Bundesliga:Hoffenheim setzt sich oben fest

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Hoffenheims David Raum schießt an Augsburgs Torwart Rafael Gikiewicz vorbei das Tor zum 3:1. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Die TSG schlägt Augsburg und rückt auf Rang drei vor, Leipzig trotzt der Personalnot, Leverkusen hat Glück gegen Union und Fürth ist seit drei Spielen ungeschlagen. Das Wichtigste zum Spieltag.

Von Jonas Beckenkamp, Celine Chorus und Martin Schneider

Eintracht Frankfurt - Borussia Dortmund 2:3 (2:0), Tore: 1:0 Rafael Borré (15.), 2:0 Rafael Borré (24.), 2:1 Thorgan Hazard (71.), 2:2 Jude Bellingham (87.), 2:3 Mahmoud Dahoud (89.)

Gewissheiten sind selten im Fußball, aber diese eine schien auch im Jahr 2022 sicher: Die himmelschreiende Seltsamkeit, dass der BVB viel zu wenig aus seinen Möglichkeiten macht. Oder ist die Mannschaft am Ende gar nicht so gut, dass sie konstant guten Fußball zeigen kann? Es gibt zumindest Hinweise, dass es sich bei der Borussia um die launenhafteste Top-Elf des Kontinents handelt.

Das Spiel in Frankfurt reihte sich zunächst ein in jene ernüchternde Serie von Auftritten, die es in dieser Saison und - wenn man ehrlich ist - schon seit einigen Jahren immer wieder gibt. Dortmunds Anfangsschwung verebbte schnell, schon früh zerfiel man wie ein Yenga-Türmchen. Frankfurts Kolumbianer Borré erschreckte die Borussia mit zwei schnellen Toren dermaßen, dass fast gar nichts mehr ging. Die Eintracht zelebrierte Champagnerfußball, Dortmund zeigte teils groteske Abwehraktionen.

Doch dann überschlug sich plötzlich alles, dieses Fußballspiel verdichtete sich zu einem Knäuel Wahnsinn. Drei Dortmunder Tore durch Hazard, Bellingham und Dahoud binnen weniger Minuten stellten alles auf den Kopf, es stand 3:2 - und keiner wusste, wie das passieren konnte. Fest stand nur: "Wir haben einen geilen, emotionalen Sieg eingefahren", wie Mats Hummels bei Sky fand. Und wie aus dem nichts liegt der BVB nun nur mehr sechs Punkte hinter den Bayern.

SC Freiburg - Arminia Bielefeld 2:2 (1:0), Tore: 1:0 Janik Haberer (6.), 2:0 Woo-Yeong Jeong (46.), 2:1 Masaya Okugawa (60.), 2:2 Bryan Lasme (87.)

Glücklich ist, wer zwei Schlotterbecks in seinem Kader hat, so wie der SC Freiburg. Während Nico Schlotterbeck das Jahr (wie auch Stammkeeper Mark Flekken) mit Corona begann, konnte Christian Streich beruhigt sein: Er hatte ja noch Keven Schlotterbeck für die Abwehr zur Verfügung. Überhaupt wirkte der SC-Coach angesichts des Quarantänedominos tiefenentspannt: "Wir haben es kaum thematisiert", sagte er, "dann spielen wir eben mit anderen Spielern." Zum Beispiel mit dem oft unterschätzten Cleverle Janik Haberer, der Freiburgs Stärke nach Eckbällen früh mit einem Volleytor untermauerte.

Apropos Mauern: Streichs Überraschungsmänner stehen ja auch deswegen oben, weil sie standardmäßig ihre Körper auf dem Platz dabeihaben. Wie praktisch so ein Körper ist, zeigte sich eine Halbzeit lang in vielen Zweikämpfen gegen Bielefeld: Die Arminen prallten mitunter einfach ab an Freiburgs Wandschränken. Das ergab ein Spiel mit Ecken und Kanten - und einer kuriosen Wendung. Denn nach Christian Günters Flanke erhöhte Woo-Yeong Jeong per Kopf sogar auf 2:0. Doch dann verließ die Freiburger plötzlich all ihre Körperlichkeit und ausgerechnet Ersatztorwart Benjamin Uphoff wurde zum Sinnbild des Einbruchs: Erst ließ er Masaya Okugawas mysteriösen Flatterball zum 2:1 passieren, dann fand eine Hereingabe von Bryan Lasme an ihm vorbei den Weg ins kurze Eck. 2:2 also, Freiburg rutscht auf Platz vier. Waren es doch zu wenige Schlotterbecks diesmal?

Bayer 04 Leverkusen - 1. FC Union Berlin 2:2 (1:1), Tore: 1:0 Patrik Schick (38.), 1:1 Grischa Prömel (45.), 1:2 Grischa Prömel (50.), 2:2 Jonathan Tah (84.)

Wie einsam fühlte sich Lukas Hradecky? Erst schoss Christopher Trimmel - Hradecky parierte. Den Abpraller köpfte Kevin Behrens - Hradecky parierte. Dann schoss Grisha Prömel - und dann war er drin. Aus der Leverkusener Abwehr kam dem armen Finnen niemand zu Hilfe. Noch verdutzter guckte er höchstens kurz nach der Pause, als Prömel nach einem Kruse-Schuss seinen Fuß reinhielt - und plötzlich führte Union in einem Spiel, in dem sie aus Leverkusener Sicht niemals führen dürfen. Genau zwei Torchancen standen bis dahin auf dem Berichtsbogen, beide waren drin.

Lukas Hradecky versuchte alles, konnte das Tor im zweiten Nachschuss von Grisha Prömel (links) nicht verhindern. (Foto: Revierfoto via www.imago-images.de/imago images/Revierfoto)

Zuvor hatte Patrik Schick sein 17. Saisontor geschossen, Leverkusen das Spiel dominant gestaltet und diverse Gelegenheiten vergeben, sowohl vor und nach der Pause bewies dabei Andreas Luthe, was für ein hervorragender Torwart er ist. Doch je länger das Spiel dauerte, desto massiver steigerte sich Union. Kruse traf in der 78. Minute die Latte, Bastian Oczipka in der Nachspielzeit den Pfosten. Leverkusen sprang der Niederlage von der Schippe, weil Jonathan Tah mit seinem Kopfball einen Weg an Luthe vorbei fand.

RB Leipzig - FSV Mainz 05 4:1, (1:0), Tore: 1:0 André Silva (21., Handelfmeter), 2:0 Dominik Szoboszlai (47.), 2:1 Jae-sung Lee (57.), 3:1 Christopher Nkunku (58.), 4:1 André Silva (61.)

Es ging ein bisschen unter, dass nach dem FC Bayern RB Leipzig die personell am härtesten gebeutelte Mannschaft der Bundesliga ist. Neun Spieler fielen wegen Corona, Verletzungen und Africa-Cup aus, die Sturmspitze bestand aus Yussuf Poulsen (lange verletzt) und André Silva (gerade aus Quarantäne entlassen). Gegen die starken Mainzer ist das nochmal unangenehmer und was ist das beste, was einem in einer solchen Situation passieren kann? Richtig, ein früher Handelfmeter in Kombination mit einer frühen roten Karte. Alexander Hack klärte einen Schuss von Silva absichtlich mit dem Ellbogen, es folgten Platzverweis und Strafstoß, den der Portugiese selbst versenkte.

Fröhlich: André Silva feiert mit Kevin Kampl. (Foto: Cathrin Mueller/Getty Images)

Dann schaute sich der VAR die Haarspritzen von Dominik Szoboszlai vor dem 2:0 an und stellte fest, dass er den Ball vor einer mutmaßlichen Silva-Abseitsstellung nicht mehr berührte. Lees Anschlusstreffer sorgte für genau eine Minute Spannung, doch der eingewechselte Christopher Nkunku und wieder Silva sorgten nur vier Minuten nach dem Mainzer Lebenszeichen für den Endstand.

SpVgg Greuther Fürth - VfB Stuttgart 0:0 (0:0)

"Alle brennen darauf, eine Monster-Rückrunde zu spielen", hatte Stuttgarts Stürmer Sasa Kalajdzic, der beim Comeback nach seiner Schulter-OP direkt in der Startelf stand, in der Vorbereitung ausgegeben. Am Ende wurde der Auftakt gegen Fürth zu einem Spiel ohne große Höhepunkte, in dem man beiden den Tabellenstand ansehen konnte. Die Hausherren brauchten einige Minuten, um zum eigenen Spiel zu finden, doch mit fortschreitender Spieldauer zeigten sie mehr Risiko in der Offensive - und kamen zur ersten Großchance des Spiels: Branimir Hrgota scheiterte mit einem Kopfball an Torhüter Florian Müller, den er nur gegen dessen Laufrichtung hätte setzen müssen (22.). Auf der Gegenseite trat Stuttgart erstmals gefährlich in Erscheinung, als Kalajdzic aus zehn Metern zum Fallrückzieher ansetzte, diesen aber zu mittig aufs Tor platzierte (26.).

Es entwickelte sich eine ausgeglichene Begegnung, in der Stuttgart Probleme hatte, sich klare Chancen zu erspielen. Stattdessen hatte Hrgota zu Beginn der zweiten Halbzeit erneut die Führung auf dem Fuß, doch Anton konnte nach schlampiger Aktion von Mangala noch rechtzeitig klären (54.). Es war sinnbildlich, dass das VfB durch eine abgefälschte Flanke zur besten Chance im ganzen Spiel kam, die Burchert gerade noch parieren konnte, ehe Meyerhöfer gegen Endo blockte (79.). Kurz vor Schluss hatte Stuttgart abermals die Chance zur Führung, doch Beyaz schoss aus der Drehung nur ans Außennetz (89.). So endete die Begegnung mit einem verdienten Punktgewinn für die Fürther, die seit drei Spielen nun ungeschlagen sind, wohingegen der Punkt für den VfB in Anbetracht der Tabellensituation zu wenig sein dürfte.

TSG Hoffenheim - FC Augsburg 3:1 (2:1), Tore: 0:1 Michael Gregoritsch (5.), 1:1 Ihlas Bebou (38.), 2:1 Ihlas Bebou (44.), 3:1 David Raum (90.+3)

13 Millionen Euro plus mögliche Bonuszahlungen, das ist für Augsburg ein solch außergewöhnliches Transfervolumen, dass man sich ernsthaft fragt: Welcher Emir hat denn da sein Schwabenherz entdeckt? Investiert hat der Klub es unlängst in einen 18-jährigen Angreifer aus den USA namens Ricardo Pepi. Der sieht ein wenig aus wie Kevin Kuranyis Babybruder und er soll eine ziemliche Wucht sein. Sein Bundesliga-Abenteuer begann er zunächst auf der Bank, allerdings mit bester Sicht auf die Führung seines Klubs: Ein Kopfballtor von Michael Gregoritsch, der nach einer Ecke so frei köpfeln durfte, wie noch nie in seinem Stürmerleben.

Ricardo Pepi nach seiner Einwechslung. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Das galt auf der anderen Seite auch für Ilhas Bebou, der in einer munteren Partie binnen weniger Momente alles umdrehte. Zweimal hielt der Togolese den Fuß hin, zweimal schaute der FCA verdutzt zu. Nach 60 Minuten feierte dann auch Pepi sein Debüt, aber Außergewöhnliches brachte der Mann aus Dallas im Gegensatz zu David Raum (der das 3:1 erzielte) nicht mehr zustande. Fazit: Augsburg bleibt Augsburg und Hoffenheim ist weiter ganz vorne dabei, man sollte sich langsam daran gewöhnen.

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