DFB-Pokal-Finale:Das Biest bleibt trocken

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Die Bayern zelebrieren beim DFB-Pokalsieg gegen Bremen ihre neue Ordnungsliebe. Die geht so weit, dass "Feierbiest" Louis van Gaal der Weißbierdusche entkommt - auch dank eines Tricks.

J. Aumüller, Berlin

Die Gelegenheit war eigentlich günstig. Diesmal mussten die Bayern-Spieler nicht wie vor einer Woche eine Einkreis-Taktik wählen oder zu wilden Verfolgungssprints ansetzen. Ihr Trainer Louis van Gaal hatte sich scheinbar schon selbst in die Falle gesetzt. Nur wenige Minuten nach dem 4:0 (1:0)-Sieg seiner Mannschaft im DFB-Pokal-Finale stand der Niederländer am Seitenrand und frohlockte im Fernseh-Interview über das souverän gewonnene neunte Double der Vereinsgeschichte - da nahte wenige Meter hinter ihm die Gefahr. Dutzende großer Weißbiergläser wurden angeschleppt, und es wäre ein Leichtes gewesen, dem durchs Interview abgelenkten van Gaal eine ordentliche Dusche zu verpassen.

Bayern-Trainer Louis van Gaal feierte den Pokalsieg mit seinen Spielern im Berliner Olympiastadion. Eine weitere Feier auf dem Münchner Rathausbalkon gibt es vorerst nicht - es sei denn, der FCB gewinnt auch die Champions League. (Foto: Foto: Getty)

Doch, oh Wunder, anders als vor einer Woche kam weder van Bommel noch Altintop, ja nicht einmal Schweinsteiger dem Trainer zu nahe. Eine Dusche vor laufender Kamera, das sollte dann doch nicht sein. Stattdessen beschütteten die Bayern-Spieler Co-Trainer Hermann Gerland, jagten den Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in den Katakomben hinterher und bespritzten einander ausgiebig. Und der diesmal trocken davongekommene Trainer? Der hatte, natürlich und wie immer, alles bestens geplant. "Deswegen bin ich schnell zu den Medien gegangen", sagte er schmunzelnd.

"Sehr hervorragendes Spiel"

Louis van Gaal hatte an diesem Abend, wieder einmal, allen Grund zur Freude. Dieses 4:0 (Tore: Robben per Handelfmeter, Olic, Ribéry, Schweinsteiger) gegen Bremen war eine Partie ganz nach seinem Geschmack, "ein sehr hervorragendes Spiel", wie er sagte, "eines der besten Spiele in diesem Jahr". Natürlich wegen des Ergebnisses, aber vor allem wegen der Art und Weise, wie seine Spieler dieses Ergebnis herausgespielt hatten.

In der ersten Hälfte zeigten die Münchner gegen überraschend defensiv eingestellte Bremer die gewohnte Spielkontrolle und erarbeiteten sich den gewohnten Ballbesitz. Einzig über die vielen ausgelassenen Torchancen mussten sie sich ärgern, doch als dann nach dem von Per Mertesacker verursachten und von Arjen Robben verwandelten Handelfmeter endlich das 1:0 gefallen war, kam die bayerische Maschine richtig ins Rollen. Nun mussten die Bremer offensiver spielen - und hatten die Bayern viel mehr Raum.

Spielkontrolle und Ballbesitz, diese Prinzipien haben sich im Verlauf der Saison tief eingefräst ins Bayern-Spiel. Wie sehr die Münchner diese Leitlinien verinnerlicht haben, ist schon oft beschrieben worden, weshalb van Gaal selbst in seiner Analyse lieber ein anderes seiner Lieblingswörter in den Mittelpunkt rückte: Ordnung.

"Wir waren nicht nur sehr gut, wenn wir im Ballbesitz waren, sondern auch, wenn der Gegner im Ballbesitz war", sagte der Trainer. Ganz besonders lobte er in diesem Zusammenhang zwei Spieler, die dem normalen Zuschauer zum Stichwort "Gegner im Ballbesitz" eher nicht einfallen: Franck Ribéry und Arjen Robben. "Wenn wir mit Ribéry und Robben spielen, haben wir manchmal ein Problem mit der Ordnung, aber heute haben sie in der Ordnung gespielt. Und wenn sie das machen, sind wir eine sehr starke Mannschaft."

Ribéry und Robben, die Freigeister, die nach vorne ihre kreativen Aktionen haben, aber sich in der Defensivarbeit das eine oder andere Päuschen gönnen, sind nun also gezähmt. Vor allem die Leistung des Franzosen war exemplarisch für dieses Fußball-Verständnis. Ribéry spielte gut, aber doch ganz anders als der Ribéry, der einst mit seinen Kabinettstückchen begeisterte. In der ersten Hälfte hatte der Franzose nach vorne nur zwei auffällige Szenen, dafür erkämpfte er sich den Ball auch schon mal am eigenen Strafraum. Van Gaals Urteil fiel entsprechend positiv aus: "Das war das beste Spiel von Franck".

Der Balkon bleibt leer

Ein Profiteur der neuen Ordnungsliebe war am Samstag erneut Philipp Lahm, der die Zähmung der Freigeister ausdrücklich lobte: "Alle spielen und denken offensiv mit, und alle spielen und denken defensiv mit. Ich denke, dass ist der Grund, warum wir in letzter Zeit so viele Spiele gewonnen haben und auch heute erfolgreich waren", sagt Philipp Lahm. Der Rechtsverteidiger war im Lauf dieser Saison war er schon so manches Mal bedauert worden, weil er auf seiner Seite ganz alleine die Defensivarbeit verrichten musste und sich Flankenpartner Robben nur um den offensiven Part kümmerte.

Auf eine öffentliche Feier in München müssen Lahm, Robben & Co. nach dem 15. Pokal-Triumph der Klubgeschichte verzichten. Van Gaal, selbst ernanntes Feierbiest und längst auch ein Anwalt der Fans, bedauert das. "Der DFB-Pokal-Sieg ist eine große Leistung. Ich finde es schade, dass wir am Sonntag nicht auf dem Balkon stehen."

Eventuell kann er die Feier bald nachholen: schon am nächsten Samstag steht in Madrid das Champions-League-Finale gegen Inter Mailand an. Sollte der FC Bayern auch dieses Finale gewinnen, wäre das erste Triple einer deutschen Mannschaft perfekt. Dann wird van Gaal mit keiner Überlistungstaktik der Welt die nächste Weißbierdusche umgehen können.

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