Sicherheit:Die Polizei bekommt einen neuen Kontrolleur

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SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch könnte der neue Polizeibeauftragte der Bundestages werden. (Foto: Sebastian Gabsch/Imago)

Ein unabhängiger Beauftragter des Bundestags soll künftig die Arbeit von BKA und Bundespolizei überwachen. Einen Kandidaten für den Posten gibt es auch schon.

Von Markus Balser, Berlin

Im Kampf gegen Missstände in Polizeibehörden will die Ampelkoalition den neuen Posten eines Polizeibeauftragten des Bundestags schaffen. Das Parlament will so die Arbeit von Sicherheitsbehörden des Bundes stärker kontrollieren. Aufgabe des Beauftragten soll es sein, strukturelle Mängel in der Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt und der Polizei beim Deutschen Bundestag zu erkennen und ihnen vorzubeugen. Das geht es aus den Eckpunkten für ein neues Gesetz hervor, das SPD, Grüne und FDP am Donnerstag in Berlin präsentierten.

Vor allem die Grünen hatten die Einführung eines solchen Beauftragten vorangetrieben, weil Berichte über Machtmissbrauch von Beamten, aber auch über Angriffe auf Einsatzkräfte zugenommen hatten. An den Beauftragten sollen sich künftig sowohl Bürger als auch Polizisten wenden können. Er soll weitgehende Befugnisse bekommen, etwa Akten anfordern können und Zutrittsrecht zu Behörden haben. Als Vorbild gilt der Posten der Wehrbeauftragten des Bundes, den seit 2020 die SPD-Abgeordnete Eva Högl innehat.

Der Beauftragte soll weitreichende Befugnisse erhalten

Die Pläne machen klar, dass die Regierungskoalition Schwachstellen bei der Kontrolle der Behördenarbeit sieht. Die Polizei müsse eine neue Fehler- und Arbeitskultur entwickeln, sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic. Es gebe Fälle von Rechtsextremismus in der Polizei, "das ist völlig unbestritten", sagte sie. Gleichzeitig sei es im Interesse der Polizei, eine Stelle zu haben, die auch deren Interessen vertrete.

Der Beauftragte soll mit weitreichenden Befugnissen die Möglichkeit bekommen, selbst Probleme wie das Aufkommen rechtsextremer Chatgruppen in Polizeidienststellen neben disziplinarrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen aufzuarbeiten. Disziplinar- und strafrechtliche Maßnahmen seien wichtig, würden aber nicht immer zu strukturellen Veränderungen führen, sagte der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann.

An den Beauftragten wenden können sich Bürgerinnen und Bürger sowie Beschäftigte der Polizei. Voraussetzung ist lediglich eine persönliche Betroffenheit und dass der Fall auf ein strukturelles Problem schließen lässt. Einsender können um vertrauliche Behandlung ihrer Identität bitten, müssen als Voraussetzung für die Behandlung aber ihre Identität bei der Stelle offenlegen. Polizistinnen und Polizisten, die sich mit Hinweisen an die Stelle wenden, sollen keine dienstlichen Nachteile entstehen.

Es gibt wohl schon einen Kandidaten für den Posten

Die bislang sehr eingeschränkte parlamentarische Kontrolle der Polizeibehörden des Bundes wird durch die Rolle des Beauftragten künftig deutlich ausgebaut. Schon im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampelkoalition vorgenommen, das Amt in dieser Wahlperiode einzuführen. Das dafür nötige Gesetz könnte nun noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Gelingt das, wäre ein Start bereits Ende dieses Jahres möglich.

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Früheren Angaben aus Kreisen der Koalition zufolge gibt es auch bereits einen Kandidaten für den Posten. Nach Angaben aus Koalitionskreisen soll der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch der erste unabhängige Polizeibeauftragte des Bundestags werden. Die SPD-Fraktion, die für den Posten das Vorschlagsrecht hat, soll sich auf den Innenpolitiker geeinigt haben. Er sitzt bislang im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Überwachung der Geheimdienste. Letztlich aber entscheidet eine Wahl im Bundestag über die Vergabe des Postens. Der Beauftragte soll für fünf Jahre gewählt werden.

Der Polizeibeauftragte soll einen kleinen Stab von Mitarbeitern bekommen. In den Haushaltsplänen für 2023 hatten die Ampelfraktionen bereits Geld für den Posten vorgesehen. Schon acht Bundesländer haben für ihre Landespolizeien ähnliche Beauftragte bei den Landtagen eingeführt. In Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein arbeiten sie bereits - unabhängig und weisungsfrei.

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