Bus und Bahn:"In quasi allen Betrieben haben wir den Stillstand"

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Die Gewerkschaft Verdi hat zu einem bundesweiten Warnstreik aufgerufen, der bis Samstagmorgen andauern soll. (Foto: Michael Matthey/dpa)

Die Gewerkschaft Verdi hat etwa 90 000 Beschäftigte in 130 kommunalen Unternehmen zum Arbeitskampf aufgerufen - nur Bayern ist nicht betroffen. Die Fahrer fordern vor allem bessere Arbeitsbedingungen.

Ein Streik bei Bus und Bahn hat am Freitag den öffentlichen Nahverkehr in fast ganz Deutschland weitgehend lahmgelegt. In mehr als 80 Städten in 15 Bundesländern ging im Bus-, U- und Straßenbahnverkehr nichts mehr. Die Gewerkschaft Verdi hatte etwa 90 000 Beschäftigte von mehr als 130 kommunalen Unternehmen in Städten und Landkreisen zum Arbeitskampf aufgerufen. Lediglich Bayern war nicht betroffen, weil dort die Tarifverträge noch laufen. Der Ausstand war in den meisten Kommunen ganztägig geplant. "In quasi allen Betrieben haben wir den Stillstand", sagte Andreas Schackert, Bundesfachgrup­pen­lei­ter Bus­se & Bah­nen bei Verdi, der Nachrichtenagentur Reuters. "Das war ein großer Erfolg." Genaue Zahlen, wie viele Mitglieder mitgemacht haben, wurden nicht genannt.

Besonders betroffen war Nordrhein-Westfalen. Dort arbeitet etwa jeder Dritte der zum Warnstreik Aufgerufenen. Dieser habe planmäßig mit dem Schichtbeginn in der Regel zwischen drei und vier Uhr begonnen, sagte Peter Büddicker vom Verdi Landesbezirk NRW. Die Streikbeteiligung sei hoch. Ähnliche Meldungen gab es auch in anderen Bundesländern, etwa in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen oder dem Saarland. Nicht betroffen sind Verkehrsbetriebe in manchen Städten wie Aachen oder Mannheim, weil es dort Haustarifverträge gibt.

"Fridays for Future" unterstützt den Streik

Mit dem bundesweiten Streik bei Bus und Bahn will Verdi den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Die Gewerkschaft argumentiert, die Belastung der Beschäftigten und die Personalnot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hätten immer mehr zugenommen. "Wir haben einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften im ÖPNV und einen unglaublichen Druck auf die Beschäftigten", sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle jüngst. Es müssten schnell Lösungen zur Entlastung gefunden werden.

Anfang Dezember hatte Verdi die Tarifrunde eingeleitet und Forderungen in allen Bundesländern überreicht. Jeder Tarifbereich hat zwar eigenständige Forderungen. Im Kern geht es aber überall um Themen wie weniger Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, kürzere Schichten, die Verringerung unbezahlter Wegzeiten, ein Ausweiten der Ruhezeiten, mehr Urlaub oder zusätzliche Entlastungstage. In manchen Ländern wird auch über höhere Löhne und Gehälter verhandelt.

Luisa Neubauer von "Fridays for Future" macht an einem Berliner Busdepot ein Selfie mit Streikleiter Lothar. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Unterstützt werden die Warnstreiks von der Klimabewegung Fridays for Future (FFF). Sie fordert bessere Arbeitsbedingungen in der Branche als Voraussetzung dafür, dass der ÖPNV als Alternative zum Auto attraktiver wird. "Natürlich können wir als Klimabewegung dafür kämpfen, dass Klimaziele im Verkehr eingehalten werden können und die Emissionen endlich sinken", sagte Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer am Morgen beim Besuch eines Warnstreikpostens in Berlin. "Aber das geht am Ende nicht auf, wenn wir ignorieren, unter welchen Bedingungen die Menschen arbeiten."

Auch die Grünen solidarisierten sich mit den Streikenden. Diese seien "die alltäglichen Klimahelden", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. "Sie schaffen mit ihrer Arbeit jeden Tag, dass Millionen Menschen in Deutschland klimafreundlich und zu bezahlbaren Preisen unterwegs sind. Deshalb ist der Einsatz für gute Arbeitsbedingungen wichtig."

Verdi hatte am Donnerstag den Betrieb an elf deutschen Flughäfen mit einem Streik beim Sicherheitspersonal weitgehend lahmgelegt. Die Gewerkschaft hat zudem für Freitag am Hamburger Flughafen zum Arbeitskampf beim Bodenpersonal aufgerufen, das etwa für die Gepäckabfertigung zuständig ist. Dort sind bisher aber nur einige wenige Starts und Landungen gestrichen.

© SZ/Reuters/dpa/jala/kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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