FC Bayern beim 1:1 in Freiburg:Guardiola ist "sehr, sehr stolz"

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Problemzone defensives Mittelfeld: Bastian Schweinsteiger (r.) muss in Freiburg verletzt vom Platz. (Foto: dpa)

Trainer Pep Guardiola findet nach dem 1:1 in Freiburg auffällig lobende Worte für seine veränderte Mannschaft. Die Spieler des FC Bayern gehen deutlich selbstkritischer mit der gefühlten Niederlage um - Bastian Schweinsteigers Verletzung ist indes nicht so schwer wie befürchtet.

Von Maik Rosner, Freiburg

Pep Guardiola ging mit einem Lächeln. Beinahe beschwingt wirkte der Trainer des FC Bayern, als er aus dem kleinen Pressecontainer in Freiburg auf den Ausgang zustrebte. Verdruss über die ersten Punktverluste der Saison ließ sich der Katalane nicht anmerken, lieber betonte er seine Zufriedenheit über den Auftritt seiner zweiten Reihe. Doch nicht nur das Ergebnis wollte nicht so recht zu seinen Elogen passen.

Nach dem 1:1 der Münchner beim SC Freiburg hat Guardiola ausschließlich lobende Worte gefunden für seine Mannschaft, die er auf gleich sieben Positionen im Vergleich zum jüngsten 2:0 gegen den 1. FC Nürnberg verändert hatte. "Sehr, sehr gut", sagte Guardiola, habe seine Mannschaft agiert, er sei "sehr, sehr stolz". Ob es vielleicht zu viel der Rotation war? "Alle Spieler arbeiten sehr gut jeden Tag", entgegnete Guardiola, "sie haben es verdient zu spielen."

Es war nicht der richtige Zeitpunkt für kritische Anmerkungen, so sah das jedenfalls Guardiola. Durchaus nachvollziehbar war seine Zufriedenheit mit den vielen Profis, die sonst überwiegend von der Bank aus zusehen, in Freiburg aber über weite Strecken die Partie dominiert hatten. Nur die Chancenverwertung nach Xherdan Shaqiris Führungstor in der 33. Minute ließ wirklich zu wünschen übrig. Dazu die Schlussphase, in der der junge Nicolas Höfler seinen zweiten Bundesligaeinsatz nutzte, um das vorgezogene Ligaspiel mit dem Ausgleich zu einem Freiburger Freudentag zu erheben (86.).

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Bayern-Trainer Guardiola schont gegen Freiburg zahlreiche Stammkräfte. Kurz vor Schluss erzielt der SC allerdings den Ausgleich und fügt den Münchnern die ersten Punktverluste der Saison zu. Ein Zusammenhang zur Aufstellung wird bestritten.

Von Benedikt Warmbrunn, Freiburg

"So unterschiedlich können Punkte aussehen", kommentierte es Toni Kroos nüchtern: "Für uns ist es nach dem Spielverlauf eine Katastrophe, für Freiburg ein gefühlter Sieg."

Vor allem der Umgang mit den vielen Gelegenheiten der zweiten Hälfte dürfte auch Guardiola verärgert haben (wenngleich er das nicht sagen wollte). Shaqiri, Kroos und Thomas Müller hatten mehrfach die Möglichkeit, den vierten Sieg im vierten Ligaspiel herbeizuführen. "So etwas passiert, das ist uns in der vergangenen Saison auch passiert, dass man mal unentschieden spielt oder auch mal verliert", befand Kapitän Philipp Lahm, "aber klar war das diesmal absolut zu vermeiden."

Es ist vor allem der Umstand, dass die Probleme wiederkehren, die für etwas Unruhe bei den Münchnern sorgen. Mehrfach hatte sich in der noch jungen Saison angedeutet, dass ihrem Spiel die gewohnte Zielstrebigkeit im dominanten Ballbesitzfußball abhandengekommen ist. Statt geradliniger Angriffszüge wie zuletzt unter Jupp Heynckes kombinieren sich die Bayern in endlos langen Ballpassagen mit Kurzpässen durch die Verteidigungslinien. Die nötige Zuspitzung bleibt ebenso häufig aus wie das in der Vorsaison erfolgreiche Flügelspiel.

Das war auch in Freiburg zu beobachten, auf die ungewohnte Aufstellung war es nur bedingt zurückführen. Guardiola hält es ja zu Recht für zwingend erforderlich, die Kräfte in seinem Luxuskader für eine lange Saison nicht zu einseitig zu belasten. Die sehr groß angelegte Schonung überraschte allerdings, wenngleich die Ergänzungsspieler die Vorgaben des Trainers in weiten Teilen gut umgesetzt hatten: den Ball behaupten, den Gegner zermürben. Freiburgs Fußballlehrer Christian Streich war gleichermaßen angetan wie erschüttert: "Das ist ein psychologisches Zerstörungsspiel. Du kommst nicht an den Ball. Du brauchst eine extreme Frustrationstoleranz."

Ein Manko haben die Münchner in ihre Kriegslist offenbar eingebaut. Die Konsequenz geht in den Stafetten verloren. "Es war unnötig, verschenkt und verdaddelt. Das haben wir uns selbst zuzuschreiben", befand Torwart Manuel Neuer, der mit 85 Ballkontakten ungewöhnlich häufig Teil der Zirkulation wurde und sich über die umfangreiche Einbindung ins Geschehen nicht wirklich freute.

"Wir haben zwar vernünftig rausgespielt, müssen dann aber auch auf die nächste Linie gehen und nicht wieder zurückpassen", sagte er und entschloss sich zu einer bemerkenswerten Grundlagenkritik: "Wir müssen auf die nächste Linie des Gegners gehen, die Spieler müssen aufs Mittelfeld zugehen und nachrücken, damit wir da wieder eine Überzahlsituation schaffen, wenn wir die Stürmer des Gegners ausgeschaltet haben. So kommen wir auch schneller in die Gefahrenzone. Ich habe auch keine großartigen Flanken gesehen von der Grundlinie. Das hätte der Fall sein müssen."

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:Belohnung für die Courage bleibt aus

Shaqiri agiert fast schon so spielfreudig wie Ribéry. Dante kann auch mit einem Cancan-Schritt seinen Stellungsfehler nicht ausbügeln. Schweinsteiger geht diesmal nicht als moderner Franz Beckenbauer durch - und humpelt vom Platz. Der FC Bayern beim 1:1 in Freiburg in der Einzelkritik.

Von Maik Rosner, Freiburg

Am Freitag geht es nun im Finale um den europäischen Supercup in Prag gegen den FC Chelsea und dessen neuen Trainer José Mourinho, der sich aus seiner Zeit bei Real Madrid mit Guardiolas Zermürbungstaktik ziemlich gut auskennt. Ein Titel steht in Aussicht, und einer, den der FC Bayern in seiner an Titeln reichen Geschichte noch nie gewinnen konnte. Dann wird Guardiola wieder auf jene Spieler zurückgreifen, die er in Freiburg geschont hatte.

Fehlen wird eventuell Bastian Schweinsteiger, der am Dienstag auch deshalb keine Zuschauerrolle einnehmen konnte, weil er der einzig verbliebene gesunde Spieler auf der Position im defensiven Mittelfeld war. Schweinsteiger verletzte sich gegen Freiburg am Knöchel, die Verletzung war jedoch nicht so schwer wie befürchtet: Der Nationalspieler zog sich nur eine Gelenkstauchung und Kapselzerrung im rechten Sprunggelenk zu - ob er rechtzeitig zum Spiel gegen Chelsea fit wird, ist trotzdem unklar.

Damit hat Guardiola im defensiven Mittelfeld ein womöglich ein unerwartetes Problem. Vier Profis standen zu Beginn der Saison als sogenannte "Sechser" zur Verfügung, mit dem noch nicht wirklich integrierten Zugang Jan Kirchhoff waren es sogar fünf. Mittlerweile ist Kirchhoff der letzte seiner Zunft. Thiago und Javier Martínez fehlten in Freiburg bereits verletzt, nun ist auch Schweinsteiger angeschlagen. Und Luiz Gustavo wurde inzwischen zum VfL Wolfsburg verabschiedet - weil er keine Möglichkeit auf Spielpraxis sah.

Den Münchnern einen Konstruktionsfehler in der Kaderplanung vorzuwerfen, wäre wegen des Verletzungspechs wohl nicht angemessen. Dass Guardiola für Schweinsteiger aber keine Alternative vorgesehen hat, dürfte auch ihn beunruhigen. Auch hier könnte sich ein wiederkehrendes Problem entwickeln.

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