4:0 gegen Kanada:Australien atmet auf

Lesezeit: 2 min

Steph Catley feiert das vierte Tor mit den Ersatzspielerinnen. (Foto: Shutterstock/Imago)

Zumindest ein Gastgeber ist weiter dabei: Im dritten Gruppenspiel gewinnen die Australierinnen auch ohne Stürmerin Sam Kerr deutlich. Mit Kanada muss ein Mitfavorit schon nach der Vorrunde nach Hause.

Von Anna Dreher

In der 86. Minute sah Sam Kerr den Moment gekommen, ihren Stutzen runterzuziehen und ein Tape nach dem anderen von ihrem Bein abzureißen. Genauer gesagt, von der Wade der Nation. Was die Fußball-Weltmeisterschaft angeht, gab es in den vergangenen Wochen kein Thema, das die Australier mehr beschäftigt hatte als die Frage: Wann ist eine der weltweit besten Stürmerinnen und mit 63 Toren in 121 Länderspielen beste Torschützin ihres Heimatlandes nach einer Muskelverletzung wieder fit?

Die Auflösung folgte schon vor der abschließenden Gruppenpartie gegen Kanada am Montagabend. "Ich werde da sein, ich werde bereit sein", hatte Kerr mitgeteilt. Die Spielerin des FC Chelsea kehrte zwar in den Kader zurück, in der Startelf stand sie allerdings nicht. Trainer Tony Gustavsson hatte betont, genau abwägen zu wollen, wie viele Minuten Kerr spielen könne und welche Risiken damit einhergehen würden.

Norwegen im WM-Achtelfinale
:Die Gesprächstherapie setzt Energie frei

Ein Jahr lang stritten sich die Norwegerinnen, bis mitten in das WM-Turnier hinein - dann redeten sie endlich offen miteinander und schafften so möglicherweise einen Wendepunkt. Das 6:0 gegen die Philippinen beweist, wozu das Team fähig ist.

Von Felix Haselsteiner

Es ging schließlich um viel: Auf den 1:0-Sieg beim Auftakt gegen Irland folgte ein 2:3-Dämpfer gegen Nigeria. Australien musste Kanada nun besiegen, sonst hätte sich nach dem Ausscheiden Neuseelands am Sonntag sehr wahrscheinlich direkt das zweite Gastgeberland verabschiedet. Das hätte dem Turnier Euphorie und Aufmerksamkeit genommen - und wäre noch dazu historisch gewesen: In der Geschichte der Frauen-WM hatte es bis zur neunten Auflage jeder Ausrichter in die K.o.-Phase geschafft.

"Dieses Team hat etwas ganz Besonderes an sich", sagt Australiens Trainer Gustavsson

Aber dann brauchte es nicht einmal Sam Kerr, um das zu verhindern. Die "Matildas" starteten so entschlossen und mit so viel Offensivdrang, dass sie schon in der neunten Minute jubeln konnten. Hayley Rasos Treffer wurde erst wegen Abseits aberkannt, nach VAR-Check aber doch gegeben. Olympiasieger Kanada wirkte verunsichert vom frühen Rückstand, die 40-Jährige Christine Sinclair versuchte sich nach 20 Minuten in ihrem 326. Länderspiel an einem Befreiungsschlag, scheiterte jedoch - und musste dann ansehen, wie Raso nach einer Ecke erhöhte (39.).

Kanadas Trainerin Bev Priestman wechselte zur Pause vier Spielerinnen ein, aber auch das brachte nicht die nötige Ruhe, Ordnung und Dynamik. Und vielleicht spielte die Vorgeschichte dieses Turniers am Ende doch eine Rolle. Ihr Team war in diese WM unter erschwerten Bedingungen gegangen: Im Streit mit dem eigenen Verband ging es um Gleichbehandlung, gestrichene Mittel und ausstehende Zahlungen. Als herausfordernd, ermüdend und emotional hatte Priestman das Anfang des Jahres beschrieben.

Mit dem 3:0 von Mary Fowler (58.) war das Spiel im Prinzip vorbei. Kerr wusste, sie wird nicht mehr gebraucht und befreite sich wenige Minuten später von den Bandagen. Den Schlusspunkt vor den 27 706 Zuschauern im Melbourne Rectangular Stadium setzte Steph Catley per Elfmeter in der dritten Minute der Nachspielzeit. Weil Nigeria (nun Zweiter) und Irland sich 0:0 trennten, muss Kanada nach der Vorrunde unerwartet früh die Heimreise antreten. Damit ist der erste Mitfavorit auf den Titel ausgeschieden.

"Jemand hat Sonntag gefragt, ob dies ein Moment ist, der das Vermächtnis bestimmt? Ist das ein Scheideweg-Moment? Ja, das war es, und wir sind nicht davor zurückgeschreckt", sagte Gustavsson. "Dieses Team hat etwas ganz Besonderes an sich."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDFB-Team bei der Fußball-WM
:Das Problem mit der Cleverness

Warum spielte Deutschland gegen Kolumbien so vehement auf Sieg, anstatt das wichtige Unentschieden abzusichern? Das Team stellt sich grundsätzliche Fragen - und kann auf eine Rückkehrerin bauen.

Von Anna Dreher

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: