Europa League:Tankgutschein für fünf Euro

Lesezeit: 3 min

Leidenschaftlich kämpfen die Klubs um die Europa League - als Belohnung winkt ein kaum rentabler Wettbewerb.

Christof Kneer

Wenn es gut gegangen ist, werden die Spieler am 34. Spieltag ihre Arme in die Höhe reißen, Trainer und Manager werden sich die Hände schütteln. Anschließend werden sie vor die Mikrofone treten und mit seligem Lächeln verkünden, dass man das Saisonziel erreicht habe: den internationalen Wettbewerb.

Ruud van Nistelrooy beim Hinspiel im Europa-League-Halbfinale. (Foto: Foto: dpa)

"Wir sind glücklich, den internationalen Wettbewerb erreicht zu haben" - in der Liga ist das längst ein Branchencode, eine Art Geheimsprache, die übersetzt ungefähr so viel bedeutet wie: Mist, wir haben die Champions League verpasst! "Der internationale Wettbewerb" ist ein Synonym für die kleine Schwester der Champions League, die Europa League, die mit Mädchennamen Uefa-Cup hieß.

Dieser Wettbewerb ist der kauzigste, den der Fußball zurzeit zu bieten hat, was sich am Bundesliga-Schlussspurt wunderschön erkennen lässt. 34 Spieltage lang rackern sich die Dortmunds, Stuttgarts, Hamburgs und Wolfsburgs leidenschaftlich ab, und kaum dass sie im Erfolgsfall fertiggejubelt haben, merken sie, was sie sich da für einen Wettbewerb angelacht haben: Sie müssen donnerstagabends spielen, kommen ramponiert aus Kasan oder Athen zurück, und dann müssen sie 40 Stunden später schon wieder ein Liga-Spiel bestreiten oder - auch nicht schön - auf den ungeliebten Sonntagstermin ausweichen. Der Branchencode hierfür heißt: "Doppelbelastung", und er wird eigentlich nur akzeptiert, wenn er mit dem Branchencode "Zusatzeinnahmen" gekoppelt ist. Aber ach: Geld verdient man ja auch keines in der Europa League. Oder: fast keines.

"Im Grunde ist dieser Wettbewerb ein Nullsummenspiel", sagt Dieter Hoeneß, der Manager des VfL Wolfsburg. Eine Million Euro hat sein VfL eingenommen, wobei es, wie Hoeneß zugibt, "immer drauf ankommt, wie man rechnet". Rechnet man es so, dass man von der Million die Einsatzprämien für die Profis abzieht, "bleibt nicht mehr viel übrig".

Für die Klubmanager ist es keine leichte Übung, über die Europa League zu sprechen. Sie wollen diesen Cup "ja nicht schlecht reden", wie Bremens Klaus Allofs sagt, "wir dürfen es nicht aufs Geld reduzieren". Das im vorigen Sommer installierte neue Format dieses Wettbewerbs gefällt ihnen ja durchaus, der neue Name, die einheitlichen Anstoßzeiten, das verbesserte Image, das attraktive Teilnehmerfeld, grundsätzlich auch die zentrale TV-Vermarktung; dennoch finden die Manager, dass die Fans ruhig wissen sollten, warum man in diesem Wettbewerb die Kader eher verschlankt statt aufbläht.

"Ob man Vierter oder Siebter wird, ist für die Personalplanung ja fast unerheblich", sagt Stuttgarts Horst Heldt. Zum Vergleich: In der Europa League kassieren Klubs ein Startgeld von 600.000 Euro (Champions League: 3,8 Millionen), als Siegprämie werden 120.000 Euro überwiesen (Champions League: 800.000). So gilt unter Managern längst die Faustregel, dass man in der Europa League sicherheitshalber das Viertelfinale erreichen sollte. "In der Champions League dagegen bist du sofort in der Gewinnzone", sagt Heldt, der die finanzielle Diskrepanz zwischen Champions League und Europa League "katastrophal" nennt. "Denn die Ausgaben bleiben ja dieselben", sagt Heldt, "ein One-way-Flug nach Moskau wird in der Europa League auch nicht billiger."

So bezieht der Kampf um Europa Spannung aus beiden Richtungen: Während Stuttgart, Hamburg und Wolfsburg um Platz sechs wetteifern, spekulieren Dortmund, Leverkusen und Bremen auf den dritten Rang, der die Champions-League-Qualifikation garantiert. Dieses Rennen ist fast noch dramatischer: Denn wer Platz drei verpasst, darf sich fühlen wie ein Tombola-Teilnehmer, der mitansehen muss, wie ein Kollege den Sportwagen abschleppt, während man selbst den Trostpreis in Form eines Tankgutscheins über fünf Euro gewinnt.

"Es wäre sinnvoll, vom Champions-League-Kuchen ein bisschen was wegzunehmen und auf die Europa League zu verteilen", sagt Heldt, der "die Uefa gefordert" sieht. Dieter Hoeneß regt derweil an, "das Verursacher-Prinzip" in der zentralen TV-Vermarktung "angemessener zu berücksichtigen". Er findet, dass "die großen Verbände die kleinen im Moment subventionieren", er findet, dass für Länder wie Deutschland, in denen höhere Fernseh-Einnahmen erzielt werden, "auch mehr ausgeschüttet werden müsste".

Dennoch wollen Heldt, Hoeneß und Kollegen am Ende alle dasselbe: "Rein in diesen Wettbewerb", wie Hoeneß sagt. Sie kennen ja auch die indirekten Faktoren. "Eine europäische Teilnahme rückt einen Klub ins rechte Licht", sagt Heldt; "der Cup steigert den Marktwert der Spieler und die Attraktivität für Sponsoren", sagt Hoeneß. Und außerdem, meint Hoeneß, sei dieser gut besetzte Wettbewerb "doch ein prima Trainingslager für die Champions League".

© SZ vom 24.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Europa League: Hamburg - Fulham
:Kein Durchkommen

Der HSV fand kein Mittel gegen die Abwehr des FC Fulham. Jetzt droht der Traum Finale im eigenen Stadion zu platzen. Atletico Madrid machte es gegen Liverpool besser.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: