Titelkampf in der Bundesliga:Wenn nicht jetzt, wann dann?

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Dortmunds Jadon Sancho (Mitte) neben Leipzigs Lukas Klostermann (l.) und Nordi Mukiele. (Foto: dpa)

Wer Meister werden will, wäre gut beraten, Bayerns Umbruch-Saison zu nutzen. Doch die Münchner errichten schon wieder eine Drohkulisse.

Kommentar von Christof Kneer

Im Unterhaltungs- und Traditionsbetrieb Fußball-Bundesliga fühlt man sich auch deshalb so geborgen, weil man sich auf so vieles verlassen kann. Gewinnt Borussia Mönchengladbach ein schönes Spiel, weiß man, dass man sich gleich an dem Begriff "Fohlen-Elf" erwärmen darf. Verliert Bayer Leverkusen ein wichtiges Spiel, freut man sich auf das Wort "Vizekusen". Treffen Wolfsburg und Hoffenheim aufeinander, droht ein "Duell der Plastikklubs". Eintracht Frankfurt ist die launische Diva, vom 1. FC Köln gibt es nur ein Bild, wenn auch der Geißbock drauf ist, und "der Hauptstadtklub" Hertha BSC ist nur dann nicht "der schlafende Riese", wenn der HSV gemeint ist.

Was vergessen? Ach ja, das Wichtigste: Wenn der FC Bayern knapp gewinnt und das Siegtor in den letzten fünf oder auch 15 Minuten fällt, dann war das selbstverständlich "Bayern-Dusel".

Man kann verstehen, dass die Münchner diesen Begriff im Moment noch weniger mögen als einen Tabellenführer aus Leipzig, dessen Kraft - Achtung! - "aus der Dose" kommt (was daran liegt, dass es sich um einen "Brauseklub" handelt/ Anm.d.Red.). Denkt man an Bayern-Dusel, sieht man Roy Makaay vor sich, der in der 92. Minute irgendein schräges Siegtor schießt und später mit unbewegter Miene "is normaal" sagt. So ein Tor war es ganz bestimmt nicht, das Joshua Zirkzee nun in Freiburg schoss, es war tadellos herauskombiniert und enthielt keinerlei Spuren von Dusel. Niemand muss sich für Tore entschuldigen, schon gar nicht für Tore, die so planvoll fallen.

Wird aus dem Dualismus künftig ein Dreikampf?

Bayerns späte Tore folgen traditionell einer Zwangsläufigkeit, die die Liga fürchtet. Das ist auch die schonungslose Nachricht, die dieser 16. Spieltag enthielt: Die Münchner haben erkennbar keine Lust, bei einem Titelduell zwischen Fohlen-Elf und Brauseklub nur Zuschauer zu sein. Zumindest haben die Bayern durch ihren Sieg wieder eine Drohkulisse errichtet, und in dieser Kulisse wird nun der letzte Spieltag vor der Winterpause aufgeführt.

Wenn nicht jetzt, wann dann: Dieses Motto galt vergangene Saison für Borussia Dortmund, nun gilt es für Leipzig, Mönchengladbach und natürlich auch wieder für die Dortmunder. Wer den Bayern die Meisterschale entwenden möchte, wäre gut beraten, jene Umbruch-Saison zu nutzen, in der sich die Münchner auf einem Selbstfindungstrip befinden und sich große Fragen stellen müssen wie jene, wer sie künftig trainiert und ob das immer noch Uli Hoeneß entscheidet.

Die aktuelle Frage lautet, ob einer der Herausforderer konstant und selbstbewusst genug ist, um den achten bayerischen Meistertitel in Serie zu verhindern. Daraus leitet sich aber die viel spannenderer, übergeordnete Frage ab: Deutet der Tabellen-Schnappschuss am 16. Spieltag womöglich eine neue Architektur in der Liga an? Wird aus dem (gelegentlichen) Dualismus Bayern/Dortmund ein Dreikampf Bayern/Dortmund/Leipzig, erweitert sich die Spitzengruppe um einen ernst- und dauerhaften Bewerber? Schon in dieser Saison wirkt Leipzig am wehrhaftesten, zumal das Potenzial der Elf noch nicht mal ausgereizt zu sein scheint und die Kennenlernphase mit dem Trainer Julian Nagelsmann noch nicht mal abgeschlossen ist. Und auch auf Sicht gesehen begegnen sich beim "Brauseklub" genügend Geld und Know-How, um die Bayern so zu bedrängen, dass die vielleicht wirklich mal a bisserl Dusel brauchen.

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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