Thema Syrien auf G-20-Gipfel:USA geben Syrien-Lösung über UN-Sicherheitsrat auf

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G-20-Gastgeber Wladimir Putin trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dpa)

Die Fronten sind verhärtet: Während des G-20-Gipfels bekräftigt die russische Regierung ihre Ablehnung eines Militärschlags gegen das Assad-Regime. Auch bei einem gemeinsamen Abendessen wird keine Annäherung erzielt. Die USA wollen sich denn auch nicht mehr um eine Zustimmung des UN-Sicherheitsrates bemühen.

Eigentlich stehen vor allem Wirtschaftsfragen auf dem Programm - doch beim G-20-Gipfel treibt die Weltgemeinschaft ein ganz anderes Problem um: Wie könnte eine Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien aussehen?

USA und UN-Sicherheitsrat: Die USA setzen in der Syrien-Krise nicht mehr auf eine Zusammenarbeit mit dem UN-Sicherheitsrat. Das System der Vereinten Nationen habe im Falle Syriens versagt, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, am Donnerstag. Ihre Regierung werde sich in der Frage eines Militärschlags gegen die Führung in Damaskus nicht um eine Zustimmung des Sicherheitsrats bemühen. Ein britischer Resolutionsentwurf, in dem eine Antwort auf den Einsatz von Chemiewaffen gefordert wird, sei faktisch gescheitert. Die Erfahrungen und Bemühungen der vergangenen zweieinhalb Jahre zeigten, "dass es mit diesem Sicherheitsrat keinen praktikablen Weg nach vorne gibt", sagte die US-Diplomatin weiter. Russland warf sie vor, das UN-Gremium in Geiselhaft zu nehmen und seine internationalen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Wie China hat Russland mehrmals gegen Syriens Präsident Baschar al-Assad gerichtete Resolutionen mit seinem Veto verhindert.

Russland gegen Militärschlag: Die russische Führung hat ihre Ablehnung eines US-Militärschlags in Syrien mit Nachdruck bekräftigt. "Es gibt eine gesetzliche Regierung, gesetzliche Streitkräfte", sagte der Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin, Dmitri Peskow, während des G-20-Gipfels in Sankt Petersburg. Ein mit Gewalt erzwungener Regimewechsel in dem Bürgerkriegsland sei nicht legitim. "Dagegen sind wir", betonte Peskow. Allerdings sei derzeit nicht klar, wie groß der Rückhalt unter den Syrern für den umstrittenen Machthaber Baschar al-Assad noch sei. Russland sei bereit, seine Anstrengungen für eine Lösung der Krise fortzusetzen. Auch ein gemeinsames Abendessen der Gipfelteilnehmer brachte offenbar keine Annäherung: Es habe die "Spaltung" der Gipfelteilnehmer "bestätigt", teilte der italienische Regierungschef Enrico Letta unmittelbar nach dem Ende der Veranstaltung über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

UN-Generalsekretär fordert Konferenz in Genf: Der Chef der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, lehnt einen Militärschlag gegen Syrien weiter ab und dringt auf eine rasche Einberufung der geplanten Syrien-Konferenz in Genf. "Es gibt keine militärische Lösung", sagte Ban vor den anwesenden Staats- und Regierungschefs laut am Donnerstag verbreitetem Redemanuskript bei dem Treffen in Sankt Petersburg. Auch Waffenlieferungen an die Konfliktparteien lehne er ab. Stattdessen sollten bei der bislang noch nicht terminierten Syrien-Konferenz in Genf, die so rasch wie möglich einberufen werden müsse, politische Lösungen gefunden werden. Gemeinsam mit dem UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi wolle er beim G-20-Gipfel mit "so vielen Staats- und Regierungschefs wie möglich" über das Thema beraten, sagte ein Sprecher Bans. Brahimi war am Donnerstag auf Bitten Bans kurzfristig ebenfalls zu dem Gipfel gereist. Bei dem Treffen wollen die beiden die internationale Gemeinschaft auch um rund 4,4 Milliarden Dollar (rund 3,3 Milliarden Euro) an zusätzlicher humanitärer Hilfe für Syrien bitten.

Merkel dämpft die Hoffnungen: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich skeptisch gezeigt, dass die G-20-Staaten eine gemeinsame Position zum Syrien-Konflikt erreichen könnten. "Die Dinge sind sehr schwierig", sagte Merkel kurz vor Beginn des Treffens am Donnerstag in Sankt Petersburg. "Ich will die Erwartungen wirklich nicht zu hoch schrauben an dieser Stelle." Laut Außenminister Guido Westerwelle unternimmt Deutschland einen neuen Versuch, den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten. Der Sprecher der chinesischen Delegation hatte sich zuvor besorgt über einen möglichen Militärschlag gegen Syrien geäußert. Sein Land befürchte großen Schaden für die Weltwirtschaft, sagte er. Papst Franziskus hat in einem eindringlichen Appell den G-20-Gipfel aufgefordert, einen Militärschlag in Syrien zu vermeiden und stattdessen Friedensbemühungen eine Chance zu geben. Auch internationale Hilfsorganisationen rufen die Staatschefs dazu auf, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen.

Worum es in Syrien geht: Die US-Regierung sieht es als erwiesen an, dass das Assad-Regime am 21. August einen Giftgas-Angriff auf Zivilisten ausgeführt hat und will nun militärisch in den Syrien-Konflikt eingreifen. Am Mittwoch hat der Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen einem Militärschlag zugestimmt. Die endgültige Entscheidung über ein Eingreifen soll jedoch der Kongress treffen, der in der kommenden Woche tagt. International ist der Einsatz umstritten: Im UN-Sicherheitsrat sprechen sich vor allem Russland und China gegen eine Intervention aus. Zudem untersuchen gerade weltweit Labore Proben aus Syrien, die Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen liefern sollen.

Worüber die G 20 offiziell sprechen: Am Donnerstag haben die G-20-Staatschefs über die Lage der Weltwirtschaft, die Toronto-Nachfolgeziele für die Haushaltspolitik, die Krise der Schwellenländer, die Steuergestaltung großer Konzerne sowie die Regulierung von Schattenbanken beraten. Für Donnerstagabend waren Gespräche zur Entwicklungspolitik geplant. Freitag stehen bilaterale Gespräche und Beratungen zum Thema Jugendarbeitslosigkeit auf dem offiziellen Programm des Gipfels.

Linktipp: Matthias Kolb stellt in diesem Artikel die wichtigsten Akteure des G-20-Gipfels vor und beleuchtet insbesondere deren Haltung zum Syrien-Konflikt.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/beitz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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