Boateng und Alaba beim FC Bayern:Bayerischer Herzschmerz

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Hansi Flick herzt David Alaba: Es war ein emotionaler Tag beim FC Bayern. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Von den vielen Abschieden, darunter sein eigener, sind für Trainer Hansi Flick jene von Boateng und Alaba am "bewegendsten". Er lobt die Verteidiger in den höchstmöglichen Tönen.

Von Sebastian Fischer, München

Selbst in seinen letzten Momenten als Fußballer des FC Bayern, wenige Sekunden bevor er in seinem 431. Spiel für den Verein zum letzten Mal im Münchner Trikot das Feld verließ, hat David Alaba noch an den Erfolg der Mannschaft gedacht, so sah es jedenfalls aus. Es lief die 73. Minute gegen den FC Augsburg am Samstag, und nahezu allen Menschen im Stadion ging es nun vorrangig um Alaba.

Die Stadionregie spielte einen Walzer für den gebürtigen Wiener, die 250 anwesenden Zuschauer applaudierten, genauso wie die Ergänzungsspieler des FC Bayern. Alle Profis auf dem Feld verabschiedeten sich persönlich, auch Robert Lewandowski.

Alaba, 28, der von nun an offiziell ehemalige Abwehrchef des FC Bayern, nutzte die Gelegenheit, um noch einmal auf den Stürmer einzureden. Mit beiden Händen griff er ihn dabei am Kopf. Und man brauchte nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass es in der kurzen Unterredung wohl um das 41. Saisontor ging, das Lewandowski zu dem Zeitpunkt noch nicht erzielt hatte.

Es war am Ende eine Geschmacksfrage, welche Momente dieses Nachmittags, an dem der FC Bayern den FC Augsburg mit 5:2 schlug und danach die neunte Schale in Serie überreicht bekam, man für die emotionalsten halten wollte. Jenen der Freude in der 90. Minute, als Lewandowski nach einigen vergebenen Chancen schließlich doch noch traf, um nun alleiniger Rekordhalter vor Gerd Müller zu sein? Oder doch die vielen Momente des Abschiedsschmerzes?

Als Alaba vom Platz ging, weinte zum Beispiel die Münchner Teammanagerin Kathleen Krüger. Und als Jérôme Boateng, 32, in seinem letzten Spiel für die Bayern das Feld für Javi Martínez, 32, verließ, damit auch der noch ein letztes Mal für den Klub auflaufen konnte, da weinte Boateng sogar selbst, nachdem sich alle Spieler bei ihm bedankt hatten.

Jérôme Boateng bei seiner Auswechslung. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Auch Hansi Flick, 56, ist natürlich verabschiedet worden am Samstag, wie seine Assistenten Miroslav Klose und Hermann Gerland. Doch als der Trainer dann in seiner letzten Pressekonferenz als Bayern-Coach die "bewegendsten Momente" des Tages kürte, sprach er erst mal ausführlich über Alaba und Boateng, und wie sie nach ihren Auswechslungen zur Umarmung auf ihn zukamen.

Alaba und Flick verbindet eine besondere Beziehung

Es war bekanntlich eine seiner ersten Amtshandlungen, als Flick im Herbst 2019 den Cheftrainerjob übernahm, dass er den vormaligen Linksverteidiger Alaba zum Innenverteidiger machte und ihm damit jenen Platz im Zentrum gab, den sich der Österreicher gewünscht hatte, seit er 2008 als Jugendlicher nach München gewechselt war - wenngleich er schon damals noch lieber weiter vorne spielen wollte. Alaba habe "Weltklasse-Niveau" auf drei Position, links und innen in der Abwehr sowie im defensiven Mittelfeld, sagte Flick.

Doch was ihn noch mehr auszeichne, das sei "soziale Kompetenz". Und er meinte wohl Szenen wie jene Motivations-Sequenz für Lewandowski, als er hinzufügte: "Er ist das Herz der Mannschaft, der alle mitnimmt", der "Spieler auf den richtigen Weg begleitet". Er werde Alaba "sehr, sehr vermissen", sagte Flick. Wo er fortan um einen Platz im Zentrum kämpft, ob wie allgemein erwartet bei Real Madrid oder doch andernorts, das steht weiterhin nicht fest.

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Boateng, den anderen Stamm-Innenverteidiger, der München nun mit vorerst unbekanntem Ziel verlässt, lobte Flick nicht weniger überschwänglich. Auch den Weltmeister von 2014, seit 2011 beim FC Bayern, hatte er im Herbst vor zwei Jahren sofort gestärkt, obwohl damals nicht zum ersten Mal sein Abschied im Raum stand. Boateng habe "sehr viel gearbeitet", um wieder auf ein Niveau zu kommen, auf dem er Bayerns "konstantester Innenverteidiger dieser Saison" gewesen sei. "Ich konnte mich immer auf ihn verlassen."

Flick hätte Boateng gern bei der EM gesehen

Flick drückte auch noch einmal sein Bedauern darüber aus, dass Boateng keinen neuen Vertrag beim FC Bayern erhielt. Er, Flick, wisse, "wie gerne er hiergeblieben wäre". Wer wollte, der konnte darin selbst in seinen Abschlussworten noch mal einen Gruß an Sportvorstand Hasan Salihamidzic herauslesen, mit dem er sich unter anderem in dieser Sache uneins gewesen war.

Boateng, sagte Flick außerdem, sei einer "der besten Innenverteidiger Deutschlands". Er habe "wirklich gehofft", dass er zur Europameisterschaft in die Nationalmannschaft zurückkehre. Jenes Team, für das Hansi Flick sehr wahrscheinlich bald verantwortlich ist. Dazu sagte er: "Es ist noch nicht hundertprozentig." Es sollte schließlich erst mal um ein paar würdige Verabschiedungen gehen.

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