Final Four der Basketball-Euroleague:Schmonzette am Rhein

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In Köln daheim - unter dem Korb zu Hause: Tibor Pleiss (links) traf in der Euroleague auch auf Alba Berlin und Johannes Thiemann. (Foto: Tilo Wiedensohler/Camera 4/Imago)

Basketballer Tibor Pleiss hat beim Finalturnier der europäischen Königsklasse an diesem Wochenende ein Heimspiel in Köln - und will mit einigen deutschen Vorbildern gleichziehen.

Von Jonas Beckenkamp

Sollte Tibor Pleiss an diesem Wochenende ein paar freie Minuten finden, führt sein Weg ganz bestimmt an einen Fluss. Ein Spaziergang mit Freunden am Rhein, Blick auf die Deutzer Brücke von der Schäl Sick aus, für Pleiss ist das Heimat, er kam in Bergisch-Gladbach zur Welt und wuchs an der Aachener Straße in der Kölner Innenstadt auf. "Ich wäre happy, wenn sich die ein oder andere Tür öffnet und ich raus kann", sagt er. "Bei uns gilt ja: Home is where the Dom is."

Pleiss, 31, ist nicht irgendein Kölner, sondern mit seinen 2,21 Metern einer der längsten. Wenn er durch die Stadt spaziert, reiht er sich irgendwo zwischen dem Fernsehturm und den Kranhäusern ein. Nur: Es dürfte pandemiebedingt eng werden mit dem Müßiggang.

Denn das Protokoll sieht für den Basketballer vor, sich von Freitag bis Sonntag hauptsächlich zwischen Hotel und Lanxess Arena im Kölner Osten zu bewegen. Dort tritt Pleiss mit seinem Verein Anadolu Efes Istanbul beim Final Four der Euroleague an, der europäischen Königsklasse und weltweit zweitstärksten Liga nach der NBA.

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Pleiss gewann im Ausland Meisterschaften und Pokale, aber er ist immer Kölner geblieben

Freitagabend steigt der Showdown im Halbfinale gegen ZSKA Moskau, wo Pleiss sich im direkten Duell mit einem anderen Deutschen duelliert: dem Thüringer Johannes Voigtmann, Center beim russischen Großklub. Zwei Basketballer Made in Germany unter Europas Besten, das kommt nicht allzu oft vor - und diesmal wird am Ende sogar einer um den Titel spielen. Viel mehr geht abseits der amerikanischen Profiliga NBA nicht.

Sollte es Pleiss ins Finale schaffen, wäre es "das Allergrößte in meiner Laufbahn", das sagt er ohne eine Sekunde zu grübeln, "daheim in Köln, das wäre das absolute Nonplusultra." Der größtmögliche Triumph an dem Ort, wo alles angefangen hat: Die Geschichte taugt zur Schmonzette.

Während einer Corona-Infektion und einer mehrwöchigen Verletzungspause hatte er zuletzt Zeit, alles Revue passieren zu lassen. Insgesamt sei es doch "großartig gelaufen" mit der Karriere, findet Pleiss. Bundesliga (BBL) in Bamberg, NBA in Utah, dazu Barcelona, Valencia, Istanbul - er sah die Welt, lernte Neymar (als Klubkollege bei Barça) und Lukas Podolski kennen (als beide für Galatasaray spielten). Er gewann Meisterschaften und Pokale, war Nationalspieler. Aber, das verrät seine spürbare Vorfreude, er ist immer Kölner geblieben.

Seine ersten Körbe warf er als Kind am Grüngürtel, sein Vater hatte ihm mit Treuepunkten an der Tankstelle einen Ball besorgt. Auf dem Nike-Platz zwischen Belgischem Viertel und Ehrenfeld wuchs Pleiss zu einer veritablen Größe heran. 2007 debütierte er bei den Köln 99ers in der BBL. Jetzt also die Rückkehr zum Schlussspektakel der Euroleague. Dieses knochenharte Turnier will er endlich gewinnen.

Knapp 40 Partien liegen hinter den letzten vier Teams, zu denen neben Istanbul und Moskau auch der FC Barcelona und Olimpia Mailand zählen. Der FC Bayern scheiterte im Viertelfinale knapp an den Italienern, Pleiss setzte sich mit Efes ebenso in fünf Partien gegen Real Madrid durch. Als Center kümmert er sich im vielseitigen Kollektiv der Türken seit 2018 um Rebounds, Blocks und alles, was in Korbnähe verwertbar ist.

Das Niveau und die Konkurrenz in der Euroleague sind beachtlich

Drei Jahre Klubzugehörigkeit sind ungewöhnlich lange, denn in der Euroleague ziehen Profis oft schon nach einer Saison weiter. Sie streben nach mehr Gehalt, einer prominenteren Rolle oder mehr Glamour in den USA - nicht so Pleiss. Er legt mittlerweile Wert auf Kontinuität. "Ich habe mich bei Efes von Anfang an wohl gefühlt, wir hatten Erfolg, die Teamchemie passte", erzählt er, "und die türkische Kultur kenne ich vom Kölner Multikulti bestens: Ich bin mit Döner aufgewachsen."

Er versteht sich gut mit Spielmacher Shane Larkin, dem wohl schnellsten Basketballer Europas. Doch auch Akteure wie der frühere Münchner Vasilije Micic oder Dirk Nowitzkis ehemaliger NBA-Kollege Rodrigue Beaubois agieren bei Efes schon länger zusammen.

Auch dank solcher Profis hat sich der Basketball in Europa entwickelt. Das Niveau und die Konkurrenz in der Euroleague sind beachtlich - nur die Deutschen haben am Ende meist nur zugeschaut. Der einzige deutsche Sieger des Wettbewerbs heißt Patrick Femerling, der 2003 mit Barcelona triumphierte. Pleiss kennt ihn noch aus seinen ganz jungen Jahren: "Mit ihm habe ich im Nationalteam gespielt, super Spieler, tolle Karriere."

Wenn man es genau nimmt, gibt es noch zwei weitere Deutsche, die in Vorgänger-Formaten der Euroleague erfolgreich waren: Christian Welp holte mit Olympiakos 1997 die "Fiba Euroleague", als der Weltverband noch selbst als Ausrichter fungierte. Drei Jahre später schaffte Michael Koch das Gleiche mit Panathinaikos. Mit diesen Vorbildern des deutschen Basketballs kann Pleiss nun gleichziehen. Sein Anspruch ist klar: "Mit einem Euroleague-Titel könnte ich mich in den Geschichtsbüchern festsetzen." Und Köln hätte endlich wieder einen richtig großen Sieger.

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