FC Barcelona:Bei Barça schrillen die Alarmglocken

FC Barcelona: Sie sind da, Neymar (noch) nicht: Lionel Messi (rechts) und Antoine Griezmann.

Sie sind da, Neymar (noch) nicht: Lionel Messi (rechts) und Antoine Griezmann.

(Foto: AP)
  • Der FC Barcelona hat das erste Saisonspiel verloren - und auch sonst manche Debatte zu moderieren.
  • Die Rückkehr von Neymar wird unwahrscheinlich. Paris ruft einen Preis auf, den Barcelona kaum zahlen kann.
  • Der Abschied von Coutinho war für die Mannschaft dagegen in mancher Hinsicht ein Segen.

Von Javier Cáceres

Es gab dann doch noch etwas zu vermelden, das von den Anhängern des FC Barcelona als positiv interpretiert werden konnte. Und der Zeitung Sport, die Barcelona ideologisch nahesteht, am Donnerstag zur titelblattreifen Sensation gereichte: "Messi, a tope", lautete die Schlagzeile, was in etwa heißt, dass der Heiland des barcelonismo wieder "voll da" sei. Das dürfte noch übertrieben sein. Am Mittwoch hatte Barças Kapitän erstmals wieder mit der Mannschaft trainiert, nachdem er sich Anfang August, unmittelbar nach seinem Urlaub, den Schollenmuskel verletzt hatte. Womöglich reicht es aber doch für einen Einsatz beim Heimspiel am Sonntag gegen Betis Sevilla. Und, so die Hoffnung, für ein paar fußballerische Gedanken, die das chaotische Gesamtbild ordnen. Oder übertünchen.

Das Echo des Desasters der letzten Champions League (Aus nach 0:4 beim FC Liverpool) vermengt sich mit dem Schrillen der Alarmglocken. Am ersten Spieltag einer Saison, die den ersten Königsklassen-Triumph seit 2015 bringen soll, unterlag Barça bei Athletic Bilbao 0:1. Die Pleite in der Kathedrale wog schwer: Barça hatte 71 Prozent Ballbesitz, eine fußballerische Idee war aber nicht zu erkennen. Dazu kamen eine Verletzung von Mittelstürmer Luis Suárez - sowie ein schlagzeilenträchtiger Folgeschaden.

Der frühere BVB-Stürmer Ousmane Dembélé - der in Bilbao ein Schatten seiner selbst war - hatte vor und nach dem Spiel Beschwerden, schwänzte aber am Tag danach einen von den Ärzten fixierten Ultraschall-Termin, der vielleicht Schlimmeres abgewendet hätte. Nachdem es zunächst hieß, dass er das Wochenende zu einem Trip nach Senegal genutzt habe, beteuerte Dembélés Manager, der Bub sei bloß zur Mama nach Frankreich geflogen.

Coutinho, der zu FC Bayern ging, weint kaum jemand nach

Wo auch immer er war: Am Montag musste er das Training abbrechen, die Diagnose ergab einen Muskelfaserriss, prognostiziert wird eine fünfwöchige Pause. Es ist die fünfte Muskelverletzung des 22-Jährigen, der 2017 für bereits jetzt mehr als 135 Millionen Euro Ablösesumme aus Dortmund gekommen war, um den Brasilianer Neymar nach dessen Wechsel nach Paris zu ersetzen. Jedoch: In seinen ersten beiden Spielzeiten bei Barça war Dembélé fast 220 Tage im Krankenstand. Und gab Anlass zu Zweifeln an einem profihaften Lebenswandel: durchdaddelte Nächte an der Konsole, falsche Ernährung trotz Privatkoch, Nachtruhe auf dem Fußboden - man erzählt so einiges über ihn.

Die Malaise Dembélés heißt freilich nicht, dass jemand in Barcelona dem anderen Neymar-Ersatz, Philippe Coutinho, nachweinen würde. Zur Erinnerung: Der Brasilianer wurde soeben an den FC Bayern verliehen, nachdem er bei Barça anderthalb Jahre lang eine Enttäuschung war, wie die Sportzeitungen ihm nun nachriefen. Barça gab Coutinho zu einem "Freundschaftspreis" ab, wie Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge dieser Tage sagte. Das stimmt einerseits (die Leihgebühr beträgt überschaubare 8,5 Millionen Euro), andererseits kamen die Bayern Barça auch entgegen.

Der deutsche Rekordmeister übernahm das Jahresgehalt Coutinhos (das in Spanien bei zwölf Millionen Euro netto lag) und unterschrieb die nicht bindende Kaufoption über 120 Millionen Euro. Mit dieser Option wiederum ging Barça zu den Banken, um sie als Bürgschaft zu hinterlegen. In der Hoffnung, über Kredite doch noch das Geld zusammenzukratzen, um Messis großen Wunsch zu erfüllen: die Rückkehr Neymars. Doch ob diese für den Betriebsfrieden wichtige Operation gelingt?

Barcelona blitzte bei Paris wegen Neymar bislang ab

Barcelona blitzte unter der Woche mit einem ersten förmlichen Angebot in Paris ab, es sah eine zweijährige Leihe mit bindender Kaufoption im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich vor. Dass diese erst fällig würde, wenn der jetzige Präsident Josep Maria Bartomeu abgetreten ist, stieß vielen barcelonistas auf. Aber: Bartomeu ist offenbar entschlossen, Geld in die Hand zu nehmen, um sich mit dem Champions-League-Titel im Fußball (und der EuroLeague im Basketball) zu verabschieden. Er darf sich nicht zur Wiederwahl stellen.

Derweil liegt Erzrivale Real Madrid in Sachen Neymar in Lauerstellung. L'Équipe berichtete am Donnerstag, Real habe vorgeschlagen, für Neymar 100 Millionen Euro cash zu zahlen und drei Spieler draufzulegen: Torwart Navas, Stürmer Bale und den vormaligen Bayern-Profi James. "Paris will mehr", schrieb das Blatt. Das hieße im Umkehrschluss, dass Barça wohl raus wäre, so flüssig ist der Klub nicht. Womit wir wieder beim verpatzten Saisonauftakt wären.

Denn dass Barcelona in Bilbao blass blieb, hat auch mit der Vorbereitung zu tun. Barça bestritt nur fünf Testspiele, vier davon in Japan und in den USA. Dort kann Barcelona mehr Geld generieren als in Europa. Und Barça benötigt jeden Euro - um die hohen Gehälter zu finanzieren oder auch den teuersten Zugang des Sommers: 120-Millionen-Mann Antoine Griezmann, von dem man noch nicht weiß, ob er mit Messi kongenial aufspielt. Oder ein ähnliches Schicksal erleidet wie Coutinho.

Für Barça war Coutinhos Abschied in anderer Hinsicht ein Segen: Im Mittelfeld hat Trainer Valverde ein Überangebot an Spielern zu verwalten. Zugang Frenkie de Jong (Ajax Amsterdam) muss sich mit Sergio Busquets, Ivan Rakitic, Arturo Vidal, Carles Aleña, Riqui Puig, Sergi Roberto und Rafinha um drei Planstellen balgen. Klingt nach weiterer Unruhe: Der Markt schließt Anfang September. Die Zeit bis dahin wird von Debatten über mögliche Abwanderungen geprägt sein.

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