Champions League:Beim FC Bayern knarzt es noch

Thiago beim CL-Spiel FC Bayern gegen AEK Athen

Auch Bayerns Mittelfeldspieler Thiago offenbart in Athen Schwächen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Trotz des zähen 2:0-Erfolgs lobt Bayerns Trainer Niko Kovac sowohl Ergebnis als auch Leistung des FC Bayern.
  • Dabei werden die Schwächen des FC Bayern recht deutlich: Das flinke Spiel nach vorne funktioniert wegen vermeidbarer Fehler nicht.

Von Christopher Gerards, Athen

An diesem Abend, an dem es vor allem um Ästhetik ging, sollte Joshua Kimmich noch über die kommenden Gegner nachdenken. Mainz, Rödinghausen, Freiburg, Athen - ob der FC Bayern da überhaupt die Chance bekomme zu glänzen, war er gefragt worden. Kimmich wartete nicht lange, er sagte: "Solange wir die Spiele gewinnen, ist es mir völlig egal, ob wir glänzen oder nicht." In diesem Satz steckte ein ganzer Abend, vielleicht sogar die Gegenwart des FC Bayern.

2:0 (0:0) gewannen die Münchner am Dienstag bei AEK Athen, es war ein Spiel, mit dem das Team von Niko Kovac dem Achtelfinale in der Champions League ein bisschen näher gekommen ist, mit nun sieben Punkten in Gruppe E. Es war aber auch ein Spiel, das zeigte: Der Münchner Patient ist nach den jüngsten Leiden noch nicht vollständig über die Akropolis, im Lehrbuch taucht so ein Kick unter "A" wie Arbeitssieg auf, womöglich auch unter "z" wie zäh. Aber dass irgendein Bayern-Spieler deshalb unruhig geworden wäre, ließ sich nicht behaupten.

Zählt derzeit, wie der FC Bayern gewinnt - oder nur, dass er gewinnt?

"Für uns ist das Allerwichtigste, Spiele zu gewinnen" - so hat es Arjen Robben später gesagt, und dieser eher banale Satz enthielt eine nicht ganz so banale Erkenntnis. Es ist ja so: Formschönheit bekommt das Publikum im Moment nur sehr dosiert geboten, die Münchner haben den Anspruch an sich mal eben aufs Ursprünglichste reduziert. Sie wollen: gewinnen, egal wie.

Und das ist nun die Frage: Ist es gegenwärtig wichtig, wie der FC Bayern seine Spiele gewinnt? Oder zählt nur, dass er gewinnt, weil dann langfristig die verloren gegangene Form schon wieder zurückkehrt?

Niko Kovac, 47, hatte ja schon auf der Pressekonferenz vor dem Spiel eine Antwort gegeben: Er sagte, dass für ihn nicht die B-Note zählt. Dass er also einfach gewinnen will. Aber nun, nach diesem Zweinull in Athen, klang das ein bisschen anders, Kovac fand das Ergebnis schlichtweg so positiv wie die Leistung. "Ich finde, wir haben heute ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht", sagte er bei Sky. Man habe "den Gegner beherrscht", hier und da hätte sein Team dieses oder jenes noch besser können. "Kritiker werden jetzt einiges sehen, das nicht gut war", sagte Kovac: "Ich habe heute sehr viel Gutes gesehen." Es war eine Sichtweise, die viele seiner Spieler teilten. Es war eine sehr wohlwollende Sichtweise auf das Spiel.

Die Schwächen des FC Bayern zeigen sich in Athen ziemlich deutlich

Dass die Bayern schon noch ein paar grundsätzliche Schwächen mit sich rumschleppen, zeigte sich in Athen ziemlich deutlich. Stimmt schon, die Münchner haben dominiert, Manuel Neuer sah im Grunde keinen ernsthaften Versuch auf sein Tor fliegen. Andererseits: Eine gute Stunde lang ging es auch Vassilis Barkas, dem Torhüter von AEK, nicht viel anders.

Der FC Bayern hatte im Duell der Viertplatzierten ihrer heimischen Ligen wieder versucht, möglichst vertikal zu spielen. Das ist ja einer der offensichtlichen Unterschiede zu den vier sieglosen Spielen vor der Länderspielpause: dass die Münchner schneller nach vorne passen wollen. Das Problem war, dass es dabei noch knarzt, dass sich also jene vermeidbaren Fehler fortsetzten, die den Bayern schon in Spielen wie gegen Ajax (1:1) unterlaufen waren. Einmal zielte Thiago mit einem Seitenwechsel ins Aus. Einmal ließ Joshua Kimmich den Ball durchrutschen. Spieler rutschten weg, Annahmen missglückten. Dass sich die Fehler derart häuften, führten einige Bayern-Profis auf den Zustand des Rasens zurück. "Sehr schmierig und rutschig", sei dieser gewesen, sagte Joshua Kimmich, "ein bisschen hubbelig".

Die gefährlichsten Situationen spielte meist Serge Gnabry heraus, indem er schlichtweg schneller war als seine Gegner. Aber auch Gnabry gelang es zunächst nicht, so in den Strafraum zu passen, dass ein Mitspieler hätte treffen können. Und als Thiago einmal frei vorm Tor stand, entschied sich der Spanier für einen ungenauen Querpass zu Robert Lewandowski. "Wir müssen noch am letzten Ball arbeiten, und dann denke ich, passt das", sagte Gnabry hinterher. Auch er vertrat Kovacs Ansicht, dass die Bayern eigentlich gut gespielt hätten.

Javi Martínez trifft per Seitfallzieher, Robert Lewandowski nach Vorlage von Rafinha

Es passte zu diesem Fußballspiel, dass Javi Martínez derjenige war, der die Münchner erlöste. Der hochdekorierte Mittelfeldspieler (Weltmeister, Europameister, Champions-League-Sieger) hatte sich bis dahin verspätet zu Zweikämpfen aufgemacht und sich auch sonst nur bedingt ums Aufbauspiel verdient gemacht - um schließlich per Seitfallzieher zu treffen (61.). Als Robert Lewandowski kurz darauf (63.) erhöhte, nach Vorlage von Rafinha, war das Spiel entschieden.

Was bleibt? Sieben Punkte in Gruppe E, ein geteilter Platz eins mit Ajax Amsterdam, das 1:0 gegen Benfica Lissabon gewann. Und halt auch: ein - je nach Einschätzung - mehr oder weniger hübsches Spiel, in jedem Falle der zweite Sieg in Folge. "Wenn man verliert", sagte Arjen Robben, "ist alles schlecht, und dann hat man keine Freude." Aber "wenn man gewinnt, wird alles wieder ruhiger. Und je mehr Spiele du gewinnst, desto ruhiger wird es." Wie ruhig die nächsten Wochen beim FC Bayern werden, hängt von den kommenden vier Spielen ab - und wohl besonders von jenem am 10. November gegen den Bundesliga-Tabellenführer Borussia Dortmund.

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