Champions League:Eine Kontroverse bringt das Dortmunder Aus

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Emre Can, Marco Reus und Nico Schlotterbeck (v. l.) bearbeiten Referee Danny Makkelie: All das half nichts, der BVB verlor in London. (Foto: Peter Cziborra/Action Images)

Verspätung, Verletzungen, VAR: Die Borussia scheitert mit einem 0:2 im Achtelfinal-Rückspiel in London - besonders Chelseas zweiter Treffer sorgt für großen Ärger. Kai Havertz ist der Matchwinner der Londoner.

Von Javier Cáceres, London

Borussia Dortmund hat am Dienstag unter tragischen und kontroversen Umständen, aber nicht unverdient die Segel in der Champions League streichen müssen. Der Tabellenzweite der Bundesliga unterlag dem FC Chelsea 0:2 - und gab damit den 1:0-Vorsprung aus dem Achtelfinalhinspiel aus der Hand. Zu den stärksten Kräften der Londoner zählte Chelseas deutscher Nationalspieler Kai Havertz, der vor allem in der ersten Halbzeit glänzte - und kurz nach der Pause per umstrittenem Handelfmeter das 2:0 erzielte. Das 600-Millionen-Euro-Projekt von Chelseas US-Investors Todd Boehly, das wegen der Fehlschläge in der Liga Spott auf sich zog, bleibt damit am Leben. Die Dortmunder müssen sich nun notgedrungen auf den Titelkampf in der Bundesliga und den DFB-Pokal konzentrieren.

Der Spieltag hielt für die Dortmunder eine Anekdote und zwei nachgerade dramatisch schlechte Nachrichten parat. Die Posse war, dass die Expedition der Dortmunder mit einer zehnminütigen Verzögerung an der Stamford Bridge ankam. Das hatte weder mit dem Navigator noch mit dem Linksverkehr zu tun - die Dortmunder wurden lediglich Opfer des berüchtigten Feierabendverkehrs, der vor fast zehn Jahren die deutsche Nationalelf bei einem London-Besuch dazu verleitete, die Metro zu nutzen. Die Verspätung der Dortmunder führte zu einer Vertagung der Partie. Doch das war nichts im Vergleich zu den personellen Rückschlägen, die der BVB zu verdauen hatte.

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Vor der Partie stand fest, dass der zuletzt so häufig glänzende Stammtorwart Gregor Kobel passen musste. Die muskulären Probleme, die er vor der Bundesligapartie gegen RB Leipzig beim Aufwärmen verspürt hatte, waren auch am Dienstag nicht überwunden. Wie schon gegen Leipzig (und zuvor in vier Champions-League-Partien) stand Alexander Meyer im Tor. Nicht nur wegen der ansprechenden Art, in der Meyer seine Aushilfstätigkeit verrichtete, wog weit schlimmer, was sich nach nur drei Minuten vollzog. Julian Brandt fasste sich an die Hinterseite des Oberschenkels - und musste für Giovanni Reyna ausgewechselt werden. Damit waren die Dortmunder eines erheblichen Teils ihrer Phantasie und Eleganz beraubt.

Was folgte, war eine Halbzeit, in der Dortmund ein Spielzeug in den Händen einer Chelsea-Mannschaft war, die in der Premier League kein Bein auf die Erde bekommt. Abzüglich eines formidablen Freistoßes von BVB-Kapitän Marco Reus, den Chelseas spanischer Torwart Kepa Arrizabalaga nach einem langen Flug aus der rechten Ecke fischte, sorgte lediglich Chelsea für Gefahr.

Dortmund hat erst Glück und dann Pech gegen Chelsea

Allein in den ersten zehn Minuten ergaben sich beste Chancen für Raheem Sterling, João Félix und Havertz. Die Dortmunder konnten erst recht von Glück reden, als der immer famoser aufspielende Havertz aus 13 Metern abzog und bloß den Innenpfosten traf. Ein weiterer Havertz-Schuss von subtiler Schönheit fand von der Unterkante der Querlatte den Weg ins Netz. Doch weil zuvor Sterling im Abseits gestanden hatte, wurde das Tor annulliert. Kurz vor der Halbzeitpause bekam Sterling eine weitere Gelegenheit. Oder genauer: zwei. Nach einer Hereingabe von Ben Chilwell schlug Sterling erst ein Luftloch, ließ danach aber seinen am Dienstag zweikampfschwachen Bewacher Reus wie eine erstarrte Salzsäule aussehen und jagte den Ball zur 1:0-Führung ins Netz (43.). Und da es offenbar ein Abend der zweiten Gelegenheiten war, war es Havertz vergönnt, kurz nach der Pause auf 2:0 zu erhöhen.

Er bedurfte dafür der Mithilfe des Videoschiedsrichters Pol van Boekel, ein einschlägig bewanderter Mann. Der Niederländer schickte erst den Referee Danny Makkelie an den TV-Schirm, und er entschied nach Ansicht der Bilder, ein Handspiel von Marius Wolf bei einer Flanke von Chilwell übersehen zu haben. Das war mindestens eine harte Entscheidung. Zumindest trug die Szene keine Züge von Absicht in sich.

Kai Havertz besorgte vom Punkt das 2:0 für Chelsea - nachdem er zunächst an den Pfosten geschossen hatte. (Foto: Justin Setterfield/Getty)

Es nützte den Dortmundern dann nichts, dass Havertz den Ball an den rechten Pfosten setzte - denn der Nationalspieler durfte den Strafstoß wiederholen. Der Grund: Videoschiedsrichter van Boekel hatte gesehen, dass eine Reihe von Dortmundern vor der Ausführung des Elfmeters unbefugt den Strafraum betreten hatten - darunter auch derjenige Schwarzgelbe, der den Ball klärte. Von den Regeln war die Wiederholung gedeckt, obschon auch mehrere Chelsea-Spieler in den Sechzehner gelaufen waren. Das irritierte die Dortmunder, nicht aber Havertz. Er verwandelte seinen zweiten Versuch sicher und kalt zum 2:0 (53.).

Die Dortmunder standen damit mit dem Rücken zur Wand, der 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel war ja verloren. Die Borussia versuchte erstmals in der Partie, sich in der Hälfte der Gastgeber festzuspielen. Auch wenn ihnen das eher schlecht denn recht gelang, kamen sie doch zu zwei großartigen Gelegenheiten. In der 58. Minute lag der Ball eher unvermittelt vor den Füßen von Jude Bellingham. Doch aus nur sechs Metern zielte er neben das Tor. Weitere sieben Minuten später scheiterte Wolf aus halbrechter Position am Chelsea-Torwart. Doch so labil sich Chelsea in den Monaten seit der Installierung von Trainer Graham Potter im September gezeigt hatte - das Aufbäumen der Dortmunder reichte bei Weitem nicht, um Chelseas Sieg zu gefährden.

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