperlich war. 2008, wieder ging es gegen Lyon, sprach der Kaiser schon in seiner Halbzeitanalyse: "In der Schülermannschaft hätte man gesagt: Spiel Klavier oder Flöte, aber spiel nicht Fußball." Was wäre wohl los gewesen, hätte der TV-Experte Thon die jüngsten Länderspiel-Auftritte der Bayern-Profis Hummels und Boateng auch noch mit Musikschulvergleichen bedacht?

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Manchmal kann man aus der eigenen Geschichte etwas lernen. In diesem Fall: dass sie es bei Bayern selbst immer mal wieder angebracht finden, dem eigenen Team auf nicht gerade zimperliche Weise den Schlendrian auszutreiben. Gerade allerdings besteht kein Anlass, mit derartigen Hintergedanken Kritik von innen heraus zu äußern. Auch das 2:0 bei AEK Athen war zwar keine spielerische Offenbarung - aber weder fehlt es den Bayern an Arbeitsethos noch an Ernsthaftigkeit. Das fängt beim Trainer Niko Kovac an, dem eigentlich jeder große Akribie bescheinigt, und hört bei den Spielern nicht auf. Dass trotzdem alles oft mühsam aussieht, zeigt, dass die Probleme tiefer liegen. Wohl auch deshalb haben Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge es für nötig befunden, sich mit einem starken (dann aber vor allem wegen Hoeneß' Unbeherrschtheit aus dem Ruder gelaufenen) Zeichen vor ihr Team zu stellen.

Am Dienstagabend griff Karl-Heinz Rummenigge wieder zum Mikrofon, wieder gab es eine Bankettrede zu formulieren. Der Sieg lasse "durchaus optimistisch in die Zukunft schauen", sagte Rummenigge, wobei mit dieser Zukunft bloß das Fortkommen in der Vorrundengruppe E gemeint war, nicht das große Ganze. Und am Samstag dann "viel Glück in Mainz, das wird kein einfaches Spiel".

Sie wollen die Aufregung der letzten Tage erkennbar herunterdimmen beim FC Bayern und sich auf die nächsten kleinen Schritte konzentrieren. Die Mannschaft muss sich da jetzt gewissermaßen - verkehrte Welt! - auch vor ihre eigene Chefetage stellen: Nur wenn die Elf die Trendwende mit Kovac tatsächlich hinbekommt, können Hoeneß und Rummenigge irgendwann sagen, sie hätten mit ihren Rumpel-Attacken gegen externe Kritiker doch einiges richtig gemacht.

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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