Untersuchung der UN:Giftgas-Inspektoren verlassen Syrien

Lesezeit: 2 min

Ankunft der UN-Experten am Flughafen von Beirut. (Foto: AP)

In frühestens zehn Tagen soll veröffentlicht werden, wie UN-Experten den mutmaßlichen Giftgasanschlag in Syrien bewerten. Doch die Amerikaner sind schon jetzt überzeugt, dass Machthaber Assad die Schuld trägt und planen einen "begrenzten" Militärschlag. Ein deutscher Ex-UN-Botschafter zieht Parallelen zum Fall Irak.

Das Expertenteam der Vereinten Nationen hat seine viertägige Untersuchung des Giftgas-Einsatzes in Syrien vor Ort beendet und das Land verlassen. Augenzeugen zufolge kamen die Inspektoren am Samstagmorgen auf dem Internationalen Flughafen in Beirut an. Zuvor hatte das Team die Grenze von Syrien in den Libanon passiert.

Das Ergebnis des UN-Berichts gilt als ausschlaggebend für das weitere Vorgehen der internationalen Gemeinschaft. UN-Diplomaten rechnen damit, dass die Auswertung der Untersuchungen bis zu zwei Wochen dauern könnte.

Allerdings gilt bereits jetzt ein Militärschlag als immer wahrscheinlicher. Er habe sich noch nicht entschieden, erwäge aber eine "begrenzte und eingeschränkte" militärische Reaktion allerdings ohne den Einsatz von Bodentruppen, sagte US-Präsident Barack Obama am Freitag in Washington. Einen Zeitrahmen nannte er nicht.

Doch die meisten US-Amerikaner sind einer Umfrage zufolge weiterhin gegen ein Eingreifen der USA in den syrischen Bürgerkrieg. Rund 53 Prozent würden einen Militärschlag der US-Regierung nicht unterstützen. Das geht aus einer gemeinsamen Befragung der Nachrichtenagentur Reuters und des Marktforschungsunternehmens Ipsos hervor. Die Umfrage unter 708 US-Amerikanern wurde durchgeführt, bevor US-Außenminister John Kerry den Geheimdienstbericht veröffentlichte, der beweisen soll, dass Syriens Machthaber Baschar al-Assad hinter dem Giftgas-Angriff steckt.

Merkel kritisiert Russland und schließt deutsche Beteiligung aus

Der ehemalige deutsche UN-Botschafter Gunther Pleuger findet die Darlegungen der USA hingegen nicht überzeugend. "Es sind ja keine Beweise vorgelegt worden. Es ist nur gesagt worden, dass es überzeugende Beweise gib. (...) Aber welche, das wissen wir nicht", sagte Pleuger im Deutschlandfunk. "Man wird natürlich schon an Irak erinnert, wo solche (...) angeblichen Beweise vorgelegt wurden, und alle nicht stimmten."

Die USA sollten abwarten, ob die UN-Inspekteure Beweise für einen Giftgaseinsatz durch die Regierungsseite von Assad gefunden haben und welche. Pleuger hatte Deutschland von 2002 bis 2006 bei den Vereinten Nationen vertreten.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte unterdessen weitergehende Schritte als die von den USA geplanten: "Eine begrenzte Aktion kann uns nicht zufriedenstellen", sagte er laut dem türkischen Fernsehsender NTV vor Journalisten. "Das Ziel muss sein, das Regime zur Aufgabe zu zwingen", fügte er hinzu.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte dagegen die Haltung Russlands und Chinas im Syrien-Konflikt scharf. "Es ist sehr bedauerlich, dass sich Russland und China seit langer Zeit einer gemeinsamen Haltung im Syrien-Konflikt verweigern, das schwächt die Rolle der UN derzeit erheblich", sagte Merkel der Augsburger Allgemeinen. Sie erklärte, dass "ein Tabubruch wie der Einsatz von Giftgas mit Hunderten von Toten nicht ohne Folgen bleiben" könne.

Syrische Führung erwartet westlichen Angriff "jeden Moment"

Nach der Ausreise der UN-Chemiewaffenexperten rechnet die syrische Führung mit einem baldigen Angriff westlicher Truppen auf das Land. Der Beginn des Einsatzes werde "jeden Moment" erwartet, sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. "Wir sind auch jederzeit zur Vergeltung bereit", fügte er hinzu.

Eine deutsche Beteiligung an einem Militäreinsatz gegen die syrische Führung ohne internationales Mandat schloss sie allerdings aus. Der Bürgerkrieg in Syrien könne aber nach ihrer Überzeugung nur durch einen politischen Prozess beendet werden. Parallelen zur umstrittenen Haltung der Bundesregierung im Libyen-Konflikt gebe es nicht.

Laut Angaben der Aufständischen treiben die syrischen Regierungstruppen inzwischen ihre Offensive gegen Rebellen im Großraum Damaskus voran. Der strategisch wichtige Vorort von Damaskus, Muadamija in der Nähe eines Militärflughafens, liege unter schwerem Raketenbeschuss.

Hier wurde der Opposition zufolge auch der mutmaßlichen Giftgasangriff in der vergangenen Woche verübt. Seither hätten die Regierungstruppen ihre Angriffe nochmals verstärkt. Die Angaben aus Syrien können kaum überprüft werden, da die Arbeit ausländischer Medien eingeschränkt ist.

© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/dpa/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: