Verfassung - Weimar:Richter: Teile von Corona-Verordnung verfassungswidrig

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Weimar (dpa/th) - Einige Regelungen in einer Thüringer Corona-Verordnung von Dezember 2020 widersprechen der Verfassung. Das gelte für ein landesweites Ausschankverbot von Alkohol im öffentlichen Raum sowie für einen Passus zur nächtlichen Ausgangsbeschränkung der Verordnung vom 14. Dezember vergangenen Jahres, teilte das Thüringer Verfassungsgericht am Montag in Weimar mit. Die Richter monierten, dass während des nächtlichen Ausgangsverbots auch das Verlassen der Wohnung für körperliche Bewegung untersagt war. Das Böllerverbot zu Silvester 2020 erklärten sie dagegen für rechtens.

Die AfD-Landtagsfraktion hatte eine Überprüfung der Verordnung verlangt. Sie sieht sich durch die Entscheidung der Verfassungsrichter nun in ihrer Haltung bestätigt. Ihr zweiter Parlamentarischer Geschäftsführer Stefan Möller kündigte an, dem Verfassungsgericht in nächster Zeit auch die aktuellen 2G- und 3G-Regelungen in Verordnungen der Landesregierung zur Überprüfung vorzulegen.

Durch die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes im November 2020 habe es eine hinreichende parlamentarische Ermächtigung für Verordnungen auch die der Landesregierung gegeben, erklärte das Verfassungsgericht. Weil zu dieser Zeit Impfungen noch nicht allgemein zur Verfügung standen, konnte die Sieben-Tage-Inzidenz als Richtwert für Einschränkungen dienen.

Einzelregelungen der Verordnung hätten jedoch nicht in jeder Beziehung dem Infektionsschutzgesetz entsprochen oder seien mit Grundrechten der Verfassung unvereinbar, erklärten die höchsten Thüringer Richter. Ein Ausschankverbot für Alkohol hätte danach der Festlegung bestimmter Orte bedurft, wo es gelten sollte.

Die Ausgangsbeschränkung zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr war den Verfassungsrichtern nicht präzise genug. Verboten worden sei ausdrücklich nur das Verlassen der Wohnung - damit konnte nach ihrer Auffassung kein Bußgeld verhängt werden, wenn Menschen vor 22.00 ihre Wohnung verließen und sich dann im Freien aufhielten. Zudem entschieden sie, "dass allgemeine Ausgangsbeschränkungen nur als Ultima Ratio in Betracht kommen, wenn andere Schutzmaßnahmen nicht mehr ausreichen, um die Verbreitung einer Ansteckungskrankheit wirksam einzudämmen". Zudem müssten in diesem Fall Ausnahmen für grundrechtlich geschützte Tätigkeiten und für die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen vorgenommen werden.

Sieben der neun Richter bewerteten es als verfassungswidrig, "dass das Ausgangsverbot auch einzelnen Personen untersagte, nachts die Wohnung zu verlassen, um sich allein im Freien zu bewegen". Das geringe Infektionsrisiko dabei rechtfertigte eine Ausgangsbeschränkung nicht. Insgesamt bewertete der Verfassungsgerichtshof die Ausgangsbeschränkung "als noch verhältnismäßig" - weil sie über zwei Monate nur nachts galt.

© dpa-infocom, dpa:211220-99-455463/3

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