Bei dem Polizeibeamten, der kurz nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington am 6. Januar gestorben ist, liegt nach offiziellen Angaben keine gewaltsame Todesursache vor. Nach einem Bericht der Washington Post ist die zuständige Gerichtsmedizin in der US-Hauptstadt stattdessen zu dem Schluss gekommen, dass der Beamte Brian Sicknick eines "natürlichen Todes" gestorben sei - wegen zweier Schlaganfälle. Die These, Sicknick sei bei der Auseinandersetzung mit Demonstranten tödlich verwundet worden, lässt sich damit kaum noch halten.
Der 42 Jahre alte Sicknick gehörte der Capitol Police an, jener Polizeitruppe, die für die Sicherheit rund um den Sitz des US-Parlaments verantwortlich ist. Am 6. Januar, als aufgebrachte Fans des abgewählten Präsidenten Donald Trump das Gebäude stürmten, war Sicknick dort im Einsatz. Er war, wie Dutzende andere Capitol-Police-Beamte auch, in körperliche Auseinandersetzungen mit Protestierenden verwickelt und wurde dabei von zwei Personen mit sogenanntem Bear Spray besprüht - einer Art Tränengas, das man in den USA kaufen kann, um sich bei Wanderungen in der Wildnis im Ernstfall gegen Bären wehren zu können.
Trump und die Folgen:Um die Seele der Republikaner tobt ein brutaler Kampf
An den Rand drängen? Umschmeicheln? Gar huldigen? Die Republikaner ringen mit der Frage, wie sie mit dem Ex-Präsidenten umgehen sollen. Und Trump? Nennt den wichtigsten Republikaner in Washington "Hurensohn".
Zu Beginn der Ermittlungen stand zudem die Behauptung im Raum, Demonstranten hätten bei den Rangeleien mit einem Feuerlöscher auf Sicknick eingeschlagen und ihn am Kopf verletzt. Einige Stunden nach der Konfrontation brach Sicknick zusammen, am Tag darauf starb er.
Für die Demokraten wurde der tote Polizist sofort zu einem politischen Märtyrer. Er wurde als treuer Patriot dargestellt, der sein Leben bei der Verteidigung des Kapitols, der Heimstatt der amerikanischen Demokratie, gegeben habe. Auch das US-Justizministerium schloss sich umgehend der Darstellung an, Sicknick sei den Verletzungen erlegen, die er beim Kampf um das Parlament erlitten habe. Sicknick wurde später im Kapitol aufgebahrt, inzwischen ist er auf dem Nationalfriedhof in Arlington beigesetzt worden.
Für die Republikaner war der tote Beamte ein politisches Problem
Für die Republikaner, die sich gerne als Partei gerieren, die die Polizei unterstützt, war der tote Beamte dagegen ein politisches Problem. Im Amtsenthebungsverfahren, das die Demokraten nach dem 6. Januar gegen den damaligen Noch-Präsidenten Trump anstrengten, spielte Sicknicks Tod eine wichtige Rolle. Die Republikaner mussten sich fragen lassen, wie sie weiterhin zu einem Präsidenten stehen konnten, dessen Anhänger angeblich einen Polizeibeamten totgeprügelt haben?
Dass Sicknick nicht durch Schläge mit einem Feuerlöscher getötet worden ist, zeichnete sich schon seit Längerem ab. Die ermittelnden Behörden haben gegen die beiden Personen, die an der Auseinandersetzung mit dem Beamten beteiligt waren und die inzwischen festgenommen worden sind, keine Mordanklagen erhoben - ein Hinweis darauf, dass die beiden Männer, wenn überhaupt, nur indirekt Schuld am Tod des Beamten tragen. Nach dem nun bekannt gewordenen Obduktionsergebnis ist es eher unwahrscheinlich, dass es in dem Fall noch zu einer Mordanklage kommt.
Zwar ist in medizinischer Hinsicht nicht ausgeschlossen, dass der Angriff mit dem Bear Spray in irgendeiner Weise zu den Schlaganfällen beigetragen hat, an denen Sicknick gestorben ist. Doch nach Angaben der Washington Post hat der Gerichtsmediziner keine kausale Verbindung zwischen den beiden Ereignissen festgestellt. Es gebe keine Hinweise darauf, dass das Spray zum Beispiel eine gefährliche allergische Reaktion ausgelöst habe, sagte der Pathologe Francisco Diaz, der Sicknicks Leichnam untersucht hat, der Zeitung.