FC Bayern:Eine perfekte Woche

Lesezeit: 4 min

Auftakt des 7:0: Linksaußen Leroy Sané erzielt mit einem spektakulären Freistoß das erste Tor der Parrtie. (Foto: Michael Weber/imago)

Mit einer 7:0-Gala gegen Aufsteiger Bochum löst der FC Bayern Wolfsburg als Tabellenführer ab - zumindest für eine Nacht. Neben Joshua Kimmich nutzt vor allem Leroy Sané das Spiel zur Eigenwerbung.

Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Ein Lächeln huschte über Leroy Sanés Gesicht, fast wirkte es, als mache ihn die Frage verlegen. Ob die Fans in München nun den Sané sehen, den sich alle wünschen und der er sein wolle, war der 25-Jährige gefragt worden. "Ich hoffe doch", sagte er und drehte den Kopf zur Seite. Kurze Pause, dann ergänzte Sané: "Ich versuche wie immer, mein Bestes zu geben. Im Moment läuft es sehr, sehr gut. Ich will einfach nur da weitermachen."

SZ PlusFC Bayern in der Einzelkritik
:Kimmich macht einen auf Ballack

Der Mittelfeldspieler trifft doppelt gegen Bochum. Thomas Müller klebt das Angriffsspiel zusammen und Robert Lewandowski stellt mal wieder einen Rekord auf. Der FC Bayern gegen Bochum in der Einzelkritik.

Von Tim Brack

Dass es sehr, sehr gut läuft im Moment, war am Samstagnachmittag untertrieben. Sané hatte ja maßgeblichen Anteil am 7:0 (4:0) des FC Bayern gegen den VfL Bochum gehabt, weil er die Tor-Serie mit seinem direkt verwandelten Freistoß eröffnet und danach noch zwei Treffer entscheidend eingeleitet hatte. Vor vier Wochen war Sané bei seinem verunsicherten Auftritt im Heimspiel gegen den 1. FC Köln (3:2) noch von den eigenen Fans ausgepfiffen worden. Nun bestätigte der deutsche Nationalspieler seinen persönlichen Aufwärtstrend und sorgte für gleich mehrere Höhepunkte bei der Gala der insgesamt lustvoll spielenden Bayern. "Ich sehe die Entwicklung so wie das Spiel heute: sehr gut", sagte Nagelsmann über Sané, "ich habe schon oft betont, dass er herausragend gut ist und wir viel Freude an ihm haben werden. Und das zeigt er jetzt auch."

"Das ist das Ziel, dass wir die zehnte Meisterschaft in Serie holen", sagt Nagelsmann

Neben Sané (17. Minute) hatte sich Joshua Kimmich mit zwei Toren besonders hervorgetan (27./65.), die weiteren Treffer erzielten Serge Gnabry (32.), Robert Lewandowski (61.) und Eric Maxim Choupo-Moting (79.). Zu Bochums höchster Bundesliga-Niederlage trug zudem ein Eigentor von Vasilios Lampropoulos bei (43.). "Wir waren absolut unterlegen", stellte VfL-Trainer Thomas Reis fest und befand, es hätte noch schlimmer kommen können. "Die ersten 15 Minuten waren nicht so schlecht, aber dann kriegst du Tor um Tor um Tor", sagte sein Kapitän Anthony Losilla bei Sky.

Die Münchner hatten mit ihrem höchsten Saisonsieg eine für sie perfekte Woche gekrönt. Am vergangenen Sonnabend hatten sie 4:1 bei RB Leipzig gewonnen, ehe am Dienstag in der Champions League ein 3:0 beim FC Barcelona gefolgt war. Hinzu kam Leon Goretzkas Vertragsverlängerung bis 2026, und spätestens nach dem kunstvoll zelebrierten Pflichtsieg gegen Bochum durfte sich auch der neue Trainer Julian Nagelsmann so richtig angekommen fühlen in München. Zumal er mit seiner Mannschaft die Tabellenführung erobert hatte, zumindest bis Sonntagabend, wenn der VfL Wolfsburg Eintracht Frankfurt empfängt.

Doch schon jetzt feierten die Münchner Fans ihre Mannschaft als "Super-Bayern" und verkündeten am fünften Spieltag bereits, dass die Meisterschaft auch in dieser Saison nur an sie gehen werde. Nagelsmann wollte da gar nicht widersprechen, wie auch, nach dieser beeindruckenden Woche? "Das ist das Ziel, dass wir die zehnte Meisterschaft in Serie holen", sagte er, "ich bin neu hier bei Bayern und will auch gerne da weitermachen, wo meine Vorgänger aufgehört haben."

Doppelpack gegen den Aufsteiger: Joshua Kimmich (links) lässt Bochums Torwart Manuel Riemann keine Chance. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Es war ein Nachmittag wie gemalt gewesen für die Bayern. Der Himmel über der Arena hatte ein prächtiges Weiß-Blau angelegt, unten auf dem Rasen bot sich den 25 000 Zuschauern beste Unterhaltung. Zum kompletten Glück fehlte all jenen, die es mit den Bayern und deren Bräuchen halten, wohl nur jene Veranstaltung, die ohne Pandemie an diesem Samstag eröffnet worden wäre. Doch auch ohne Oktoberfest-Anstich hatten sich die Bayern ein Wiesn-Gewand übergestreift, ein Sondertrikot in einem dunklen Jägergrün, das vor dem Anpfiff wie ein kleiner Gruß an den bisherigen Tabellenführer Wolfsburg wirkte. Zumal Nagelsmann auf das Spiel gegen Bochum ja mit den Worten eingestimmt hatte, dass er und seine Mannschaft in der Tabelle noch nicht da seien, wo sie hinwollen.

Das änderte sich an diesem Nachmittag dank der Münchner Jagdlust allerdings rasch, und zumindest vorübergehend war der erste Tabellenplatz in einem Stil erobert, der an eine beliebte Volksfestbelustigung erinnerte. Statt Hau den Lukas spielten die Bayern allerdings eher Hau den Manuel mit dem Bochumer Torwart Riemann. Vier Tore wurden ihm schon bis zur Pause eingeschenkt, wobei sein Mitspieler Lampropoulos beim vierten Gegentor den Münchnern sogar den wesentlichen Teil der Arbeit abgenommen hatte. Beim Versuch, einen Pass von Thomas Müller auf Lewandowski zu seinem Torwart umzuleiten, schob er den Ball aus Versehen ins eigene Tor (43.).

Anfangs spielen die Bochumer keck mit, schon bald aber wirken sie eingeschüchtert

Zuvor hatte Sané den Nachmittag zur Eigenwerbung nach seinem komplizierten Einstieg in seine zweite Münchner Saison genutzt. Mehrfach bekam er Szenenapplaus, wie zu Beginn der zweiten Halbzeit, als er seine Spielfreude mit einem Hackentrick dekorierte. Besonders viel Beifall hatte Sané aber in der ersten Halbzeit in Empfang nehmen dürfen, als er das Spiel nach einem etwas schleppenden Beginn in die gewünschte Münchner Richtung lenkte. Mit einem direkten Freistoß aus gut 25 Metern traf er zum 1:0 durch exakt jene Lücke, die Elvis Rexhbecaj für ein paar Zehntelsekunden freigegeben hatte. Bald darauf bediente Sané Kimmich im Strafraum, der mit einem abgefälschten Drehschuss zum 2:0 vollendete.

Die Bochumer hatten anfangs noch keck mitgespielt, bald aber wirkten sie eingeschüchtert. Beinahe im Minutentakt kamen die Bayern zu Chancen, darunter Sané, der aus sechs Metern am Tor vorbeischob. Es war eine seiner wenigen Szenen, die ihm misslangen, und sie war schnell vergessen, weil Gnabry nach Müllers Zuspiel zum 3:0 einschob. In der zweiten Halbzeit tat sich wieder Sané hervor, als er Lewandowskis 5:0 entscheidend vorbereitete.

Und als Kimmich kurz darauf mit seinem zweiten Tor des Tages das halbe Dutzend vollmachte, mussten sich Torwart Riemann und die anderen Bochumer so langsam vorkommen, als seien sie auch ohne Oktoberfest in eine Münchner Geisterbahn geraten. Der eingewechselte Choupo-Moting machte es mit seinem 7:0 noch ein bisschen schlimmer, als Riemann zunächst zwei Versuche des Stürmers parieren konnte, den dritten aber passieren lassen musste. Ein achtes Tor (von Thomas Müller) wurde aberkannt.Sané sah es bereits von der Bank aus. Als er nach gut einer Stunde ausgewechselt worden war, hatten die Fans applaudiert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Neues Wiesn-Trikot
:Warum der FCB in Grün aufläuft

Trikotexperte Stefan Appenowitz erklärt, wieso die Meister sich am Samstag im Trachtenlook zeigen.

Interview von René Hofmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: