Stuttgart:Ausschreitungen bei Eritrea-Veranstaltung

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Samstag in Stuttgart: Ein Mann wird nach den Ausschreitungen von Polizeikräften abgeführt. (Foto: Jason Tschepljakow/dpa)

Bis zu 200 Personen greifen Teilnehmer und Polizisten an, viele Beamte und weitere Personen werden verletzt. Nun werden die Forderungen nach schnellen Konsequenzen laut.

Von Max Ferstl, Stuttgart

In Stuttgart ist es am Samstag bei einer Eritrea-Veranstaltung zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Bis zu 200 Personen griffen laut Polizeiangaben sowohl Teilnehmer des Treffens als auch Polizisten an. Auf Videos in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie Steine fliegen und Männer mit Holzlatten und Flaschen auf Polizisten losgehen. 27 Beamte sowie 21 weitere Personen seien verletzt worden, teilte die Polizei mit.

Organisiert hatte die Veranstaltung am Römerkastell der Verband eritreischer Vereine in Stuttgart und Umgebung. Sie sympathisieren laut einem Polizeisprecher mit der Regierung in Eritrea. Das Regime des Diktators Isaias Afewerki zählt zu den repressivsten der Welt. Deshalb haben viele Eritreer das Land verlassen. Doch die Spaltung spiegelt sich auch in der Diaspora wieder. In Stuttgart waren es offenkundig Anhänger der Opposition, die sich zur Mittagszeit laut Polizei in kleineren Gruppen am Bahnhof Bad Cannstatt und am Hauptbahnhof versammelten. Von dort aus zogen sie zur Veranstaltung der Regimeanhänger.

Die Stuttgarter Polizei musste Verstärkung anfordern

Die Auseinandersetzungen waren so heftig, dass die Stuttgarter Polizei Verstärkung anfordern musste. Erst am Abend konnte die Polizei die Lage stabilisieren. Sie setzte nach eigenen Angaben Schlagstöcke und Pfefferspray ein, kesselte die Angreifer ein, nahm Personalien auf. 228 Personen wurden zwischenzeitlich festgenommen, bis auf eine sind alle wieder auf freiem Fuß. Gegen sie wird nun unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Veranstaltung vor dem Hintergrund der politischen Lage in Eritrea eskaliert. Im Juli kam es bei einem Festival in Gießen zu Ausschreitungen, viele Polizisten wurden verletzt. Auch damals flogen Steine, Flaschen, sogar Rauchbomben. Im August gab es in Stockholm ähnliche Szenen, wieder ein Eritrea-Festival, wieder Gewalt.

Und so kreist die Debatte nun um die Frage, wie es sein kann, dass sich eritreische Auseinandersetzungen in Deutschland entladen. "Wir waren der Prellbock für einen eritreischen Konflikt, der auf Stuttgarter Straßen mit massiver Gewalt ausgetragen wurde", sagte der Stuttgarts Polizeivizepräsident Carsten Höfler. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte die Ausschreitungen "verstörend" und "völlig inakzeptabel". Wer Einsatzkräfte angreife, "greift unseren Rechtsstaat an".

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) fragte auf der Plattform X, warum sich "Unterstützer der Diktatur" überhaupt in Stuttgart versammeln dürften. Gewalttäter müssten "schnell zur Rechenschaft gezogen werden", auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Gewalt. Noch einen Schritt weiter ging Manuel Hagel, Fraktionsführer der CDU im baden-württembergischen Landtag. Er forderte "sofortige Ausweisungen". Notfalls müsse dafür das Aufenthaltsgesetz verschärft werden.

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