Neulich war ich in einer Bar verabredet, mit meiner Freundin Kimberly und ihrer Clique. "Wir treffen uns dort zum Malen", hatte sie angekündigt. Vor meinem inneren Auge sah ich mich hinter einer Staffelei stehen und ein Aktmodell skizzieren. Meine Erwartungen waren groß.
Der Monarch Club im hippen SoMa ist eine Musikbar, in der sonst DJs auflegen, junge Tech-Arbeiter im Hinterzimmer tanzen und hin und wieder Stripperinnen auf dem Tresen turnen. Doch als ich dort zur verabredeten Zeit auftauchte, verteilte ein Organisator Blätter wie aus einem Kinderbuch. Zum Ausmalen. War ich im falschen Lokal? Nein, ich war bei einem Trink-und-Mal-Event.
Es gab verschiedene Motive zur Auswahl, dazu ein Set bunter Stifte. Ich verabschiedete mich innerlich seufzend von Leinwand und Aktmodell und zog mich mit einer Science-Fiction-Szene an die Bar zurück. Alle außer mir waren offenbar begeistert, bestellten sich exotische Cocktails und schraffierten los. Viele malten gleich mehrere Bilder hintereinander aus.
Was für ein Farbspiel
Die Zeichnungen wurden anschließend an einer Wand aufgehängt, eine Mini-Ausstellung der eben geschaffenen, äh, colorierten Werke. Manche sprachen vom Zusammenwirken der Farben oder über den Realismus von Science-Fiction-Motiven.
Einer der Hobby-Maler hatte seine blaue Phase und füllte alle Bilder nur mit einem blauen Stift aus. Egal, Hauptsache er entspannte dabei, das ist Ziel der Übung. Nur ich verfehlte es, das Ausmalen kam mir etwas albern vor. Ich fühlte mich stark an meine Zeit im Kindergarten erinnert. Nur dass der Spaß damals günstiger war, weil wir keine Drinks für zwölf Dollar konsumierten.
Der moderne Kalifornier lässt einfach keinen noch so stumpfsinnigen Trend an sich vorbeiziehen. Nein, er probiert alles freudig aus und frönt seinem Hobby nie allein - weder beim Kinderbücher ausmalen in einer Bar noch beim Stricken im Café. Auch diese Bewegung erfreut sich einer erstaunlichen Beliebtheit.
Immer wieder sehe ich junge Menschen um einen Tisch sitzen und konzentriert auf ihren Schal oder ihre Socken starren, die Reihe um Reihe Gestalt annehmen. Auch dieses gemeinsam zelebrierte Hobby weckt bei mir Erinnerungen an früher, an den Handarbeitsunterricht in der Grundschule - eher eine deprimierende Erfahrung. Häufig sind Männer in diesen Strickgruppen sogar in der Überzahl, was in Sachen Gleichberechtigung selbstverständlich zu befürworten ist. Trotzdem finde ich das Gestricke im besten Fall meditativ, was eigentlich nur Schönreden für stinklangweilig ist.
Was habe ich nur verpasst? Ist Malen oder Stricken etwa cool? Lässiger noch als das öffentliche und gemeinsame Polieren von Autos?