FC Bayern:Es wird an einem einvernehmlichen Abschied gearbeitet

Branchini hatte schon bei Guardiolas Verpflichtung eine Rolle gespielt - und im Hintergrund diskret die Fäden gezogen, als Guardiola in New York sein Sabbatical genoss. Ancelotti selbst hat sich nach seinem Abschied bei Real Madrid an Guardiola orientiert und ein Sabbatical in Nordamerika eingelegt; er tourt gerade durch Kanada. Ihm soll, sagen Vertraute, ein "obszönes Angebot" des FC Chelsea vorliegen, das er aber so gut wie verworfen hat - obwohl der Job des entlassenen José Mourinho jetzt zu haben wäre.

Auch andere Klubs wie Manchester United haben offenbar ihr Interesse an Ancelotti hinterlegt, in dessen Vita sich drei Champions-League-Siege mit dem AC Mailand (2003, 2007) und Real Madrid (2014) finden; aber als Ancelottis bevorzugtes Reiseziel gilt München - so wie Guardiolas bevorzugtes Ziel von Kennern mit "Manchester City" angegeben wird. City-Sportchef Txiki Begiristain, beim FC Barcelona einst Mannschaftskamerad von Guardiola und dem Katalanen bis heute freundschaftlich verbunden, soll im kleinen Kreis schon verkündet haben, dass Guardiola die Citizens im Juli 2016 übernehme. Dass schon etwas unterschrieben ist, darf dabei als unwahrscheinlich gelten, "Txiki und Pep brauchen keine Verträge, sie vertrauen einander auch so", sagt einer, der beide kennt.

Man darf gespannt sein, wie die Bayern die Personalie kommentieren, wenn sie offiziell bekannt wird. Offenbar hat sich im Verein zuletzt die Erkenntnis durchgesetzt, dass Guardiola ohnehin nicht bereit sein würde, in München eine Ära zu prägen. Den Trainer weitere drei oder noch mehr Jahre an Bayern zu binden, sei "zu nullkommanull Prozent möglich gewesen", heißt es; Guardiola begreift sich als Projektarbeiter, der drei Jahre in München auf Montage war. Es gefällt ihm sehr gut in dieser Stadt, seine Spieler findet er top-top oder vielleicht sogar top-top-top, aber sein Lebensentwurf, heißt es, sehe im Sommer nun wohl ein neues Projekt vor.

Es wird Bayerns Verantwortlichen ein Anliegen sein, im Falle eines Falles von einem einvernehmlichen Abschied zu berichten, es soll nicht so aussehen, als habe der komplexe und auch komplizierte Grübler aus Katalonien sich nicht verstanden oder wertgeschätzt gefühlt. Die Bayern haben sich tatsächlich sehr um ihn bemüht, allerdings zieht sich Guardiolas Unzufriedenheit mit der medizinischen Betreuung wie ein roter Faden durch seine Bayern-Zeit.

Vertragsverlängerungen von Müller und Boateng stehen bevor

Am Donnerstag berichtete der kicker von einer Neuauflage des Ärztestreits, der sich erneut an der Person Ribéry entzündet haben soll; der Franzose, nach langer Verletzungspause jüngst erst zurückgekehrt, hat beim Spiel in Zagreb einen Muskelbündelriss erlitten und fällt erneut mehrere Wochen aus. Was Guardiola offenbar dem Ärzteteam um Volker Braun anlastet - und das Ärzteteam dem Trainer, der Ribéry nach zwei Trainingseinheiten mit den Kollegen wieder eingesetzt hatte. Darin spiegelt sich noch einmal der Grundkonflikt: Guardiola misstraut den Medizinmännern des Klubs und unterstellt ihnen, die Profis zu lange zurückzuhalten; andersherum sehen es Bayerns Mediziner skeptisch, dass der Trainer frisch genesene Profis gleich wieder wie vollwertige Kaderspieler behandelt.

Sollte sich die Trennung zum Saisonende demnächst bestätigen, werden Guardiola und der Klub alles daran setzen, die gemeinsame Zusammenarbeit mit einer spektakulären Rückrunde zu krönen. Und der FC Bayern wird Zeichen setzen, die erkennen lassen sollen, dass der Verein größer ist als jeder Trainer. So könnten bald wichtige Vertragsverlängerungen mit Thomas Müller und Jérôme Boateng (bis 2021) verkündet werden, nach dem Motto: Unser Spitzentrainer mag vielleicht gehen. Aber unsere Spitzenmannschaft bleibt.

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