Der FC Bayern dominiert die Bundesliga wie selten - ähnlich sieht es auch im Rest Europas aus. Nicht nur in den großen Ligen aus Italien, England und Spanien scheint die Meisterschaft schon entschieden, sondern auch in exotischeren Gegenden. Ein Überblick über die Titelkämpfe Europas. Von Jonas Beckenkamp Deutschland: Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde der VfL Wolfsburg mit 69 Punkten Meister in der Bundesliga. So viele Zähler wie der Titelträger der Saison 2008/09 hat der FC Bayern schon jetzt auf dem Konto - nach 26 von 34 Spieltagen. Das Team von Jupp Heynckes spielt eine Saison der Rekorde. Bislang gab es nur eine Niederlage. Besonders die Münchner Auswärtsbilanz ist beeindruckend: In 13 Spielen blieb der Rekordmeister ungeschlagen, holte zwölf Siege und kassierte gerade einmal zwei Gegentore. Verfolger und Titelverteidiger Borussia Dortmund liegt bereits 20 Punkte zurück. Sollten die Bayern ihr nächstes Spiel gegen den Hamburger SV gewinnen, könnten sie bei einem BVB-Patzer schon am 27. Spieltag die Meisterschaft feiern. Das gab es noch nie.
Spanien: Von den bisherigen vier Clásico-Auflagen gegen Real Madrid in dieser Saison konnte der FC Barcelona nicht eine gewinnen (2:2 und 1:2 in der Liga, 1:1 und 1:3 im Pokal). Doch in der Meisterschaft führt weiterhin kein Weg am Team um Weltfußballer Lionel Messi vorbei. 13 Punkte beträgt der Vorsprung auf die abgeschlagenen "Königlichen". Sechs Siege aus den verbleibenden zehn Spielen würden Barça reichen, um in der Primera División den Titel zu holen. Die Madrilenen besiegten die Katalanen zwar kürzlich 2:1 - besonders große Titelambitionen haben sie aber nicht mehr: "Unser Ziel ist, Barça unter Druck zu setzen", sagt Real-Stürmer Gonzalo Higuaín. Immerhin kündigte er auch an: "Die Meisterschaft dauert noch lange. Wir werden bis zum Ende kämpfen."
England: Manchester United gegen Manchester City - diese Stadtrivalität befeuert sonst die Premier League. Doch diesmal liegt ManUnited außer Reichweite. In der vergangenen Saison holte City noch einen Rückstand von acht Punkten auf United auf und erst am letzten Spieltag machten die Citizens mit zwei Toren in der Nachspielzeit die Meisterschaft perfekt. United landete punktgleich auf Platz zwei. Ganz anders das Bild in diesem Jahr: Das ManU-Team von Sir Alex Ferguson hat 15 Punkte Vorsprung auf den Nachbarn - bei neun ausstehenden Spielen. Das Hinspiel ging mit 3:2 an United, und auch sonst spricht derzeit wenig für plötzlich aufkommende Spannung. Gut möglich, dass der Tabellenführer im Rückspiel am 8. April der Meisterschaft schon sehr nahe kommt.
Italien: Zur Erinnerung: Vor sechs Jahren kickte Juventus Turin noch in der zweiten Liga. Mittlerweile ist die "Alte Dame" nach Manipulationsskandal, Zwangsabstieg und langer Krise wieder an der Spitze des italienischen Fußballs angekommen. Bayerns Viertelfinalgegner in der Champions League dominiert mit großer Beständigkeit die italienische Meisterschaft, das Team liegt in der Serie A neun Punkte vor dem SSC Neapel. Mit einer abgeklärten Hinrunde sicherte sich Juve schon vor dem Jahreswechsel den ersten Platz. Die Chancen auf den "Scudetto" sind bestens: Denn der Wintermeister in Italien holte in den vergangenen acht Jahren am Saisonende auch den Titel. "Juve siegt und siegt und ist dabei so souverän wie nie zuvor", lobte die Gazzetta dello Sport.
Frankreich: Ob die Ligue 1 zu Europas Topligen gehört, sei mal dahingestellt. Fest steht aber, dass auch in Frankreich der Favorit langsam davonzieht. Weil Konkurrent Olympique Lyon zuletzt drei Mal in Serie nicht gewinnen konnte, beträgt der Vorsprung von Paris Saint Germain nun schon fünf Punkte. Die edle Elf des Scheichklubs scheint auf dem Weg, die stattlichen Investitionen endlich in Titel umzumünzen - auch in der Champions League zogen die Hauptstädter ins Viertelfinale ein (Gegner sind dort aber Barças Fußball-Überirdische). Zlatan Ibrahimovic, David Beckham und Co. könnten in Paris erst der Anfang sein. Wenn die reichen Geldgeber aus dem Mittleren Osten in der kommenden Saison Ernst machen, dürften noch mehr hochbezahlte Akteure den Weg an die Seine finden. Vielleicht heuern dann Leute wie der Brasilianer Neymar oder der Engländer Wayne Rooney beim bis dahin amtierenden französischen Meister an.
Österreich: Satte 13 Punkte Vorsprung auf Tabellenplatz zwei hat sich im Laufe dieser Spielzeit Austria Wien in der österreichischen Liga erarbeitet. Die "Veilchen" dominieren die Meisterschaft weit vor den zurückgefallenen roten Bullen aus Salzburg, bei denen Sportdirektor Ralf Rangnick in dieser Saison wohl auf den Meisterjubel verzichten muss. Ein Titelgewinn der Austria liegt übrigens schon etwas zurück: 2006 war der Wiener Klub zuletzt Österreichs beste Elf, 2009 holte man immerhin den Pokal. In diesem Jahr scheint das Team von Trainer Peter Stöger kaum mehr aufzuhalten, denn auch der Rest der Konkurrenz um Rapid Wien und Sturm Graz dürfte nicht mehr an Austria herankommen.
Schottland: Eigentlich ist der Titelkampf im Land der Highlands seit Jahren eine Angelegenheit zwischen Celtic Glasgow und den Rangers - ein Duell, an dem sich ganze Glaubenskriege entflammen, denn Protestanten und Katholiken schüren noch immer beträchtliche Ressentiments. Doch nach der Insolvenz der Rangers (sie brechen mittlerweile in der vierten Liga sämtliche Zuschauerrekorde) ist die Meisterschaft in Schottland zur Langweile-Veranstaltung mutiert. Stürmer Georgios Samaras (Bild) und seine grünweißen Kollegen führen die Liga deutlich an, 15 Punkte trennen Tabellenführer Celtic vom zweiten FC Motherwell. Übrigens: Der letzte Meister, der nicht Rangers oder Celtic hieß, war in den Jahren 1984 und 1985 der FC Aberdeen. Derzeit ist der Traditionsklub aber nur Neunter.
Dänemark: Klare Verhältnisse herrschen auch bei den Dänen. In der "Superligaen" könnte wohl nur noch eine plötzliche Flut die Meisterschaft des FC Kopenhagen verhindern. 16 Zähler liegen die Hauptstädter vor dem FC Randers, 17 sogar vor Vorjahresmeister FC Nordsjaelland. Der Empörkömmling aus der Provinz feierte in der vergangenen Saison überraschend den Titel und schaffte es bis in die Gruppenphase der Champions League. Dorthin zu gelangen dürfte bereits jetzt auch das Ziel der Kopenhagener sein - eine Mannschaft, die in der laufenden Spielzeit erst einmal verloren hat, sollte sich schließlich hohe Ziele stecken.
Griechenland: Aus der Peloponnes schwappen gerade erschütternde Bilder herüber. Ein Spieler von Ewald Lienens Klub AEK Athen wurde nach einem Hitlergruß im Stadion lebenslang aus dem Nationalteam verbannt - auch sonst hinterlässt der griechische Fußball keinen allzu guten Eindruck. Korruptionsvorwürfe, Ausschreitungen und prekäre Verhältnisse plagen die heimische Liga, einzige Konstante scheint da die Dominanz von Olympiakos Piräus in der sogenannten "Super League". 16 Punkte beträgt der Rückstand des zweitplatzierten Überraschungsklubs Asteras Tripolis auf die Rotweißen und wenn die Fußballgötter keine plötzlichen Launen mehr haben, dürfte es das in Sachen Meisterschaft gewesen sein.