FC Barcelona:Training mit gesenkten Köpfen

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Auch in Trauer verbunden: Barcelona und der Sport (Foto: AFP)
  • Der Ort des Anschlags in Barcelona hat viele Berührungspunkte mit dem FC Barcelona.
  • Das Sportliche tritt am Tag danach in den Hintergrund, beim Training gibt es eine Schweigeminute für die Opfer.
  • Auch andere Sportgrößen zeigen sich bewegt. "Barcelona und Katalonien werden wieder aufstehen", sagt Pep Guardiola.

Von Javier Cáceres

Natürlich gibt es auch ein Band von den Ramblas zum Camp Nou; von jenen 600 Metern, die ein Terrorist am Donnerstag in eine Schneise des Todes verwandelte, zur Heimstatt des FC Barcelona. Dort, wo die Todesfahrt ihren Ausgang nahm, liegt auch die Font de Canaletes, jener gusseiserne Brunnen also, an dem die Anhänger des FC Barcelona die Erfolge ihres Klubs feiern. Genau dort, waren einst die Redaktionsräume der Sportzeitung La Rambla, die bis zu ihrer Schließung Ende der 1930er-Jahre die Fußballanhänger auch deshalb anzog, weil dort auf einer Tafel die Ergebnisse angeschrieben wurden. Und es gibt kaum einen Ort, der besser wäre, um über Fußball - genauer: den FC Barcelona - zu reden als Antonios Kiosko Universal im Markt La Boquería, dessen prachtvolles Portal ziemlich nahe der Stelle liegt, wo der Terrorist wieder aus dem Kleinlaster stieg, nachdem er Menschen zu Tode gefahren und Dutzende verletzt hatte.

Den Jubelbrunnen haben die Fans umgewidmet - zu einem Ort des Gedenkens

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Für Terror-Experten war seit Langem klar: Nirgendwo sonst radikalisieren sich mehr Spanier und Marokkaner als in der Metropole in Katalonien. Die Szene existiert seit Jahrzehnten - auch die Drahtzieher von 9/11 trafen sich dort.

Von Matthias Kolb

Der Freitag wäre unter normalen Umständen ein guter Tag gewesen, um über die Frage zu reden, ob der 34. Titel des Rekordmeisters Real Madrid noch zu verhindern ist. Oder darüber, wie sinnvoll die Verpflichtung von Paulinho Bezerra ist, beziehungsweise darüber zu lachen, dass dem eh skeptisch beäugten Brasilianer, der 29 Jahre alt ist und 40 Millionen Euro gekostet hat, am Donnerstag bei der Vorstellung der Ball versprang, als er versuchte, ihn hochzuhalten. Oder auch darüber, ob es wirklich das Richtige ist, die Kaufoption für Yerri Mina vom brasilianischen Meister SC Palmeiras zu ziehen: Neun Millionen Euro bezahlte der FC Barcelona für den kolumbianischen Innenverteidiger, der aber frühestens im Januar 2018 in den Kader aufgenommen werden soll.

Und klar, man hätte auch über Philippe Coutinho vom FC Liverpool und Ousmane Dembélé von Borussia Dortmund sprechen können, beziehungsweise darüber, ob es wirklich angezeigt ist, 300 Millionen Euro für die beiden zu zahlen, um Neymar Jr. zu ersetzen, den Brasilianer, der neulich noch als die Ikone der Zukunft Barças galt, jetzt aber, nach Zahlung einer Ablöse von 222 Millionen Euro, in Frankreich bei Paris St. Germain spielt. Über all das hätte man reden können, und erst recht über das, was die Stadt in den vergangenen Tagen bewegt hatte, nämlich die Frage, ob der Verein noch in guten Händen ist oder ob Josep María Bartomeu, nicht besser zurücktreten sollte. Aber die Umstände, sie waren nicht normal, und das konnte man schon daran erkennen, dass sich Canaletes am Freitag in einen improvisierten Altar verwandelt hatte, wo Passanten Blumen niederlegten und Kerzen anzündeten.

Am Freitagvormittag traf sich Barças fußballspielende Belegschaft in der Sportstadt Joan Gamper zum Training, und sie taten es mit gesenkten Köpfen, um der Toten in Barcelona und dem nahe gelegenen Badeort Cambrils mit einer Schweigeminute zu gedenken. Beim anderen großen Verein der Stadt, dem Erstligisten Espanyol Barcelona, bot sich dasselbe Bild. Auch in 600 Kilometer Entfernung, bei Barças Erzrivalen Real Madrid, hielten die Fußballer beim Training inne. Reals Stürmer Cristiano Ronaldo drückte sein Mitgefühl aus, ebenso der Tennisspieler Rafael Nadal, Formel-1-Pilot Fernando Alonso oder Basketballstar Pau Gasol.

Guardiola gedenkt Barcelona in Manchester

Und auch Barcelonas Wunderstürmer Lionel Messi zeigte sich erschüttert. "Wir werden nicht aufgeben, wir sind viel mehr, die in Frieden auf der Welt leben wollen, ohne Hass, mit Respekt und Toleranz als Basis des Miteinanders." Barças deutscher Torwart Marc-André ter Stegen erklärte, "tief berührt von dem" zu sein, was am Donnerstag "in meiner schönen Stadt passiert ist".

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Das galt erst recht für ManCity-Trainer Pep Guardiola, der zwar in einer kleinen katalanischen Gemeinde geboren wurde, aber doch irgendwie ein Sohn der Stadt ist: "Meine Gedanken sind bei den Menschen, die gestorben sind. Barcelona und Katalonien werden wieder aufstehen", sagte Guardiola auf einer Pressekonferenz in Manchester - jener Stadt, die im Mai ins Visier islamistischer Terroristen geraten war. Bei einem Konzert der Popsängerin Ariane Grande, das auch Guardiolas Frau und Töchter besucht hatten, tötete ein Selbstmordattentäter mehr als 20 Menschen.

Auch dort, auch damals sagten sich die Leute, dass das Leben irgendwie weitergehen müsse und werde, so wie nun in Barcelona und sei es mit einem Besuch am Sonntag im Camp Nou. Der FC Barcelona spielt gegen Betis Sevilla, die Behörden kündigten an, dass die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Stadion verschärft werden. "No tinc por", "Ich habe keine Angst", riefen Tausende am Freitag, als sie sich an der Plaça Catalunya trafen, das heißt: ganz in der Nähe von Canaletes, um der Toten zu gedenken, und es wäre alles andere als überraschend, wenn sie es auch am Sonntag im Stadion rufen sollten. Das Camp Nou werde sich füllen, sagte der Sprecher des Barça-Präsidiums, Josep Vives, und er behält wohl recht. Die Barça-Spieler werden auf ihren Trikots keine Namen tragen. Sondern ein Wort: Barcelona.

© SZ vom 19.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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