Wahl in Großbritannien:"Auslandseinsätze nur, wenn dies unbedingt notwendig ist"

Allzu viele Details nennt Corbyn nicht, aber er hat eine Botschaft an die britischen Soldaten, von denen einige Tausend momentan in den Straßen von London, Manchester oder Birmingham patrouillieren, weil weiterhin die höchste Sicherheitsstufe gilt. "Ich werde euch nur in Auslandseinsätze schicken, wenn dies unbedingt notwendig ist, es einen klaren Plan gibt und ihr die Ressourcen habt, damit ein Ergebnis herauskommen kann, das Frieden garantiert."

Weil diverse Medien bereits vorab Ausschnitte der Rede veröffentlicht hatten, konnten konservative Politiker Corbyns Rede schon vor Beginn mit scharfen Worten kritisieren. Ben Wallace, der Sicherheitsminister, nannte sie "unglaublich enttäuschend" und erinnerte daran, dass die polizeilichen Ermittlungen noch laufen würde. Der Zeitpunkt für die Rede sei "schrecklich", so Wallace, er teile Corbyns Einschätzung überhaupt nicht. Lob für Corbyn gab es hingegen von den Grünen.

Ukip: Theresa May trägt Mitschuld für Manchester-Anschlag

Die europafeindliche Ukip-Partei hatte schon am Donnerstag wieder Wahlkampf geführt und ihr Programm vorstellt. Seit Ukips Traum, der Austritt aus der EU, nach dem Brexit-Referendum nun Wirklichkeit wird, ist die Partei in den Umfragen abgesackt - ihr Daseinsgrund steht in Frage. Für Schlagzeilen ist Ukip immer noch gut: Vizechefin Susanne Evans gibt Theresa May als ehemaliger Innenministerin eine Mitverantwortung für das Attentat. "May hat es Dschihadisten erlaubt, nach ihrem Kampf für den IS zurück in unser Land zu kommen. Außerdem hat sie dabei versagt zu verhindern, dass Extremisten ihren Hass in unseren Moscheen und Universitäten verbreiten." Später versuchte Evans, ihre Aussage zu relativieren und es scheint fraglich, ob diese Kritik der schwächelnden Ukip-Partei helfen wird (das Mehrheitswahlrecht in den Wahlkreisen benachteiligt sie ohnehin).

Weil die Konservativen sich in ihrem Wahlprogramm für Kürzungen im Sozialbereich ausgesprochen haben, sind die Popularitätswerte von Theresa May zuletzt etwas eingebrochen. Dennoch bleibt sie weiterhin beliebter als Jeremy Corbyn: 45 Prozent halten sie für die bessere Premierministerin, während nur 28 Prozent den Labour-Chef vorziehen. Und wohl noch entscheidender: 55 Prozent der Befragten denken, dass May in Sicherheitsfragen und in Reaktion auf den Anschlag die besseren Entscheidungen treffen wird. Corbyn kommt nur auf 33 Prozent.

Nationale Sicherheit dominiert die Endphase des Wahlkampfs

Bis zur Abstimmung am 8. Juni sind es noch knapp zwei Wochen, in denen viel über nationale Sicherheit diskutiert werden wird. Wie Corbyns heutiger Auftritt und die Kritik am "Krieg gegen Terror" bei den Wählern außerhalb seiner Hardcore-Fans ankommt, bleibt abzuwarten. Er betonte mehrmals, dass er mit der Rede nicht parteipolitisch punkten wolle - und dass es richtig und wichtig sei, dass der Wahlkampf weitergehen und über die verschiedenen Konzepte für Großbritannien debattiert werde.

So schrecklich der Anschlag von Manchester gewesen sei: Für Corbyn ist der demokratische Streit auch ein Akt des Widerstands gegen die Terroristen. Die Briten sollten nicht vergessen, "dass unsere Regierung nicht durch die Laune eines Autokraten oder ein religiöses Dekret" gebildet werde und sich auch niemals durch die Bombe eines Terroristen einschüchtern lassen werde. Darauf sollten sich eigentlich alle Briten einigen können - unabhängig, welche Partei sie wählen wollen.

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