Borussia Dortmund nach dem Finale:Trotz statt Tristesse

Lesezeit: 2 min

Die Dortmunder liefern ein sehr gutes Spiel und haben ihren Anteil am qualitativ hochwertigsten Champions-League-Finale der vergangenen Jahre, am Ende schwinden jedoch die Kräfte. Nach einer kurzen Trauerphase überwiegt bei den Dortmundern der Stolz auf die Champions-League-Saison - und Trainer Jürgen Klopp fasst spontan ein neues Ziel für seine Mannschaft.

Von Carsten Eberts, London

Für einen Trainer, der gerade das Champions-League-Finale verloren hat, machte Jürgen Klopp einen ausgesprochen gefassten Eindruck. Ein solcher Auftritt zählt gemeinhin nicht zu den Stärken des Dortmunder Coaches. Normalerweise kommt Klopp aus der Emotion, er haut dann Sprüche raus, übermannt vom eigenen Temperament, zieht die Zuhörer in seinen Bann. Diesmal nicht. Klopp blieb ruhig. Und wirkte fast ein wenig ehrfürchtig.

Nicht deshalb, weil er die 1:2-Niederlage gegen den FC Bayern erklären musste. Eher deshalb, weil an diesem Abend in Wembley auch so etwas wie ein Zyklus zu Ende ging. Drei Jahre lang hatten die Dortmunder fast alles gewonnen, was ihnen zum Gewinnen angeboten worden war. Dazu kam diese grandiose Champions-League-Saison, mit begeisternden Spielen gegen Real Madrid und Manchester City, dem Last-Second-Wahnsinn gegen Málaga, dem deutsch-deutschen Finale zum Schluss.

Das alles ging nun zu Ende. "Wir respektieren diese Niederlage absolut", sagte Klopp, "aber ich brauche noch einen Moment, bis ich den Stolz wieder spüre." Den Stolz, dass auch der BVB in dieser Saison Herausragendes geleistet hat. Nicht nur der FC Bayern, der die Dortmunder an diesem Abend besiegte und den großen Henkelpott mit nach Hause nehmen darf.

Auch die Dortmunder Spieler ließen ihrer Trauer freien Lauf. "Natürlich ist gegen die Enttäuschung nicht anzukommen", sagte Mats Hummels, "besonders, wenn es kurz vor Schluss durch ein Zufallsprodukt passiert." Hummels meinte den späten Siegtreffer von Arjen Robben in der 89. Minute, der allerdings weniger zufällig war, als dass der Dortmunder Hintermannschaft kurzzeitig die Orientierung abhanden gekommen war. Robben nutzte dies, traf zum 2:1. Die Dortmunder hatten wenig Zeit, um noch zu reagieren.

BVB in der Einzelkritik
:Fit für Steinbrücks Kompetenzteam

Mats Hummels bewirbt sich für die Wahlkampf-Truppe des SPD-Kanzlerkandidaten, sein Nebenmann Neven Subotic verursacht Schmerzen beim Gegner. Lukasz Piszczek steht in der zweiten Halbzeit mit einer "Operation Schwalbe" im Fokus. Borussia Dortmund beim 1:2 gegen den FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Claudio Catuogno und Philipp Selldorf, London

Am Ende habe die glücklichere Mannschaft gesiegt, befand auch Teamkollege Sebastian Kehl: "Den Titel haben wir nicht geholt, aber sehr viele Sympathien." Die Dortmunder hatten tatsächlich ein sehr gutes Spiel geliefert - und ihren Anteil gehabt am qualitativ hochwertigsten Champions-League-Finale der vergangenen Jahre. Am Ende, insbesondere nach dem Dortmunder Ausgleichstreffer durch Ilkay Gündogan per Elfmeter (66.), schwanden die Kräfte mehr und mehr. Das nutzten die Münchner aus und erzielten nach einigen vergebenen Chancen den Siegtreffer.

Klopp erklärte, seine Mannschaft habe der langen Saison Tribut zollen müssen. "Wir konnten nicht so rotieren wie die Bayern", befand der Coach: "Wir haben das Spiel in einigen Momenten so offen gehalten, dass wir hätten gewinnen können." Gegen den FC Bayern, die aktuell beste Vereinsmannschaft der Welt. Da kehrte der Stolz schon wieder ein wenig in seine Stimme zurück.

Und nun? Tristesse royal? "Kopf hoch. Wir kommen zurück", sagte Klopp trotzig, daran bestünde kein Zweifel. Nicht sofort, zunächst würden Spieler, Trainer und Entscheidungsträger des Klubs ein bisschen Urlaub machen, die Saison sacken lassen, auch diese Finalniederlage verarbeiten.

Danach werde man zum Alltag zurückkehren, neue Spieler kaufen - und wieder beginnen, ein qualitativ hochwertiges Team zu formen. Spät nachts, auf der Feier im Londoner "Natural History Museum", kündigte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Scheinwerfer-Schatten eines riesigen Dinosaurier-Skeletts an: "Eines verspreche ich: Wir werden in der kommenden Saison eine Mannschaft haben, die mindestens genauso gut ist und die wieder angreifen wird."

Enttäuschung auf dem Platz. Dortmunds Coach Jürgen Klopp. (Foto: dpa)

Allerdings stehen dem BVB wohl größere Umbaumaßnahmen bevor, als Watzke und Klopp lieb ist. Die vielleicht nicht in einer einzigen Sommerpause vollumfänglich zu bewältigen sind. Spielgestalter Mario Götze wird den Verein bekanntlich im Sommer in Richtung München verlassen, auch bei Stürmer Robert Lewandowski sieht es mittlerweile danach aus.

Der Aufbau des neuen BVB könnte etwas Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb wollte Klopp auch nicht von einer Finalteilnahme 2014 in Lissabon reden. Lissabon sei eine wunderbare Stadt, befand Klopp, immer eine Reise wert. Vielleicht käme Lissabon für den BVB jedoch zu früh. "In zwei Jahren beim Finale in Berlin, das wäre ein guter Zeitpunkt, um zurückzukehren", sagte er lieber.

Klopp wirkte in diesem Moment, als habe er spontan ein neues, großes Ziel gefasst.

Statistiken zum Spiel

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: