Reisefotos "Intimacy under the Wires":Unter die Wäsche gehen

Hemden, Hosen, aber auch Dessous, die über der Straße trocknen - ein vertrauter Urlaubsanblick. Die New Yorker Fotografin Sivan Askayo stellt sich genau unter die Wäscheleinen und lässt die Betrachter ihrer Bilder über die Besitzer der Kleider rätseln.

Von Katja Schnitzler

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(Foto: Sivan Askayo)

Hemden, Hosen, aber auch Dessous, die über der Straße trocknen - ein vertrauter Urlaubsanblick. Die New Yorker Fotografin Sivan Askayo stellt sich genau unter die Wäscheleinen und lässt die Betrachter ihrer Bilder über die Besitzer der Kleider rätseln. Ein Aschewolken hustender Vulkan auf Island ist schuld, dass die Reisefotografin und -autorin Sivan Askayo aus einem ungewöhnlichen Motiv eine ganze Fotoserie voller Leichtigkeit entwickelte: "Intimacy under the Wires". Auf der ganzen Welt wirft sie intime Blicke unter die Wäscheleinen, die sich zwischen Hauswänden und über Straßen spannen. Ein Urlaubsbild, das alle kennen - nur selten allerdings aus Deutschland, wo die nasse Wäsche nicht präsentiert wird, sondern meist brav auf Ständern vor sich hin trocknet. Doch was hat nun der Eyjafjallajökull mit den Bildern zu tun? Im Bild: Wäsche in Barcelona

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(Foto: Sivan Askayo)

Im April 2010 besuchte die israelische Fotografin, die ihren Wohnsitz in New York hat, ihre Heimat. An einem Freitagnachmittag spazierte sie durch die ruhigen Straßen von Jaffa: "Freitage in Israel haben diese besondere Stimmung, alle scheinen ein bisschen langsamer zu werden, um sich für den Sabbat vorzubereiten", erzählt Askayo. Sie wartete auf einen Freund, als sie über sich die Stimme einer Frau hörte, die gerade ihre Wäsche vor dem Fenster aufhing. Die Fotografin wartete, bis sie damit fertig war. "Da kam plötzlich ein leichter Wind auf, blähte die Kleidung auf und hauchte ihr Leben ein." Den Moment hielt Askayo auf diesem Bild fest. Doch ohne die Aschewolken des Eyjafjallajökull wäre es vielleicht bei diesem einen zauberhaften Bild geblieben. Im Bild: Wäsche in Jaffa

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(Foto: Sivan Askayo)

Auf dem Heimweg von Tel Aviv machte Sivan Askayo einige Tage Zwischenstopp in London - und blieb länger als gedacht, als der Flugverkehr wegen des Vulkanausbruchs eingestellt werden musste. Diese Zeit nutzte die Reisefotografin (und Bloggerin, zum Beispiel über ihren Aufenthalt in Lissabon), um eine Unmenge Motive in den Straßen von London festzuhalten. In Brixton entdeckte sie eines, das ihr sehr vertraut war: Wäsche, die vor dem Fenster trocknet. "Es ist eines meiner liebsten Bilder der Serie geworden." Mit dieser Aufnahme fing sie an, sich Gedanken über die Besitzer der Kleidung zu machen: Wie lebten sie, und mit wem? Im Bild: Wäsche in London

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(Foto: Sivan Askayo)

"Mit einem Blick auf ihre Wäsche erfährt man so viel über die Besitzer", erklärt Askayo ihre Faszination: Manche hängen nur Arbeitsklamotten auf, andere Partykleider, manche Uniformen, ... Im Bild: Wäsche in Venedig

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(Foto: Sivan Askayo)

... manche Kinderkleidung und wieder andere ... Im Bild: Wäsche in Vietnam

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(Foto: Sivan Askayo)

... stellen ihre Unterwäsche, ihre Nachthemden und BHs zur Schau - persönliche Dinge, die sie in einem anderen Kontext niemals öffentlich präsentieren würden. Im Bild: Wäsche in Florenz

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(Foto: Sivan Askayo)

Nach ihrem Aufenthalt in London machte sich Askayo auf die Suche nach weiteren solchen sehr persönlichen Einblicken: "Bei 'Intimacy under the Wires' geht es aber nicht nur um Wäsche, sondern um kulturelle Unterschiede, um die Orte selbst und um die stets unsichtbaren Leute, die diese Kleidung tragen", erklärt sie.  Im Bild: Wäsche in Buenos Aires

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(Foto: Sivan Askayo)

Auf ihren Reisen interessieren sie weniger Porträts der Menschen als vielmehr der Städte selbst, ihrer Straßen und ihrer ganz eigenen Dynamik. Und sie zeigt mit den Fotos auch, was die Menschen im Alltäglichen verbindet: "Ich war überrascht, wie ähnlich und doch so unterschiedlich die Wäsche in den verschiedenen Ländern ist." Im Bild: Wäsche in Florenz

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(Foto: Sivan Askayo)

Meist findet sie ihre Motive in den Altstädten, in denen die Wäsche noch für alle sichtbar an der Luft trocknet. Doch sie zeigt niemals nur die Kleidungsstücke, sondern lokalisiert sie mit Straßenschildern, dem Gebäude oder nur einem Fenster - jeweils mit ihren ganz eigenen Bauweisen, Farben und Materialien. Im Bild: Wäsche in Brooklyn

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(Foto: Sivan Askayo)

Und sie spielt mit der Lust am Voyeurismus: Nicht nur in fremden Städten versuchen wir, Einblicke in das Leben anderer zu bekommen. Fotografen genügt dieser kurze Blick nicht, sie halten ihre Sichtweise auf die Welt für andere fest. Im Bild: Wäsche in Jaffa

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(Foto: Sivan Askayo)

"Ich stehe unter der Wäscheleine und warte auf den richtigen Moment, wenn eine Brise Leben, Energie und Rhythmus in die Kleider bringt. Ich fühle mich wie ein Spion, der in die Welt von Fremden blickt, ohne dass diese es merken." Doch manchmal wird sie selbst beobachtet: "Einige schauen mir nur befremdet zu, anderen bin ich egal, und mit manchen komme ich ins Gespräch. Sie wollen dann oft die Bilder sehen, die ich gerade von ihrer Kleidung gemacht habe." Im Bild: Wäsche in Venedig

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(Foto: Sivan Askayo)

Ihre israelischen Freunde teilen ihr inzwischen mit, wo besonders schön bestückte Wäscheleinen zu finden sind - und fotografieren sie beim Fotografieren. Im Bild: Wäsche in Tel Aviv

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(Foto: Sivan Askayo)

Während ein Gesetz in Paris das Trocknen vor den Fassaden untersagt und sie in New Yorks Chinatown feststellen musste, dass hier die meisten Menschen lieber Trockner nutzen, wusste Askayo anhand der Fan-Trikots in Spanien, welche Mannschaften am Tag zuvor gespielt hatten. Im Bild: Wäsche in Vietnam

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(Foto: Sivan Askayo)

Sie ist von dem Projekt so fasziniert, dass sie eigens nach Lissabon und Neapel reiste, um Wäsche beim Trocknen zu fotografieren: "Ich wurde nicht enttäuscht". Mehr Bilder der Reise-Fotografin Sivan Askayo finden Sie auf sivanaskayo.com. Im Bild: Wäsche in Neapel

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