4:1 gegen Freiburg:Ein Festtag für Wolfsburg und den Frauenfußball

4:1 gegen Freiburg: Antreiberin in allen Bereichen: Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp führt die Feierlichkeiten nach dem zehnten Pokalsieg an.

Antreiberin in allen Bereichen: Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp führt die Feierlichkeiten nach dem zehnten Pokalsieg an.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Der VfL schießt sich in einem ausverkauften Kölner Stadion mit einem 4:1 zum Pokalsieg gegen Freiburg. Das Endspiel strotzt nur so vor Rekorden.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Alexandra Popp war heiser am Donnerstagabend. Das war aber ein gutes Zeichen. Die Kapitänin vom VfL Wolfsburg hatte viel schreien müssen während des DFB-Pokalendspiels, weil das Kölner Stadion erstmals zu diesem Anlass mit 44 808 Zuschauern ausverkauft und entsprechend laut war. Popp freute sich nach dem 4:1 (1:1)-Sieg gegen den SC Freiburg folglich nicht nur über den zehnten Pokaltriumph ihres VfL, sondern auch über die enorme Anteilnahme. "Jetzt sieht man erst mal, was wir mit der EM letztes Jahr ausgelöst haben", krächzte die 32-Jährige, die nie nur um persönliche Erfolge kämpft, sondern immer auch um die Etablierung des Frauenfußballs.

Für Popp, Wolfsburg und den deutschen Frauenfußball war es also ein Festtag. Die Freiburgerinnen waren natürlich ein bisschen enttäuscht, werden die Finalteilnahme nach Auskunft ihrer Ehrentorschützin Janina Minge aber in stolzer Erinnerung behalten. Die Trainerin Theresa Merk lobte die Leistung ihrer Mannschaft, fand das etwas zu hoch ausgefallene Ergebnis aber schon "bitter".

Besonders intensiv liebkost wurde die Trophäe von der Wolfsburger Torhüterin Merle Frohms, die zwar schon zum achten Mal in einem Pokalfinale gestanden hat und zum sechsten Mal mit Wolfsburg gewann, aber erstmals auch wirklich im Tor stand und nicht bloß auf der Bank oder der Tribüne saß.

Dieses 43. DFB-Frauenfinale strotzte vor Rekorden. Vor der beeindruckenden Rekordkulisse gewann Wolfsburg mit dem 45. Sieg in einem Pokalspiel nacheinander zum neunten Mal in Serie den DFB-Pokal und zum zehnten Mal insgesamt, wodurch der Klub nun alleiniger Pokalrekordhalter ist vor dem früheren 1. FFC Frankfurt mit neun Titeln. "Aller guten Dinge sind zehn", stand auf einem Banner am Wolfsburger Fanblock. "Rekord", stand auf den T-Shirts der Spielerinnen. Individuelle Pokalfinalsieg-Rekordhalterin war schon vor diesem Finale die Angreiferin Popp gewesen, die seit 2009 zwei Mal mit Duisburg und jetzt zehn Mal mit Wolfsburg triumphierte und mit zwölf Pokaltiteln ihrem Klub sogar zwei voraushat. In ihrem 50. Pokalspiel erzielte sie in der 84. Minute den Treffer zum 3:1.

Die dem Pokalfinale vorausgegangene 0:4-Bundesliga-Klatsche in Frankfurt, die den VfL vermutlich die deutsche Meisterschaft gekostet hat, weil Bayern München am Samstag alles klarmachen kann, war den Wolfsburgerinnen nicht anzumerken. Sie wirkten eher umso fokussierter, schließlich wollen sie nach dem so gut wie verlorenen Triple nun wenigstens das Double sichern. Dazu benötigen sie nach dem Pokalsieg auch einen Triumph in der Champions League, in deren Endspiel sie am 3. Juni in Eindhoven auf den FC Barcelona treffen. Erst dies wird ihr wichtigstes Spiel der Saison, denn der letzte Champions-League-Titel ist neun Jahre her und drei Finalteilnahmen gingen seither verloren.

Erster VAR-Einsatz im Frauen-Pokalfinale

"Genießt es!", hatte Freiburgs Trainerin Merk, 33, ihren Spielerinnen mit auf den Weg ins vibrierende Stadion gegeben, doch der Genuss erhielt einen frühen Dämpfer, als die Freiburgerinnen dem VfL bei der 1:0-Führung sogar behilflich waren. Als Wolfsburgs Außenverteidigerin Lynn Wilms in der 4. Minute einen Ball vors Tor brachte, kam die Torhüterin Gabrielle Lambert nur mit dem Fuß heran und lenkte den Schuss unglücklich an die eigene Abwehrspielerin Lisa Karl ab, sodass der Ball ins eigene Tor prallte. Die Kanadierin Lambert war in der Winterpause als Notfallhilfe aus Montpellier verpflichtet worden, und im Pokalfinale war dieser Notfall nun eingetreten, weil in Lena Nuding und Rafaela Borggräfe beide Torhüterinnen verletzt ausfielen.

Merk war in den vergangenen Jahren eine der ganz wenigen weiblichen Absolventen des DFB-Fußballtrainerlehrgangs und arbeitete danach zwei Jahre als Co-Trainerin in Wolfsburg. Sie gewannen in dieser Zeit zwei Mal den DFB-Pokal, und etwas von dieser Finalmentalität muss Merk aus Wolfsburg mitgebracht haben, denn die Freiburgerinnen wehrten sich gegen die übermächtigen Wolfsburgerinnen derart hartnäckig, dass die torgefährliche Streifenpolizistin Janina Minge in der 42. Minute per Kopf zumindest den 1:1-Pausenstand erzielte.

Erst nach der Halbzeit kam bei Wolfsburg die Legende Ewa Pajor ins Spiel, die der Trainer Tommy Stroot zu Spielbeginn aus taktischen Gründen auf der Bank belassen hatte. Das Wolfsburger 2:1 in der 57. Minute entpuppte sich dann passenderweise als Kombination von Pajor und der für sie in die Startelf berufenen Rebecka Blomqvist, als Pajor erst nur den Pfosten traf und Blomqvist per Nachschuss einschob.

Nachdem Popp das 3:1 geköpfelt hatte, wurde ein Handelfmeter in der 89. Minute, den Dominique Janssen zum 4:1-Endstand verwandelte, von der Schiedsrichterin Fabienne Michel nach einem Videostudium am Spielfeldrand gegeben. Erstmals kam im Frauen-Pokalfinale nämlich der, pardon, die VAR zum Einsatz.

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