Deutschlands Basketballer mit Dennis Schröder:"Wir brauchen sein individuelles Talent"

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Wenn Dennis Schröder (Mitte) antritt, ist er schwer zu halten. Hier staunen Mateusz Ponitka, Tomasz Gielo und Dominik Olejniczak (v.l.). (Foto: Tilo Wiedensohler/Imago)

Ein stark veränderter Kader und ein Spielmacher, der 38 Punkte erzielt: Dennis Schröders Rückkehr ins Nationalteam begleiten grundlegende Fragen des Basketballs - wieviel kann einer alleine auf dem Parkett ausrichten?

Von Ralf Tögel

"Das sah schrecklich aus." Basketball-Nationalspieler Dennis Schröder sagte das nach dem WM-Qualifikationsspiel in Estland und lachte sein Zahnpasta-Lachen. Schröder bezog sich auf seine Wurfquote nach dem deutlichen 88:57-Sieg in Tallin gegen Estland. Der Magenta-Reporter widersprach nicht, denn in der Tat fand kaum ein Wurf des 28-Jährigen ins Ziel. 25 Versuche nahm sich Schröder, vier flutschten durch den Ring, der Rest ging daneben, darunter alle acht Dreier.

Kein Grund für Trainer Gordon Herbert, Schröder zwei Tage später im Heimspiel gegen die Polen dosierter einzusetzen, schließlich soll der NBA-Profi das deutsche Nationalteam bei der Heim-Europameisterschaft im September und auch bei der WM im nächsten Jahr anführen. Was auch sein Anspruch ist, wie Schröder immer wieder betont. Folglich stand der schillernde Guard wieder in der Anfangsformation. Und machte zunächst da weiter, wo er am Freitagabend aufgehört hatte: Er nahm sich den ersten Wurf und verfehlte das Ziel.

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Freilich wusste sich der deutsche Spielmacher in der Bremer Arena zu steigern, schon sein zweiter Versuch saß, schließlich fand Schröder im Spielverlauf immer besser seinen Rhythmus und führte die deutsche Nationalmannschaft mit seiner Karriere-Bestleistung im Nationaldress von 38 Punkten und einem starken letzten Viertel zu einem hart erkämpften 83:73-Erfolg. Damit geht die deutsche Auswahl mit 5:1 Siegen zusammen mit Israel (3:3) und Estland (2:4) in die zweite Qualifikationsphase.

Dort werden in einer Sechser-Gruppe mit Europameister Slowenien, Tabellenführer Finnland und Schweden drei WM-Fahrer ausgespielt, die sich für das Turnier (25. August bis 10. September 2023) in Japan, Indonesien und auf den Philippinen qualifizieren. Nach den Plänen von Bundestrainer Herbert mit Schröder als Leader, wie er nach dem zweiten Sieg am Wochenende nochmals klarstellte: "Wir brauchen sein individuelles Talent. Dennis hat eine enorme Leistung gezeigt."

Die polnischen Defensivspieler lassen Schröder unbehelligt aus der Distanz werfen, sie wollen Eins-gegen-eins-Duelle vermeiden

Es war augenscheinlich die Marschroute für die Partie gegen Polen, auf die individuelle Stärke seines Protagonisten zu setzen. Schröder trug die Angriffe nach vorne, der Ball wurde ein paarmal gepasst, Schröder bekam ihn zurück, zog zum Korb oder warf. Was auch viel mit der polnischen Defensive zu tun hatte, denn Trainer Igor Milicic hatte seinen Defensivspielern offensichtlich eingebläut, sich nicht auf ein Eins-gegen-eins-Duell mit dem pfeilschnellen Schröder einzulassen, das der Deutsche für gewöhnlich als Sieger beendet.

So stand der 28-Jährige immer wieder völlig unbehelligt hinter der Dreierlinie, was manchmal wie ein Wurftraining wirkte. 18 Mal drückte er ab, bei sieben Treffern, dazu kamen drei Körbe aus der Nahdistanz (bei sieben Würfen). Werte, die ordentlich Luft nach oben lassen. Entscheidend war, dass er sich im letzten Viertel steigerte, Polen führte 78:76, ehe Schröder mit zwei sicheren Dreiern die Wende einleitet.

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Das Spiel der deutschen Auswahl war keine Offenbarung, vermittelte aber eine Ahnung, wie es mit dem Anführer Dennis Schröder und seinem großen Talent funktionieren kann. Trainer Herbert erinnerte noch daran, lediglich dreimal mit kompletter Mannschaft trainiert zu haben, die sich zudem im Verglich zu den vorherigen Spielen stark verändert hatte. Hierin liegt ja die eigentlich Aufgabe des Bundestrainers, nämlich Konstanz in einen Kader mit immenser Fluktuation zu bekommen.

Wie seine Mannschaft bei den beiden nächsten WM-Qualifikationsspielen in Schweden (25. August) und in München (28. August, Audi Dome) gegen Europameister Slowenien, die gleichzeitig als Härtetest für die danach beginnende EM gelten, aussehen wird? "Ich habe noch keine Idee", sagte Herbert. Er habe sich auf das Hier und Jetzt konzentriert, jene Spieler also, die zur Verfügung standen: "Über den August habe ich noch nicht nachgedacht".

Dann soll die heiße Phase der Vorbereitung starten, mit dem Basketball-Supercup in Hamburg (mit Tschechien, Serbien und Italien) und den beiden Qualifikationsspielen. Mit welchen Spielern, das ist offen, Herbert sei im ständigen Dialog mit Kandidaten aus der Euroleague und der NBA. Es ist sogar gut möglich, dass sein Team bis dahin ein völlig neues Gesicht hat. Mit einer Ausnahme: Dennis Schröder ist gesetzt.

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