Deutsche Champions-League-Bilanz:Gesundes Wachstum zahlt sich aus

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Der deutsche Fußball ist konkurrenzfähiger geworden: Hier jubelt Bayer Leverkusens Ömer Toprak. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der deutsche Klubfußball ist konkurrenzfähiger geworden: Erstmals stehen vier Teams im Achtelfinale der Champions League. England hat das auch geschafft - doch die deutsche Strategie ist in einem wichtigen Punkt überlegen.

Ein Kommentar von Boris Herrmann

Erstmals in der Geschichte der Champions League stehen also vier deutsche Mannschaften im Achtelfinale. Darauf darf sich die Bundesliga ein bisschen was einbilden. Aber wirklich nur ein bisschen was. Ratsam wäre es, wenn die Liga in dieser historischen Stunde auch jene Menschen nicht vergäße, die ihr bei den letzten beschwerlichen Schritten ins Achtelfinale tatkräftig beiseite standen.

Hier wäre der Italiener Paolo Tagliavento zu nennen, aber auch der Franzose Steve Mandanda, der Engländer Phil Jones oder der Spanier Álvaro Negredo. Im Grunde gilt im Fußball, was auch in der Finanzpolitik gilt. Deutschlands Wachstum ist hausgemacht. Aber es ist auf Nachbarschaftshilfe aus ganz Europa angewiesen.

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Dieser Verein kann nur Drama: Borussia Dortmund verschleudert beste Chancen und steht knapp vor dem Abstieg in die Europa League - dann trifft Kevin Großkreutz mit einem "erwürgten Tor". Die Mannschaftskabine in Marseille wird spontan zur Partyzone erklärt.

Von Felix Meininghaus, Marseille

Schalke 04 kann sich bei Schiedsrichter Tagliavento bedanken, dass der zunächst Basels Abwehrspieler Ivanov wegen eines Allerweltsnotbremschens vom Platz stellte und später ein Tor anerkannte, bei dem halb Gelsenkirchen im Abseits stand. Dortmund bastelte fast eine Stunde lang gegen zehn Spieler aus Marseille an einem Kanon vergebener Chancen. Bei dem Tor, das schließlich das 2:1, brachte, ließ Keeper Mandanda den einzigen Ball ins Netz kullern, dem gar keine echte Chance vorausgegangen war. Leverkusen ist auch deshalb noch im Wettbewerb, weil Manchester-United- Profi Jones mit seinem 1:0 gegen Donezk ein Plätzchen für Bayer freiräumte.

Der FC Bayern wäre auch ohne fremde Hilfe weiter gekommen. Aber er hätte seinen Gruppensieg um ein Haar noch verdaddelt, wenn Manchester Citys Stürmer Negredo frei vor Neuer zum 4:2 getroffen hätten. Es hat mithin nicht viel gefehlt, dann stünde der Titelverteidiger aus München jetzt alleine im Wettbewerb da - als gepeinigter Gruppenzweiter. Und alle würden sich fragen: Was ist eigentlich mit dieser Bundesliga los?

Allerdings geht es im modernen Spitzenfußball fast ausschließlich um dieses "nicht viel", wenn über Sieg oder Niederlage verhandelt wird. Halbe Drehungen kleiner Schräubchen liegen oft zwischen historischen Triumphen und krachenden Niederlagen. Fortschrittsoptimisten können deshalb mit gutem Recht sagen: Vor zehn Jahren hätte kein Schraubstock der Welt, kein blinder Schiedsrichter und kein Torwartpatzer ausgereicht, um vier Bundesligisten in die K.o.-Runde der Champions League zu hieven.

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Die Zusammensetzung dieses Achtelfinales bestätigt einen Trend, der nicht mehr übersehen werden kann. Der deutsche Klubfußball ist in der Spitze (Bayern) und in der Breite (Dortmund, Leverkusen, Schalke) konkurrenzfähiger geworden. Man könnte das als Zwischenzeugnis gesunder Planwirtschaft bezeichnen. Die Engländer sind ebenfalls zu viert im Achtelfinale, haben in der Gruppenphase sogar sechs von acht Duellen gegen deutsche Teams gewonnen.

Der Trend spricht dennoch gegen sie, denn ihre Marktführerschaft fußt auf einer defizitären Importstrategie. Die deutschen Achtelfinalisten sind auf zentralen Positionen mit deutschen Spielern besetzt. Auf dieses Alleinstellungsmerkmal darf sich die Liga ruhig ein bisschen mehr als ein bisschen einbilden.

© SZ vom 13.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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