FC Bayern:Der Gewinner heißt Hansi Flick

SC Freiburg - Bayern München

Kann entspannt ins Gespräch mit den Chefs gehen: Bayern-Trainer Hansi Flick.

(Foto: dpa)
  • Nach dem nervenaufreibenden Sieg in Freiburg findet Trainer Hansi Flick lobende Worte für die Mentalität der Bayern-Mannschaft.
  • Nach dem Wolfsburg-Spiel wollen sich die Chefs mit Flick zusammensetzen, um eine weitere Zusammenarbeit zu besprechen - dass diese beschlossen werden wird, daran gibt es eigentlich im Verein keinen Zweifel.
  • Der 3:1-Erfolg hilft Flick und den Verantwortlichen in dieser Hinsicht: So vermeidet er, dass die Punkteausbeute gegen ihn spricht.

Von Benedikt Warmbrunn, Freiburg

Es gibt unpassendere Orte als das Schwarzwald-Stadion für eine Auferstehungsgeschichte, und sei es für eine noch so kleine. Über dem Stadion in Freiburg erhebt sich der Galgenberg, der nicht zufällig so heißt. Auf 400 Meter Höhe haben sie einst die Verbrecher geschleppt, die es vor vielen Jahrhunderten im Dreisamtal gab, nur wenige von ihnen haben es wohl heil nach unten geschafft. Heute fliegen am Galgenberg in der Dämmerung Fledermäuse, die zu Galgenzeiten für den Tod und das Fortschweben der Seele standen. Möglicherweise war sich David Alaba der Symbolik dieses Ortes nicht bewusst, aber dass das, was passiert war, so nicht vielen Lebenden widerfährt, das wusste er. Also versammelte er am Mittwochabend noch einmal all seine Weggefährten um sich.

Mühsam hatte der FC Bayern 3:1 (1:0) beim SC Freiburg gewonnen, durch zwei späte Tore, beide erzielt in der Nachspielzeit. Ohne diese Tore hätte die Mannschaft weiterhin sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer Leipzig gehabt, und bis zum letzten Spiel der Hinrunde am Samstag gegen Wolfsburg hätten den Klub wohl ein paar Diskussionen begleitet. Die zwei späten Tore aber belebten diese Mannschaft noch einmal, nicht nur an diesem Abend im Schwarzwald-Stadion, sondern auch in der Meisterschaft. Es waren zwei Tore, die noch sehr wichtig werden könnten.

"Es war mental nicht einfach in dieser Hinrunde. Die Pause wird uns guttun", gibt David Alaba zu

Also winkte Alaba all seine Mitspieler zu sich. Zusammen bildeten sie einen Kreis, in der Magie ein Zeichen des Schutzes gegen die bösen Dämonen, im Fußball immerhin eines der Gemeinschaft. "Ein sehr, sehr wichtiger Sieg", sei das gewesen, erklärte Alaba später, "das zeigt einfach, was für ein Team wir haben, was für einen Geist, was für einen Charakter."

Nach dem Abpfiff hat keiner aus der Münchner Reisegruppe versucht, den Auftritt schönzureden - erstmals nach Wochen, in denen sich alle an den eigenen spielerischen Fähigkeiten berauscht hatten. Ein purer "Sieg des Willens" sei es gewesen, sagte Kapitän Manuel Neuer, "und am Ende auch einer der Moral". Trainer Hansi Flick lobte, dass die Mannschaft "bis zum Schluss gefightet hat, an sich geglaubt hat, alles nach vorne geworfen hat".

Neuer hatte mit seinen Paraden das Bayern-Team vor einem Rückstand bewahrt, der spät eingewechselte Joshua Zirkzee hatte mit seinem Tor den Sieg gebracht, und doch hieß der eigentliche Gewinner des Abends Hansi Flick. Nach dem Wolfsburg-Spiel wollen sich Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic mit Flick zusammensetzen, um eine weitere Zusammenarbeit zu besprechen - dass diese beschlossen werden wird, daran gibt es im Verein eigentlich keinen Zweifel. Ein Unentschieden in Freiburg hätte die Verantwortlichen jedoch in die unangenehme Lage gebracht, dass ohne einen Sieg gegen Wolfsburg auf einmal doch etwas gegen Flick gesprochen hätte, und zwar die Punkteausbeute. Ein Ergebnis-Endspiel gegen Wolfsburg hat Flick durch die zwei späten Tore vermeiden können (wobei ein Erfolg am Samstag die Gespräche erleichtern würde).

Flick wird für seine Wechsel belohnt

In Freiburg zeigt der FC Bayern wie so oft in den vergangenen Wochen einen Auftritt mit zwei Seiten: Einerseits schwungvoll in der Offensive, zumindest in der Anfangsphase, mit dem Höhepunkt des Führungstores durch Robert Lewandowski - wobei die Schönheit dieses Tores in der Vorarbeit bestand, in einem rasanten Sololauf von Linksverteidiger Alphonso Davies (16.). Ein "Klassespiel" hatte Torwart Neuer in der ersten Halbzeit gesehen. Aber als Freiburg dem Münchner Schwung eigene Dynamik und Körperlichkeit entgegen setzte, verschwanden die Münchner Kräfte wie Fledermäuse in der Dämmerung.

"Wir haben dann nachgelassen", sagte Salihamidzic, "in der zweiten Halbzeit waren wir auch ein bisschen müde, das hat man gesehen, das sagen die Spieler auch." Alaba gestand, dass die Vorrunde Spuren hinterlassen habe, mit den belastenden letzten Wochen unter Trainer Niko Kovac, mit dem Aufschwung unter Flick, mit dem zwischenzeitlichen Absturz auf den siebten Tabellenplatz. Alaba sagte: "Die Pause wird uns sicherlich guttun, weil's mental nicht einfach war in dieser Hinrunde."

Flick, der seine Mannschaft so detailgenau auf ein Spiel einstimmen kann, der sie so verständnisvoll begleitet, er stand in den druckvollsten Minuten der Freiburger erst macht- und tatenlos an der Seitenlinie - dann aber veränderte er mit zwei Einwechslungen den Verlauf des Spiels: Er brachte Javier Martínez für mehr defensive Stabilität. Und er verhalf in der Schlussphase dem 18 Jahre alten Angreifer Zirkzee zu dessen Bundesliga-Debüt.

Am Ende wurde Flick belohnt, durch die Tore von Zirkzee und Serge Gnabry in der Nachspielzeit. "Das ist das, was mir imponiert: dass die Mannschaft als Team verteidigt, dass jeder in der Offensive dabei ist, dass alle Verantwortung übernehmen", sagte der Trainer. Und er sagte, durchaus auch als Werbung in eigener Sache: "Es macht Spaß, mit denen zu arbeiten."

Dieser nervenaufreibende Sieg könnte Flick vielleicht sogar mehr geholfen haben als eine spielerische Glanzleistung. Seine Chefs haben nun gesehen, dass die Mannschaft unter Flick den Glauben an die eigenen Fähigkeiten bewahren kann, dass sie unter ihm auch mental stark ist. Flick wird also entspannt in das Gespräch am Wochenende gehen können. Und dem Galgenberg bleibt er ohnehin erst einmal fern. Zur neuen Saison zieht der SC Freiburg in sein neues Stadion, am anderen Ende der Stadt.

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