Sanktionen gegen Iran:Moral spielt bei Trump keine Rolle

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Über den Mord Saudi-Arabiens an dem Journalisten Khashoggi sieht Trump hinweg. (Foto: dpa)

Der US-Präsident bestraft Iran mit Sanktionen, weil das Land Unruhe in der ganzen Region stiftet. Das gilt allerdings auch für Saudi-Arabien. Doch hier lässt er Milde walten.

Kommentar von Moritz Baumstieger

Der Präsident blickt in die Ferne, über seine Brust ist ein Satz gelegt: "Sanctions are coming", Sanktionen werden kommen, steht da in der Schriftart, in der die Fantasy-Serie "Game of Thrones" ihre Plakate gestaltet. Etwas kleiner, drunter: "November 5" - das Bild, das Donald Trump vergangenen Freitag twitterte, kündigt eine politische Maßnahme in dem Stil an, in dem Hollywood den Start einer neuen Serien-Staffel bewirbt.

Die Entschlossenheit, die sich Trump hier zuzuschreiben versucht, ist eine vorgetäuschte. Die Fans finden "Game of Thrones" spannend, weil in der Serie eine Figur nach der anderen um die Ecke gebracht wird. Und die Fans rätseln, für wen wohl als nächsten Schluss ist. Wer nun denkt, Trump habe mit dem skurrilen Tweet einen Warnschuss an Saudi-Arabien schicken wollen, irrt: Das Königshaus ließ zwar den Journalisten Khashoggi auf grausame Art ermorden. Doch obwohl Verbündete und Politiker in den USA Konsequenzen für das ruchlose Verhalten fordern, sieht der Präsident darüber hinweg.

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Die Maßnahmen treffen vor allem den Öl- und Bankensektor. Die US-Regierung will so maximalen Druck auf Teheran ausüben.

Volle Härte gegen Iran

"Sanktionen werden kommen" - die Ankündigung richtet sich nicht an Riad; sie zielt 1300 Kilometer weiter nordöstlich, nach Teheran. Iran wird von diesem Montag an wieder die volle Härte einer Wirtschaftsblockade durch die USA erfahren, die Trumps Vorgänger Obama als Gegenleistung für ein Abkommen zur nuklearen Rüstung zurückgefahren hatte. Aus dieser von ihm als "schlechtesten Deal aller Zeiten" geschmähten Vereinbarung ist Trump ausgestiegen - nur Monate nachdem er sich in Riad für das größte Rüstungsgeschäft aller Zeiten feiern ließ.

Dieser Schritt war fahrlässig, auch wenn eine Grundannahme Trumps nicht falsch ist: Das Teheraner Regime spielt in der Region eine üble Rolle. In fast jedem der vielen Konflikte, die zwischen Maghreb und Hindukusch toben, sind von Iran gesteuerte Milizen verwickelt. Aber wenn es wirklich Trumps Ziel wäre, die Region zu stabilisieren und zu befrieden, wäre auch ein härteres Vorgehen gegenüber Saudi-Arabien angebracht.

US-Außenminister Mike Pompeo und Pentagon-Chef James Mattis haben vergangene Woche so etwas wie einen Stimmungswechsel simuliert: Sie forderten ein Ende des Kriegs in Jemen. Was Mohammed bin Salman, Kronprinz und Verteidigungsminister aus Riad, davon hielt, zeigte sich Stunden später: Seine Luftwaffe flog Angriffe auf Jemens Hauptstadt Sanaa, Bodentruppen bereiten den Angriff auf die Hafenstadt al-Hudaida vor. Konsequenzen: keine. Der Vorstoß von Trumps Ministern sollte wohl eher Kritiker in den USA beeindrucken.

Trumps Ziel ist lediglich, den Einfluss Irans einzudämmen

Manche Experten prognostizierten nach dem Mord an Khashoggi, die Tat werde die arabische Welt so einschneidend verändern wie einst der Selbstmord von Mohamed Bouazizi - der tunesische Straßenhändler hatte sich aus Protest gegen Willkür selbst in Brand gesetzt und so die Protestwelle von 2011 ausgelöst.

Diese Kritiker der US-amerikanisch-saudischen Allianz werden ihre Hoffnungen begraben müssen. Moralische Überlegungen werden weiter keine Rolle spielen bei Trumps erklärtem Ziel, den Einfluss der Islamischen Republik Iran einzudämmen oder gleich ihr Ende einzuleiten. Das Fatale daran ist: Im Zweifel wird es diese Nachricht sein, die man in Riad, Kairo und Abu Dhabi gerne aufnimmt. Und nicht der Ruf, eine konstruktivere Rolle zu spielen, als es das Regime in Teheran tut.

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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