FC Bayern nur 1:1 gegen Freiburg:"Witzig, wie sich das gedreht hat"

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Claudio Pizarro und Thomas Müller (links) müssen mitansehen, wie sich das Spiel in Freiburg noch dreht. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Bayern-Trainer Guardiola schont gegen Freiburg zahlreiche Stammkräfte. Kurz vor Schluss erzielt der SC allerdings den Ausgleich und fügt den Münchnern die ersten Punktverluste der Saison zu. Ein Zusammenhang zur Aufstellung wird bestritten.

Von Benedikt Warmbrunn, Freiburg

Es ist noch nicht lange her, ein paar Wochen erst, da beschäftigten sie sich in der Bundesliga mit einer einzigen Frage. Es ging nicht darum, wer Meister wird, das nahmen da schon alle als gegeben hin. All die Trainer, Journalisten, Fans debattierten vielmehr eifrig über die Frage, mit welcher Elf der FC Bayern den Titel gewinnen werde; so übermächtig wurde das Team unter dem neuen Trainer Pep Guardiola wahrgenommen, es schien keine Rolle mehr zu spielen, wen dieser aufstellt. Seit Dienstagabend ist aber klar: Es spielt eben doch eine Rolle, mit wem der FC Bayern spielt.

Im vorgezogenen Bundesligaspiel hatte der SC Freiburg die Münchner empfangen, die Partie endete 1:1 (0:1), und hinterher musste sich Guardiola kritischen Fragen stellen, die vor allem darauf abzielten, wie sehr es sich selbst hinterfragt nach diesem Abend. Der Spanier aber verlor seine bisherige Rolle nicht. Er blieb locker.

Das, was sich gerade abgespielt hatte, nahm Guardiola mit überraschendem Gleichmut hin - zumindest wirkte er so: "Wir haben gut gespielt, sehr gut. Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Spieler", sagte er. Nachfrage: Habe er mit seinen vielen Wechseln in der Startelf einen Fehler gemacht? "Ich bin Trainer. Ich habe mich für diese Aufstellung entschieden. Alle Spieler verdienen es, sie arbeiten jeden Tag sehr gut. Sie haben heute sehr gut gespielt."

FC Bayern in der Einzelkritik
:Belohnung für die Courage bleibt aus

Shaqiri agiert fast schon so spielfreudig wie Ribéry. Dante kann auch mit einem Cancan-Schritt seinen Stellungsfehler nicht ausbügeln. Schweinsteiger geht diesmal nicht als moderner Franz Beckenbauer durch - und humpelt vom Platz. Der FC Bayern beim 1:1 in Freiburg in der Einzelkritik.

Von Maik Rosner, Freiburg

Der Blick auf die Mannschaftsaufstellung hatte jedenfalls für Aufsehen gesorgt. Guardiola hatte eine "Rotation" durchgeführt, wobei diese Formulierung ziemlich untertrieben war - fast durfte man von einer B-Elf sprechen. So zog die vermeintlich einseitige Partie im Breisgau ihren Reiz aus der Frage, ob sich Guardiola aus der Siegerspur rotieren würde. Am Ende stand dann tatsächlich die Erkenntnis, dass diese Formation an einem mittelmäßigem Abend nicht reichte, um zu gewinnen. Xherdan Shaqiri (33.) traf zwar für die Münchner zum 1:0, und die nur am Anfang mutigen Freiburger hatten wenig dagegenzusetzen - bis in der 86. Minute der eingewechselte Nicolas Höfler die Bayern mit dem 1:1-Ausgleich schockte.

Kapitän Philipp Lahm, erst spät eingewechselt, bemühte sich, einen Zusammenhang zwischen Rotation und Remis abzustreiten. "Wenn man in allen Wettbewerben dabei sein will, braucht man einen kompletten Kader. Das war heute auch eine Mannschaft mit sehr guten Einzelspielern, und sie hat auch ein gutes Spiel gemacht. Wir haben genug Chancen zum 2:0 gehabt. Ganz klare", sagte Lahm - und verwies auf denselben Mangel in der Vorrotations-Phase: "Da haben wir es auch teilweise schon verpasst, Klarheit zu schaffen. Heute wurden wir eben dafür bestraft."

Gegenüber dem 2:0 am Samstag gegen Nürnberg war die Startelf gleich auf sieben Positionen verändert. Drei Tage vor dem Spiel um den europäischen Supercup gegen den FC Chelsea wollte Guardiola Lahm, Franck Ribéry, Arjen Robben, Mario Mandzukic, Jerome Boateng und David Alaba schonen; sie nahmen alle auf der Bank Platz. Thiago und Martínez fehlten ohnehin verletzt. Dafür standen neben dem am Samstag erstmals eingesetzten Mario Götze unter anderem Diego Contento, Rafinha, Daniel van Buyten, Shaqiri und Claudio Pizarro in der Startelf.

Diese Bayern-Elf hatte zunächst durchaus Probleme. Die Freiburger spielten in der Anfangsphase offensiv mit, und nervös wirkten ausschließlich die Gäste - sie ermöglichten dem bisher sieglosen SCF mit Ballverlusten Angriffe. Und die erste Großchance der Partie: Torwart Manuel Neuer parierte den scharfen Schuss von Oliver Sorg (12.). Das mochten die B-Münchner vor 24.000 Zuschauern im seit Wochen ausverkauften Stadion nicht länger hinnehmen, Kroos (14.) und Shaqiri (15.) versuchten sich mit Distanzschüssen, doch Oliver Baumann im SC-Tor parierte jeweils. Dann passierte lange nichts.

Und dann sah alles doch leicht und selbstverständlich aus: Rafinha fing einen Abschlag von Baumann ab und bediente Thomas Müller, der tanzte auf der rechten Seite zwei Gegenspieler aus, seine Flanke verpasste der eingerückte Rechtsverteidiger Sorg, also kam Shaqiri ungedeckt an den Ball und drosch ihn sauber in den kurzen Winkel ins Tor (33.). Der erneut unauffällige Götze verpasste kurz darauf den zweiten Treffer nach schönem Zuspiel von Pizarro; für Freiburg schoss Sorg noch mal ans Außennetz, dann war Pause.

Die Bayern hielten fortan den Ball mit langen Passstafetten in ihren Reihen und die Freiburger weitgehend aus dem Spiel. Es schien alles nach Plan zu laufen. Erneut kam Shaqiri auf der linken Seite ungedeckt zum Schuss, diesmal parierte Baumann (59.). Plötzlich erinnerte man sich daran: Die Bayern hatten ja erst ein Tor geschossen. Und das ist nie komfortabel.

Was nur eine Minute später zu besichtigen war: Freiburgs 20-jähriger Liga-Debütant Charles-Elie Lapremotte traf nach dem ersten geglückten Freiburger Konter der zweiten Hälfte den Außenpfosten. Torwart Baumann hatten es die Freiburger danach zu verdanken, dass das Spiel offen blieb. Er rettete spektakulär gegen Kroos und gegen Müllers Nachschuss (74.) sowie nur eine Minute später erneut gegen Müller, der frei vor ihm aufgetaucht war.

Bastian Schweinsteiger musste elf Minuten vor Abpfiff ausgewechselt werden, wegen einer Stauchung im Sprunggelenk, am Mittwoch soll er untersucht werden. Dennoch wirkte es nun so, als ob auch diese dezimierte FC-Bayern-Elf gewinnen werde, auch ohne Glanz. "Gegen die Bayern brauchst du eine wahnsinnig große Frustrationstoleranz", stellte Freiburgs Trainer Christian Streich in dieser Phase fest. "Sie sind darauf ausgelegt, dass du nie den Ball hast. Das ist psychologisch das Schlimmste, gegen sie zu spielen - wie meine Spieler damit kopfmäßig umgegangen sind, war wahnsinnig toll."

Der großzügige Umgang der Münchner mit den Chancen und Freiburgs Aufbäumen führten schließlich zur 86. Minute. Da zeigten SC-Stürmer Mike Hanke (eingewechselt für Guedé), der den Angriff einleitete, und der andere Joker Höfler, dass auch bei Freiburg an diesem Abend Qualität auf der Bank gesessen hatte.

SC-Torwart Baumann, auch ein Held des Abends, fand es "schon witzig, wie sich das am Ende gedreht hat". So konnte man diesen Abend auch sehen.

© SZ vom 28.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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