US-Präsident in Selma:Obama feiert Bürgerrechtler - und preist Amerika

541582441

Barack Obama bei der Rede zum 50. Jahrestag des "Bloody Sunday" der Bürgerrechtsbewegung.

(Foto: AFP)
  • 50 Jahre, nachdem schwarze Bürgerrechtler an der Edmund Pettus Bridge in Selma niedergeknüppelt wurden, hält der erste afroamerikanische Präsident dort eine Rede.
  • Barack Obama würdigt die Bürgerrechtler als Helden und vergleicht sie mit den Gründervätern, die sich gegen die englische Bevormundung auflehnten. Es sei eines der amerikanischen Grundprinzipien, die Gesellschaft verbessern zu wollen.
  • Trotz Polizeigewalt gegen Schwarze in Ferguson und anderswo ist Obama der Meinung, dass sich vieles zum Besseren gewandelt hat.
  • Obama appelliert an das Wir-Gefühl der Amerikaner und ruft seine Landsleute dazu auf, weiter gemeinsam daran zu arbeiten, Amerika voranzubringen: "Unser Marsch ist noch nicht zu Ende".

Von Matthias Kolb, Washington

Erinnerung an einen Wendepunkt in der US-Bürgerrechtsbewegung

Für Barack Obama ist es ein Wiedersehen mit Selma. Bereits 2007, als Kandidat für das Weiße Haus, reiste der Demokrat in jene Stadt im konservativen Alabama, deren Name für einen Wendepunkt in der US-Bürgerrechtsbewegung steht. Nun steht Amerikas erster schwarzer Präsident auf jener Brücke, über die 1965 Hunderte Afroamerikaner marschierten. Sie forderten friedlich Gleichberechtigung und das Recht, wählen zu dürfen - und wurden brutal von der lokalen Polizei verprügelt. Die Bilder schockierten die USA und die Welt.

Genau 50 Jahre nach dem "Bloody Sunday" wendet sich Obama an die Bürger eines Amerikas, das sich grundlegend verändert hat. Neben seiner Frau Michelle und den Töchtern Sasha und Malia sitzen George W. Bush mit Ehefrau Laura - andere Spitzenpolitiker der Republikaner hielten es nicht für nötig, nach Selma zu reisen. Im Hintergrund steht die Edmund Pettus Bridge, und Obama weiß, dass er ohne den Mut der Demonstranten niemals zum Präsident gewählt worden wäre.

Obama sieht Bürgerrechtler als Helden

Der US-Präsident würdigt anfangs einen Mann, den er als seinen "Helden" bezeichnet. Es ist der Demokrat John Lewis, der am 7. März 1965 über die Brücke marschiert war. Seit 28 Jahren sitzt Lewis im Repräsentantenhaus und seit 50 Jahren ziert eine Narbe seine Stirn.

Über diesen John Lewis, der direkt vor Obama sprach, sagt der US-Präsident: "In seinem Beutel befand sich ein Apfel, eine Zahnbürste und ein Buch über das Regieren - mehr braucht es nicht für eine Nacht hinter Gittern. John Lewis machte sich auf und führte die Gruppe auf ihre Mission, Amerika zu verändern." Der ständige Wunsch, sich zu verbessern, mache Amerika besonders. Dies ist die Botschaft, die sich durch Barack Obamas 32-minütige Rede zieht. Es ist eine Rede, die in Erinnerung bleiben wird - wegen ihres Optimismus, der schönen Sprache und weil sie an das "Wir"-Gefühl der Amerikaner appelliert und zur Versöhnung aufruft.

Ein Grundprinzip Amerikas: die Gesellschaft verbessern

Es sei eines der Grundprinzipien Amerikas, ständig danach zu streben, die Gesellschaft zu verbessern, sagt der US-Präsident vor 40 000 Zuschauern. Und Selma sei einer der Orte, an dem sich das Schicksal des Landes verändert habe und an dem sich der Glaube an ein besseres Amerika manifestiert habe.

Also stellt Obama die schwarzen Bürgerrechtler in eine Reihe mit den Gründervätern, die sich gegen die englische Tyrannei aufgelehnt hätten, und all den Einwanderern, die über die Ozeane und über den Rio Grande in die USA kamen, um ein besseres Leben zu finden. Auch wenn sie wenig oder nichts besaßen, sie alle glaubten an Amerika. Die Demonstranten von Selma hätten die Türen weit aufgestoßen - nicht für Schwarze, sondern für jeden US-Bürger: "Latinos, Asian Americans, Homosexuelle und Leute mit Behinderung sind durch diese Türen marschiert." Dies mache Amerika bis heute zum Vorbild für die Welt, so Obama.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema