SZ: Wenn es künftig in Deutschland zwei Polizei-Ebenen gäbe, die Ebene der neuen Bundespolizei und die Ebene der Länderpolizeien, so wäre das ein Modell ähnlich wie in den USA: Dort gibt es das FBI als Bundespolizei und daneben weitere Polizeien in den US-Bundesstaaten. Was ist daran schlecht?
Herrmann: Was daran schlecht ist, kann man mittlerweile in jedem zweiten US-Krimi sehen. Dass dortige Neben- und zum Teil Gegeneinander der lokalen Polizeibehörden und der Bundessicherheitsorgane erschwert die Verbrechensbekämpfung. Solche Rivalitäten wollen wir in Deutschland nicht.
SZ: Das BKA ist eine Art Hirn der Polizei. Wenn das Hirn zum Körper Bundespolizei kommt, ist das doch eigentlich nicht schlecht, oder?
Herrmann: Es ist der falsche Körper. Das BKA hat völlig andere Aufgaben. Die Aufgaben der Bundespolizei konzentrieren sich wie gesagt auf die Grenzen und die Flughäfen. Das ist in Ordnung. Der Bund kann aber nicht durch die Hintertür der Fusion eine allgemeine Polizeikompetenz des Bundes herbeiführen. Das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht lassen das nicht zu.
SZ: Wenn Bundesinnenminister de Maizière die Fusion von BKA und Bundespolizei will, dann müsste er also die Änderung des Grundgesetzes betreiben.
Herrmann: Richtig. Eine Fusion ist ohne Grundgesetzänderung nicht machbar. Und einer solchen Änderung werde ich nie zustimmen - meine Kollegen in den Ländern auch nicht.
SZ: Weil die Fusion nicht nur eine organisatorische Änderung wäre ...
Herrmann: ... sondern weil damit die Kompetenzen verändert werden. Es gibt eine klare Verfassungslage, die der Bund zu respektieren hat. Polizei ist und bleibt Ländersache. An der klaren Verfassungslage kann man sich nicht mit nur scheinbar organisatorischen Maßnahmen vorbeimogeln.
SZ: Bei aller Liebe zum Föderalismus: Muss man nicht davon Abschied nehmen, dass in globalen Zeiten Polizei so kleinteilig aufgestellt ist? Nicht jedes Bundesland ist groß wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen.
Herrmann: Gerade wegen der globalen Aspekte ist für die Bekämpfung der internationalen Kriminalität das BKA zuständig - Drogenhandel, internationalen Terrorismus. Im Übrigen lässt das Grundgesetz einen Spielraum, dem BKA weitere Aufgaben zuzuordnen, mit Zustimmung des Bundesrats natürlich. Wir haben soeben erst eine umfangreiche Reform des BKA-Gesetzes hinter uns.
SZ: Wenn Ihre Argumente gegen eine neue große Bundespolizei so gut sind, warum können Sie dann Ihren CSU-Parteifreund Hans-Peter Uhl, den innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, nicht überzeugen?
Herrmann: Ich fürchte, die Bundestagskollegen haben die Betroffenheit und die Zuständigkeit der Länder in ihren ersten Äußerungen zu wenig berücksichtigt.
SZ: Auch der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Krings steht positiv zur Fusion.
Herrmann: Den Kollegen ist die verfassungsrechtliche Lage noch nicht ausreichend bewusst. Ich bin zuversichtlich, dass auch die fachlichen Einwände aus dem BKA und den Polizeigewerkschaften nicht ungehört verhallen.