DFB-Team und FC Bayern:Ein Fall für zwei

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Betreuen gerade die beiden einflussreichsten Mannschaften des Landes: Hansi Flick und Julian Nagelsmann. (Foto: Frank Hoermann/imago images/Sven Simon)

Der deutsche Fußball hat das nicht geplant, aber er hat jetzt zwei Trainer am rechten Fleck: Dank Hansi Flick und Julian Nagelsmann könnten die deutsche Nationalmannschaft und der FC Bayern voneinander profitieren wie selten zuvor.

Kommentar von Christof Kneer

Als sich Hansi Flick und Julian Nagelsmann zum ersten Mal als Profitrainer duellierten, gab es keinen Sieger. Das Spiel, das sich der FC Bayern (Flick) und RB Leipzig (Nagelsmann) im Februar 2020 lieferten, dürfte als eines der unentschiedensten Unentschieden in die Bundesliga-Geschichte eingegangen sein. Dieses Spiel konnte sich einfach nicht zwischen den beiden Mannschaften entscheiden und endete sicherheitshalber 0:0.

Mindestens so unentschieden wie das Resultat lasen sich später die Rezensionen. Keiner der beiden Trainer hatte das Spiel verloren, aber auch ein Sieger ließ sich nicht ermitteln, nicht mal ein gefühlter. Nach welchen Kriterien hätte sich so ein Sieg auch bemessen lassen sollen? Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand, was dieser Flick für ein Trainer ist: War er, obwohl schon knapp 55, noch ein Cheftrainer-Anfänger, nach gerade mal drei Monaten auf der Bayern-Bank? Oder war er der Vollprofi mit der jahrzehntelangen Erfahrung, der als Bayern-Spieler mal von Maradona umgehauen wurde und sich von einem vorwitzigen Trainertalent wie diesem Nagelsmann bestimmt nicht austricksen lassen würde?

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Flick war damals beides, Routinier und Rookie, und jetzt, nicht mal zwei Jahre später, ist er deutscher Bundestrainer. Und Nagelsmann steht nicht mal mehr im entferntesten Verdacht, ein vorwitziges Trainertalent zu sein. Er ist, obwohl immer noch erst 34, unumstrittener Cheftrainer beim FC Bayern.

Ohne es zu wissen, hat das unentschiedene Bundesligaspiel vom Februar 2020 jene beiden Männer zusammengeführt, auf die es jetzt ankommt. Nun, da Flick sein letztes Länderspiel-Aufgebot im Jahr 2021 veröffentlicht hat, fällt erst recht auf, wie sehr der deutsche Fußball gerade dabei ist, ein Fall für zwei zu werden.

Es ist wie in der Autoindustrie: Zum altbewährten Wissen kommen die Ideen der modernen Ingenieurs-Generation

Die Geschichte klingt bekannt, aber es könnte sich lohnen, sie sich etwas genauer anzuschauen. Im Kern ist es noch die Story, die Uli Hoeneß immer so genüsslich erzählt hat: dass es der Nationalmannschaft immer dann gut geht, wenn es dem FC Bayern gut geht - weil die Nationalmannschaft einfach die tollen Bayern-Spieler nehmen und mit ihnen gegen Liechtenstein gewinnen darf. Auch Flicks aktuelles Aufgebot ist Zeugnis jener historischen Blockbildung (acht Bayern-Spieler), aber in der Neufassung der Geschichte geht es nicht mehr nur um die Quantität. Es geht um Qualitäten, die sich ergänzen und aufeinander aufbauen.

Der deutsche Fußball hat das nicht geplant, aber er hat jetzt zwei Trainer am rechten Fleck. Auf die Heynckes-Art hätte Flick vermutlich eine Ära beim FC Bayern prägen können, aber sein Ansatz "so viel Pragmatik wie möglich, so viel Finesse wie nötig" passt noch besser zum Profil eines Turniertrainers, der klare und effiziente Entscheidungen treffen muss. Derweil kann Nagelsmann die von Flick auf klassische Art wiederbelebten Bayern-Spieler taktisch weiterbilden und zum Beispiel kreative Positionen für Leroy Sané erfinden. Man kann sich das wie in der Autoindustrie vorstellen: Für die modernen E-Antriebe braucht es die Ideen einer neuen Ingenieurs-Generation, aber immer auf der Basis des altbewährten Wissens.

Man darf davon ausgehen, dass sowohl die Nationalmannschaft als auch der FC Bayern von diesem wechselseitigen Wissens- und Emotionstransfer profitieren und im Idealfall aneinander emporwachsen werden. Was der deutsche Vereinsfußball davon hält, ist eine andere Sache.

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