Vereinte Nationen:Bachelet verzichtet überraschend auf zweite Amtszeit

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Michelle Bachelet verzichtet auf eine zweite Amtszeit als UN-Menschenrechtskommissarin. (Foto: FABRICE COFFRINI/AFP)

Die UN-Menschenrechtskommissarin hat bei Missständen oft weniger deutliche Worte gewählt als ihre Vorgänger. Heftige Kritik schlug ihr für Äußerungen zu China entgegen.

Die nach ihrer China-Reise international in die Kritik geratene UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat überraschend den Verzicht auf eine zweite Amtszeit angedeutet. In einer Rede vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sagte sie am Montag, sie werde auf der derzeit laufenden 50. Tagung des Gremiums ein letztes Mal Bericht erstatten, da sich ihre Amtszeit als Hochkommissarin dem Ende entgegen neige. Bachelet machte persönliche Gründe dafür geltend. "Ich bin schließlich keine junge Frau mehr", sagte die 70-Jährige Ärztin und ehemalige Präsidentin von Chile. "Nach einer langen und reichhaltigen Karriere will ich zu meiner Familie und in mein Land zurückkehren."

Nach ihrer Äußerung machte sich überraschtes Raunen in dem Genfer Sitzungssaal breit. Einige Diplomaten sagten, sie seien davon ausgegangen, dass die Vertraute von UN-Generalsekretär Antonio Guterres den Posten auch über ihre in diesem Jahr endende Amtszeit hinaus behalten werde.

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:Verpasste Chance

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet schweigt bei ihrem Besuch in China. Obwohl die Menschenrechtsverletzungen dort hinreichend dokumentiert sind.

Von Christoph Gurk

UN-Menschenrechtskommissare sollen die Menschenrechte weltweit fördern, Regierungen beraten, die Länder bei der Ausarbeitung neuer Abkommen unterstützen und Verletzungen der Grundrechte anprangern. Einige der bisherigen Hochkommissare wie Bachelets Vorgänger Seid Ra'ad al Hussein verurteilten Missstände sehr offensiv, auch in den mächtigsten UN-Ländern wie den USA und China. Die 70-jährige Ex-Präsidentin Chiles hingegen hat oftmals weniger deutliche Worte gewählt als ihre Vorgänger.

Kritik nach China-Reise

Deutliche Kritik von Regierungen und Menschenrechtlern schlug ihr nach ihrem Besuch in China im Mai entgegen. Seit Jahren sieht sich die Volksrepublik mit Vorwürfen konfrontiert, die Angehörigen der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang systematisch zu unterdrücken und als Zwangsarbeiter zu missbrauchen. Erst kürzlich hatten mehrere internationale Medien über massive Menschenrechtsverletzungen, willkürliche Internierungen, Folter und die Existenz eines Schießbefehls berichtet. China weist die Vorwürfe zurück.

Bei ihrer Reise formulierte Bachelet Kritik an Chinas Umgang mit Menschenrechten nach Auffassung von Bürgerrechtsorganisationen und einigen westlichen Regierungen jedoch viel zu zurückhaltend. Kommentatoren warfen ihr vor, Propaganda von Chinas Staatsführung aufgesessen zu sein. So erklärte US-Außenminister Antony Blinken, die Umstände des Besuchs seien sehr besorgniserregend, die Behörden hätten ihren Bewegungsradius stark eingeschränkt. Eine Bewertung der Lage im Land sei damit unmöglich. Human Rights Watch warf ihr zu viel Nachsicht mit Präsident Xi Jinping vor.

Bachelet selbst wies Spekulationen zurück, dass der Rückzug mit ihrer jüngsten scharf kritisierten Reise im Mai nach China zu tun habe.

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Kommentar von Lea Sahay

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