Pfarrkirchen (dpa) - Es kann der Abschluss einer fragwürdigen Versicherung sein, die Weigerung, das riesige Haus zu verkaufen, oder der Einkauf auf einer dubiosen Kaffeefahrt: Eltern treffen manchmal Entscheidungen, mit denen sie im Nachhinein nicht unbedingt glücklich sind. Häufig landet das Problem dann bei den Kindern.
Sprüche wie „Das hätte ich dir gleich sagen können“ oder „Hättest du mich doch vorher gefragt“ sollten sie sich dann besser verkneifen. „Natürlich darf man sich ärgern, aber Vorwürfe bringen niemanden weiter“, erklärt Eva-Maria Popp, Coach und Kommunikationstrainerin aus Pfarrkirchen bei Passau.
Bei Kindern kommt in solchen Momenten durchaus Skepsis. Die Frage stellt sich, ob die Eltern noch in der Lage sind, wichtige Entscheidungen zu treffen. Doch Vorsicht! „Niemand ist davor geschützt, falsche Entscheidungen zu treffen - die Eltern ebenso wenig wie die Kinder“, sagt Psychotherapeutin Roswitha Brühl.
„Man sollte in sich gehen und sich in den anderen versetzen: Wenn ich es wäre, wie würde ich wollen, dass man mit mir umgeht?“, rät Helga Maria Lauchart. Sie ist psychologische Psychotherapeutin und Buchautorin aus Unterwössen nahe Rosenheim.
Das Signal an die Eltern sollte also sein: „Wir halten zusammen, ich unterstütze euch.“ Daraus dürften Kinder allerdings nicht den Anspruch ableiten, künftig stets in Entscheidungen eingebunden zu werden. „Es ist wichtig, eine eigene Position zu finden“, empfiehlt Popp. Die Kinder sollten für sich herausfinden, wie sehr sie sich engagieren und einspannen lassen möchten.
Grundsätzlich ist der Austausch in der Familie wichtig. Popp empfiehlt hier „aktives Zuhören“. Das bedeutet, viele Fragen zu stellen und auch zwischen den Zeilen der Antworten zu lesen. Die Mutter hat wieder einiges beim Homeshopping-Kanal bestellt? Vielleicht muss man sogar zubuttern, weil sie zu viel Geld ausgegeben hat? „Man sollte sich fragen, was dahinter steckt, warum sie das tut.“ Vielleicht ist sie einsam und freut sich über den Postboten oder den Anruf bei dem Sender, um ein wenig zu plaudern.
Statt ihr nur Geld zu geben, kann man vorschlagen, mit ihr einkaufen zu gehen oder ins Café - und sie mehr unter Menschen zu bringen. Erzwingen kann man dabei nichts. „Auch fürsorgliche Bevormundung ist Bevormundung“, erklärt Brühl. Eltern sind mündige Menschen - auch im Alter.
Kinder sollten ihre Motivation hinterfragen: Ist es echte Sorge um die Eltern, ob sie es noch schaffen, Entscheidungen größeren Ausmaßes zu treffen? Ist es Interesse an dem, was die Eltern bewegt und beschäftigt? Oder ist es der Gedanke ans Erbe und der Wunsch nach Kontrolle?
Manche älteren Menschen lehnen Unterstützung ab, weil sie Angst haben, ihre Selbstständigkeit zu verlieren oder anderen zur Last zu fallen. Auch hier könne es helfen, wenn Kinder von sich sprechen: „Ich würde mich besser fühlen, wenn ich dich unterstützen dürfte.“ Die Ich-Botschaften können bei den Eltern mehr bewirken als Vorwürfe.
Literatur:
Helga Käsler-Heide: Wenn die Eltern älter werden. Ein Ratgeber für erwachsene Kinder. Beltz Verlag. 260 S. Euro 16,95. ISBN-13: 9783407228857