Bayern-Basketballer in der Euroleague:Spiel des Jahres im Rachen des Hais

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Auf dem Sprung: Münchens Nick Weiler-Babb (re.) sucht gegen Barcelonas Rokas Jokubaitis die Lücke. (Foto: Markus Fischer/Passion2Press/Imago)

Barcelonas Millionenprofis sind im vierten Playoffduell gegen die meisterhafte Münchner Defensive teils chancenlos. Die Bayern haben nun tatsächlich die Möglichkeit aufs Final Four - Trainer Trinchieri findet große Worte.

Von Ralf Tögel, München

Das standen sie nun, Alex Abrines und Nikola Mirotic, inmitten der 6500 frenetisch jubelnden Menschen im ausverkauften Audi Dome. Laut diskutierend, Abrines fuchtelte mit den Armen, Mirotic zuckte mit den Schultern. Fast fünf Minuten waren schon gespielt in der zweiten Halbzeit und auf der Anzeigentafel leuchteten mickrige 25 Punkte für den FC Barcelona. Für die beste Mannschaft der Hauptrunde, für diesen so offensivstarken und edel besetzten Kader.

Zur Erinnerung: Abrines und Mirotic beispielsweise wurden vor drei Jahren aus der NBA geholt, Mirotic, der gebürtige Montenegriner mit spanischem Pass, verzichtete sogar auf einen deutlich höher dotierten Vertrag in der NBA. Gleichwohl ist er mit einem kolportierten Jahressalär von mehr als vier Millionen Euro der bestbezahlte Profi Europas - und wohl auch der beste Spieler. Aber selbst der 31-Jährige wusste keine Antwort gegen diese wie entfesselt aufspielende Mannschaft des FC Bayern. Letztlich blieben alle Bemühungen vergebens, Barça musste in der Euroleague-Viertelfinal-Serie mit der 52:59-Niederlage den Ausgleich zum 2:2 hinnehmen.

Nun kämpfen die Katalanen in der entscheidenden fünften Partie der Best-of-five-Serie am kommenden Dienstag (21 Uhr) im Palau Blaugrana um den Einzug ins Final Four. Das Mindestziel, denn diese Mannschaft, in der Abrines und Mirotic keineswegs die einzigen Topspieler mit NBA-Vergangenheit sind, wurde für den Gewinn der europäischen Krone zusammengestellt. Der letzte Titelgewinn liegt für einen Klub mit diesem Selbstverständnis unerhörte 12 Jahre zurück.

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Freilich ist diese Aussicht nach dieser Leistung auch für den FC Bayern keineswegs utopisch, für einen Kader, dem das Erreichen des Viertelfinales zum zweiten Mal in Folge schon ein großer Erfolg ist. Es wäre der nächste Meilenstein in der Historie der Abteilung, auch wenn man Superlativen sparsam sein sollte, darf man sagen: eine kleine Sensation. Die Gastgeber zeigten sofort, dass sie sich nicht mehr überraschen lassen von der Wucht der spanischen Offensive, wie bei der 66:75-Niederlage am Mittwoch. Das erste Viertel ging mit 18:13 Punkten an die Münchner, zur Pause führten sie 36:25.

Nach dem Wechsel schwoll der Vorsprung gar auf 19 Punkte an, vor dem letzten Viertel betrug er noch deren 14 (50:34), ehe die Katalanen in der Schlussphase noch einmal näher kamen. Es war ein Triumph des Kollektivs über die individuell besseren Gäste, vor allem die Abwehrarbeit brachte Barça immer wieder zum Schulterzucken. Trainer Sarunas Jasikevicius fand deutliche Worte für die Vorstellung seiner Mannschaft: "Ich habe mich geschämt für das, was meine Spieler heute geboten haben." Ohne sich selbst aus der Pflicht zu nehmen: "Es war meine Aufgabe, die Mannschaft auf das Spiel vorzubereiten, auch das war beschämend."

"Wenn eine Mannschaft so auf eine Niederlage antwortet, dann ist der Himmel die Grenze", frohlockt Trainer Andrea Trinchieri

Die Analyse des Münchner Kollegen klang erwartungsgemäß freundlicher, Andrea Trinchieri übertraf sich geradezu im Loben, was ansonsten nicht unbedingt seine Lieblingsdisziplin ist, denn der Perfektionist entdeckt immer etwas Verbesserungswürdiges. Nicht so am Dienstagabend: "Das ganze Team hat eine maximale Leistung gebracht. Ich habe heute alles genossen, den Einsatz, die Konzentration, die Aufmerksamkeit."

Folglich wollte Trinchieri keinen Spieler herausheben, zumal in der Tat jeder Einzelne einen Beitrag geleistet hatte. Nick Weiler-Babb stach etwas hervor, denn der Abwehrspezialist wird auch in der Offensive immer besser und war mit 12 Punkten Topscorer. FCB-Geschäftsführer Marko Pesic verglich den Spielmacher mit einem Schweizer Messer, universell einsetzbar: "Er kann überall spielen und wird im Angriff immer besser."

Die Defensive war indes einmal mehr das Prunkstück dieser Bayern-Mannschaft, geführt von Routinier Othello Hunter, dem einzigen Akteur, der die Euroleague schon einmal gewonnen hat. Dass die Bayern die Angriffswucht von Barcelona aber derart im Keim zu ersticken wussten, ließ selbst den kritischen Trainer frohlocken: "Wenn eine Mannschaft so auf eine Niederlage antwortet, dann ist der Himmel die Grenze." Ihm fehlen die Worte, befand er noch, vielleicht helfe eine Flasche Wein dabei, die Zunge wieder zu lösen, "oder zwei".

Für die Partie in Barcelona ändere sich indes nichts am Außenseiter-Status seiner Auswahl, schließlich gastiere der Hauptrunden-Achte beim Primus: "Wir müssen in den Rachen des Hais", sagte Trinchieri noch, ehe er sich auf die Suche nach eine edlen Tröpfchen machte.

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